Computerworld Zufriedenheitsstudie 2020 27.08.2020, 06:00 Uhr

So bewerten Schweizer Top-Entscheider ihre ICT-Anbieter

Wer IT-Projekte erfolgreich umsetzen will, braucht gute Partner. Stimmt die Qualität und werden die individuellen Kundenbedürfnisse abgeholt, sind Anwender auch bereit, die Anbieter anständig zu bezahlen. Das zeigt die aktuelle Zufriedenheitsstudie von Computerworld.
Insbesondere in Krisenzeiten sind zuverlässige Partner gefragt, die zum eigenen Unternehmen passen
(Quelle: Shutterstock/Gajus)
Auch in diesem Jahr hat Computerworld die Leserinnen und Leser zum Service ihrer ICT-Partner befragt. Die Zufriedenheitsstudie wurde in dieser Form bereits zum achten Mal durchgeführt und lief in der Zeit zwischen dem 24. März und dem 15. Juli 2020.
Heuer nahmen sich mehr als 140 Führungskräfte aus KMU und Grossunternehmen die Zeit, den Online-Fragebogen zu beantworten. Dabei hatten sie die Möglichkeit, die Software- und Hardware-Lieferanten sowie auch Dienstleister ihres Vertrauens zu bewerten.
Abgefragt wurden insgesamt sechs Kategorien: die Qualität des Produkts oder der Leistung, der Preis, die Kundenorientierung, das Branchen-Know-how sowie die Beratung vor und der Support nach dem Vertragsabschluss. Jene Anbieter, die im Rahmen der Umfrage eine bestimmte minimale Anzahl von Bewertungen erhielten, wurden schliesslich in die Zufriedenheitsrangliste aufgenommen.

Preis als «Nebensache»

Quelle: NMGZ/Computerworld
Wie aus den Ergebnissen hervorgeht, steht für die Entscheider der befragten Schweizer Unternehmen die Qualität des Produkts oder der eingekauften Dienstleistung ganz oben auf der «Wichtigkeits-Skala». Der Anspruch an diese bleibt nach wie vor hoch und weicht nur minimal vom Vorjahr ab.
Dafür greifen Anwenderunternehmen lieber mal etwas tiefer ins Portemonnaie. Denn der Preis scheint bei der Wahl vielfach nicht das Zünglein an der Waage zu sein.

Erfahrung und Vertrauen stehen im Vordergrund

Dies bestätigt Stefan Süss, Chief Financial Officer der am Bodensee gelegenen Reha-Klinik Schloss Mammern. Er sagt, dass die Kosten für das eigentliche Projekt meistens sowieso «um ein Vielfaches höher» seien als die Dienstleistungskosten des ICT-Partners. Für ihn stehe vielmehr dessen Erfahrung und das Vertrauen im Vordergrund – auch wenn dafür ein etwas höheres Honorar in Kauf genommen werden müsse.
Anders sieht es jedoch bei öffentlichen Ausschreibungen aus. Deswegen gibt Lukas Ritter, Leiter Informatik der Gibb Berufsfachschule Bern, zu bedenken, dass dort dem Preis sehr wohl ein grosses Gewicht beigemessen werden müsse. «Dies können wir nur bedingt beeinflussen.» Denn die Schule unterliegt ihm zufolge bei grösseren Vorhaben dem kantonalen Beschaffungs­wesen. Es regelt, ab welchen Schwellenwerten Projekte ausgeschrieben werden müssen. «Diese sind verbindlich und wir halten uns selbstverständlich daran», sagt Ritter.
Computerworld Zufriedenheitsstudie 2020
Methodik
Computerworld hat die Erhebung vom 24. März bis zum 15. Juli 2020 per Online- Fragebogen durchgeführt. 144 Entscheider nahmen daran teil. Die Ergebnisse sind topaktuell und geben Trends innerhalb der heimischen ICT-Kundenlandschaft wieder. Mit 27,1 Prozent sind die Schweizer Industrie und der Mittelstand (22,9 %) mit 100 bis 249 Mitarbeitenden stark vertreten. Aber auch kleinere und grössere Unternehmen aus den verschiedensten Bereichen wie der Finanz- und Versiche- rungsbranche, der öffentlichen Verwaltung, aus dem Gesundheits- und Sozial- wesen, dem Handel oder Verkehr und Transport haben mit statistisch relevanten Rücklaufquoten teilgenommen. Meistens hat sich die Chefetage der Umfrage angenommen. Knapp 46 Prozent der retournierten Bögen kamen von einem Mitglied der Geschäftsleitung. Mehr als jeder zweite Befragte (52 %) ist IT-Entscheider (CIO/IT-Leiter).

Mehr Kundenorientierung gefordert

Einen Sprung vom dritten auf den zweiten Platz machen die Anforderungen bezüglich der Kundenorientierung. Führt man sich vor Augen, dass die Befragung teils in die Zeit des schweizweiten Corona-Lockdowns fiel, färbten die speziellen Umstände möglicherweise auf die Einschätzungen der befragten Personen ab.
Nicht zuletzt sahen sich doch einige Unternehmen gezwungen, für ihre Mitarbeitenden beispielsweise sehr kurzfristig neue Hardware anzuschaffen oder auch Projekte im Bereich des mobilen Arbeitens rasch voranzutreiben. Anbieter, die ihre Kunden dabei unkompliziert und kompetent zu unterstützen wussten, konnten so bestimmt einen gewissen Vorsprung auf die Konkurrenz herausholen.
Eine grosse Bedeutung wird nach wie vor auch dem Support nach Vertragsabschluss beigemessen. Dieses Kriterium ist heute genauso wichtig wie die Kundenorientierung. Das ist insofern verständlich, als dass etwa IT-bedingte Betriebsunterbrüche nicht nur die Nerven der Informatiker und Angestellten von Anwenderfirmen strapazieren, sondern schnell auch ins Geld gehen können.

Auf die Erfahrung kommt es an

Die Qualität, die Kundenorientierung und der Support sind auch für Ritter von der Berufsfachschule Bern besonders wichtig. Ihm zufolge sind diese drei Dimensionen im Zusammenhang mit öffentlichen Ausschreibungen allerdings nur schwer mess- und vergleichbar.
Er plädiert deswegen dafür, dass sie auch bei solchen Projekten mehr Gewicht erhalten sollten. Für den IT-Leiter zählt jedoch noch ein weiteres Kriterium: die Erfahrung. Bei rund 7500 Lernenden und Studierenden sowie 750 Mitarbeitenden sei es «eminent wichtig», einen Partner zu finden, der die Bedürfnisse einer so grossen Schule kenne.
Ausserdem seien diese aufgrund der stark abteilungsorientierten Organisation sehr heterogen. «Da ist es für uns unumgänglich, dass potenzielle Partner sich auf diese doch recht spezielle Ausgangslage einlassen und entsprechende Lösungen anbieten können», sagt Ritter.

Kennt mein Partner meine Branche?

Für Süss von der Reha-Klinik Schloss Mammern zählt bei der Auswahl auch die Kompetenz potenzieller ICT-Partner. Weiter achtet der CFO auf deren Vernetzung im Gesundheitswesen, Erfahrung in ähnlichen Projekten sowie auf Referenzen. So führt das Unternehmen laut Süss bei der Vergabe grösserer Projekte grundsätzlich eine Evaluation zur Ermittlung des zukünftigen ICT-Partners durch.
Dabei wird ihm zufolge jeweils ein Anforderungskatalog und eine Bewertungsskala für verschiedene Kategorien wie beispielsweise die Umsetzung der Anforderungen, die Vorgehensweise oder auch das Preis-Leistungs-Verhältnis erstellt.

Wenn trotz Bekanntheit des Anbieters das Projekt schief geht

Bei Rodata AutoID muss ein potenzieller ICT-Partner nebst Referenzen auch eine gewisse Bekanntheit und eine minimale Grösse vorweisen können, sagt der CEO des System- und Produktlieferanten für Auto-ID-Lösungen, George Rosenberger. Aber auch dann kann manchmal noch etwas schiefgehen.
So berichtet er von einem gescheiterten ERP-Projekt, das die Firma habe abbrechen müssen. «Uns wurde eine Cloud-Lösung mit Online-Shop verkauft, die nicht funktionierte. Die Kosten stiegen für ein KMU ins Gigantische.»
Und obwohl die Kundenorientierung als sehr wichtig ein­geschätzt wird, moniert der Geschäftsleiter, dass genau diese am Markt stark nachgelassen habe. «Es gibt keine Manuals mehr und der Support ist sehr teuer», sagt Rosenberger.

Anbieter bleiben unter den Erwartungen

Mit seiner Einschätzung steht der CEO von Rodata AutoID nicht alleine da. Vergleicht man nämlich die Anforderungen der befragten Anwenderunternehmen mit ihren Bewertungen, dann lässt sich doch eine deutliche Diskrepanz ausmachen.
Insgesamt bleiben die ICT-Anbieter unter den Erwartungen der Geschäftskunden. Und trotzdem: Richtig unzufrieden scheinen sie mit den verschiedenen Herstellern und Dienstleistern nicht zu sein, zumal die Gesamtergebnisse – insbesondere in der oberen Hälfte der Tabelle – nahe beieinanderliegen.
Und schliesslich gilt es zu bedenken, dass die Ergebnisse die Meinung der Computerworld-Leserschaft abbilden, und nicht die der gesamten Kundenbasis der jeweiligen ICT-Firmen.

Das Ranking

Quelle: NMGZ/Computerworld
Jedenfalls führt Hewlett Packard Enterprise die Rangliste in diesem Jahr mit 389 von 600 möglichen Punkten an und erreicht als Klassenbester einen ansehnlichen Score. Gleich in zwei Kategorien – der Kundenorientierung sowie dem Support – schliesst der Hersteller am besten ab.
Dicht dahinter folgt HP auf Platz zwei. Den letzten Platz auf dem Siegertreppchen schnappt sich Dell EMC und lässt Sunrise dank eines Mini-Vorsprungs von zwei Punkten hinter sich zurück.

Sunrise punktet bei Telko-Kunden

Sunrise belegt damit den besten Platz unter den Schweizer Telekommunikationsfirmen. Insbesondere die Kundenberater des Unternehmens scheinen gute Arbeit zu leisten. Denn in dieser Kategorie trocknet Sunrise alle anderen Anbieter ab.
Im Telko-Vergleich reiht sich UPC 46 Punkte hinter Sunrise ein. Der Rückstand der  Swisscom ist nur unwesentlich grösser (51 Punkte).

Software-Anbieter überzeugen mit Branchenkenntnissen

Samsung kann bei Computerworld-Leserinnen und -Lesern mit einem starken Preis-Leistungs-Verhältnis punkten. In beiden Kategorien gibt es für die Koreaner Spitzenwerte. Abacus wie auch SAP wissen derweil mit Branchenkenntnissen zu überzeugen.
In anderen Kategorien kommt der deutsche Software-Konzern jedoch deutlich schlechter weg – etwa bei der Kundenorientierung. Befragte SAP-Kunden kreiden aber insbesondere den Preis an. Mängel beim Branchen-Know-how respektive dem Support bescheren Citrix und Adobe ebenfalls Platzierungen am unteren Ende des Klassements.
Die rote Laterne geht aber an Apple. Der iPhone-Hersteller fällt sowohl beim Branchenwissen als auch bei der Beratung ab, weiss aber typischerweise mit seinen hochwertigen Produkten zu punkten.



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