22.10.2014, 13:55 Uhr

Cablecom weist NSA-Vorwürfe zurück

Wegen der NSA-Affäre hat die Cablecom Aufträge der Bundesverwaltung verloren. Sie versteht das nicht, weist sämtliche Vorwürfe vor sich und hat vor Gericht intakte Chancen, den Bundesratsentscheid umzukehren.
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Kürzlich veröffentliche das Bundesverwaltungsgericht einen Zwischenentscheid, in dem zu lesen ist, dass upc cablecom in Zukunft für die Bundesverwaltung nicht mehr als Lieferantin von Datentransporten und Netzwerkdienste in Frage kommen soll. Grund dafür ist ein Bundesratsentscheid, durch den aufgrund der NSA-Affäre kritische IKT-Leistungen nur noch vom Bund selbst oder von Schweizer Unternehmen erbracht werden sollen. Und upc cablecom gehört zum Britischen Konzern Liberty Global. Als Reaktion hat sich die grösste Kabelnetzbetreiberin der Schweiz in einem Brief an ihre Geschäftskunden gewandt und gesagt, man fühle sich ungerecht behandelt. Es habe «ungerechtfertigte Unterstellungen im Zug der NSA gegeben». Man unterstehe 100 Prozent Schweizer Recht und halte sich ausnahmslos an sämtliche rechtlichen Anforderungen der von den Behörden nachgefragten Dienstleistungen». Gegenüber Computerworld wurde das  Statement noch präzisiert: «Gegen upc cablecom hat nie jemand den Vorwurf erhoben, dass wir vertrauliche Daten weitergeben würden. Sollte jemand solche Anschuldigungen aufbringen, müssten wir das mit aller Vehemenz von uns weisen.» Konkret geht es um drei Grossauftrge fr Datendienstleistungen, welche der Bund im Juni 2013 ausgeschrieben hatte. Einer wurde an die Swisscom vergeben, die nun für 230 Millionen Franken Netzanschlüsse an 300 Verwaltungsstandorten in der Schweiz installieren darf. Die andern beiden Aufträge wurden nicht vergeben respektive abgebrochen, weil gemäss dem zuständigen Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) kein Anbieter sämtliche Anforderungen erfüllt habe. Die upc cablecom, die zwar mitgeboten hatte aber vom BBL darüber informiert wurde, aufgrund des Bundesratsentscheid nicht mehr als Lieferantin von Datendienstleistungen in Frage zu kommen, legte beim Bundesverwaltungsgericht daraufhin gegen alle drei Entscheide Beschwerde ein. Weil man aber einsehen musste, dass die Swisscom beim ersten Auftrag das wirtschaftlich beste Angebot machte, wurde diese Beschwerde mittlerweile zurückgezogen und die Swisscom erhielt den Auftrag. upc cablecom, die befürchtet, dass die Swisscom nun auch Teile der anderen Aufträge erhält, hat die anderen beiden Beschwerden aufrecht erhalten, um für die verbliebenen beiden Aufträge aufschiebende Wirkung bis zum Entscheid des Gerichts zu erreichen. Die Anwälte der Bundesverwaltung legten wiederum dagegen Beschwerde ein, verloren aber, wie dem Zwischenentscheids zu entnehmen ist. upc cablecom ist deshalb voller Hoffnung, dass der gesamte Bundesratsentscheid für unrechtmässig erklärt wird. Und wird auch weiterhin bei allfälligen Ausschreibungen mitbieten.
Kommentar
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Die Argumentation in Bern ist, dass man mit dem Cablecom-Entscheid zumindest verhindert, dass Daten auf die einfachste mögliche Weise weitergegeben werden. Die Erklärung ist nachvollziehbar. Da man beispielsweise Outlook selber betreibt, müsste schon zu Beginn eine Lücke im Programm installiert sein, mit der Daten angezapft werden können. Trotzdem bleibt ein schaler Nachgeschmack. Nicht nur, weil diese Lücken durchaus da sein könnten, sondern auch, weil nicht klar ist, nach welchen Kriterien entschieden wird, welche Infrastrukturen kritisch sind und deshalb dem Bundesratsentscheid betroffen sind. Dass Cablecom vor dem Bundesverwaltungsgericht klagt und einen Präzedenzfall schafft, ist darum richtig und wichtig. Nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für den Bundesrat, der je nach Gerichtsbeschluss seine im Prinzip richtige Forderung präzisieren kann.



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