06.05.2015, 01:39 Uhr

SAP verschmäht Salesforce - hat «Zero Interest»

SAP macht Salesforce fertig und setzt stattdessen auf seine einfache Omni-Lösung S/4Hana. Wahrheit oder Kalkül? Auch durch gespieltes Desinteresse lässt sich ein Kauf vorbereiten.
Bloomberg hatte vor einige Tagen das Gerücht in die Welt gesetzt: Salesforce soll verkauft werden. Der von Marc Benioff gegründete Cloud-Pionier hat einen Marktwert von geschätzten 45 Milliarden US-Dollar, und als Interessenten werden IBM, Oracle, Microsoft und SAP gehandelt.  Auf der SAP Sapphire in Orlando dementierte SAP-Chef Bill McDermott nun vehement jegliche Kaufabsichten (Zero Interest). SAP habe bislang «Best of Breed»-Firmen, also das Beste vom Besten, akquiriert, und da passe Salesforce einfach nicht ins Konzept, frotzelte der SAP-Frontmann. Was Salesforce heute zu bieten habe, sei «Commodity», das hat also schon jeder Anbieter. Für Salesforce gebe es heute eigentlich gar keine Existenzberechtigung mehr. Allenfalls für Benioffs «Customer Cloud» sieht McDermott noch eine gewisse Verwendung.
Stattdessen setzt SAP auf seine S/4Hana, also Enterprise Software, die on-premise und in der Cloud auf der In-Memory-Datenbank Hana läuft. S/4Hana soll mit seiner enormen Performance in den Unternehmen eine «Kultur der Daten-Entdecker» in Echtzeit (culture of data discovery) etablieren. Wer S/4 habe, der brauche auch nicht mehr bei Marc Benioff anzurufen.

ASUG: Das denken US-Kunden

Nun kennt man den Hana-Trommelwirbel von SAP. Interessant ist aber, was Geoff Scott, der Chef der amerikanischen SAP User Group (ASUG), über Hana denkt. Immerhin haben sich hier SAP-Kunden zusammengeschlossen, um ihre Interessen gegenüber dem Konzern aus Walldorf durchzusetzen. Scott formuliert seine Ansichten weniger aggressiv als die deutschsprachige SAG oder die Interessengemeinschaft SAP Schweiz.

SAP, bitte etwas Geduld

Er sei am Anfang auch skeptisch gewesen, meinte der ASUG-Chef, aber dann seien ihm die Augen geöffnet worden. Geschwindigkeit (speed) und Einfachheit (simplicity) machten einen Riesenunterschied aus. Er glaube, dass Hana einen Platz unter dem Dach eines jeden SAP-Kunden haben werde, und die ASUG und ihre Mitglieder würden den Weg dorthin gemeinsam gehen. SAP solle aber doch bitteschön Geduld haben, denn die Migration passiere nicht von heute auf morgen. Weltweit nutzen erst 4800 SAP-Kunden Hana//S/4Hana. Das Schweizer SAP Forum in Basel stand unter dem Motto: Simplify your Future. Auch in Orlando wird «Simplicity» ganz gross geschrieben. In der vielleicht besten Keynote des Tages erklärte Keith Sturgill von Eastman Chemical, warum «einfach» oft so schwierig ist. Einfache Apps sind intuitiv bedienbar, beschleunigen Entscheidungen, machen Veränderungen unwiderstehlich (irresistible) und sind - leider - nicht ganz leicht herzustellen. Simple ist not easy. Bevor es für den Kunden einfach wird, muss der Anbieter viel Schweiss, Blut und Tränen investieren. «Aber es ist machbar, lassen Sie sich das nicht ausreden», rief Sturgill. Der Lohn der Mühe: Einfache Lösungen wie das iPhone sind sozusagen unwiderstehlich und entwickeln eine ganz eigene, rasante Marktdynamik. Als einfache Lösung, die transaktionale und analytische Workloads, on-premise, mobile und die Cloud vereint, sieht SAP auch seine S/4Hana.



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