22.04.2015, 17:16 Uhr

SAPs Mission - mit S/4Hana schneller erfolgreich

Mit über 2000 Teilnehmern war das SAP Forum in Basel das wohl grösste IT-Event der Schweiz. Daniel Schultheiss entwickelte mit SAP den ersten Schweizer Helikopter. Geberit analysiert die Ursachen von Umsatzschwankungen. Ex-SBB-CEO Benedikt Weibel referierte über Erfolgsprinzipien für Manager.
Das SAP Forum in Basel war bis auf den letzten Platz ausverkauft. Über 2000 Teilnehmer, so kalkulierten SAP-Offizielle, machen das Forum zum grössten IT-Event der Schweiz. SAP hebt ab, nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit. Die Umsätze legten im ersten Quartal um 22 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro zu. Der Umsatz mit Cloud-Abos hat sich verdoppelt. Das SAP-Papier verbuchte ein dickes Plus und setzte sich gestern an die Spitze des deutschen Aktienindexes. Die Schweizer SAP hatte dazu passend den Weltraum als Leitmotiv gewählt: "Mission SAP - simplify your future" hiess das Motto des Forums. Im Kongresszentrum in Basel waren über Lautsprecher Mission-Control-Funksprüche aus amerikanischen Weltraummissionen zu hören. "Wir möchten zusammen mit unseren Kunden die Einfachheit neu erfinden", erläuterte Bernd Brandl, Managing Director von SAP Schweiz. "Die Welt wird immer komplizierter, aber wir dürfen auf Komplexität nicht mit Kompliziertheit antworten".

Hana-Prinzip: Weniger ist Mehr

Das wichtigste Antriebsaggregat von SAPs Erfolgsmission heisst S/4 Hana, die neueste Generation der Enterprise Suite aus Walldorf. Ein komplexes Stück Software, aber für den Kunden soll's einfacher werden. Der Sourcecode der Enterprise Suite läuft nativ auf S/4Hana. SAP habe die Software massiv abgespeckt und zum Beispiel das Modul Materialbedarfsplanung von 1300 auf 90 Codezeilen reduziert, sagte Uwe Grigoleit, Global Vice President und Head of Business Development S/4Hana, in seiner Keynote. Ausserdem sei das Datenmodell deutlich einfacher geworden, weil temporäre Tabellen und Data-Warehouse-Aggregate in Hana nicht mehr benötigt werden. Der Daten-Footprint eines klassischen ERP lasse sich dadurch von zum Beispiel 1 TByte auf 100 GByte herunterbringen. Mit den benutzerfreundlichen Fiori-Apps hat SAP zudem transaktionale und analytische Anwendungen vollständig auf ein rollenbasiertes Modell umgestellt. Voraussetzung für die analytischen Fiori-Apps ist allerdings Hana, auf den alten ERPs läuft lediglich transaktionales Fiori.

S/4Hana-Kunde Geberit

Zu den ersten Kunden, die in der Schweiz ihre Software auf Hana laufen lassen, zählt der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik-Spezialist Geberit. Das Unternehmen nutzt "Simple Finance", SAPs Finanzmodul, das für S/4Hana komplett neu programmiert wurde. Mit Simple Finance kann Geberit zum Beispiel simulieren, wie geschäftliche Entscheidungen die Gewinn/Verlust-Rechnung beeinflussen (What-if-Szenarien). Durch die enorme Performance auf S/4Hana ist der CEO in der Lage, praktisch täglich einen Quartalsabschluss durchzuführen. Mit den alten Systemen war das eine sehr aufwändige Angelegenheit. Auch Root-Cause-Analysen, um etwa die Ursachen von Umsatzeinbrüchen aufzuspüren, gehen mit S/4Hana sehr schnell von der Hand. Wer SAP hört, denkt zuerst an Business-Software. Dass der Konzern aus Walldorf mittlerweile viel mehr kann, demonstrierte eindrücklich Daniel Schultheiss von allvisual in seinem Vortrag "The Future of Helicopter". Schultheiss hatte sich vorgenommen, eine ganze Industrie in der Schweiz neu aufzubauen. Klingt verwegen, aber "Grenzen gibt es nur im Kopf", meint der flugbegeisterte Schultheiss "Die kindliche Neugierde ist auch etwas charakteristisches für uns Schweizer". So viel Enthusiasmus hatte Erfolg: Am zweiten Oktober 2014 startete der Schweizer Multimissions-Hubschrauber SKYe SH09, der erste in der 2-Tonnen-Klasse, zu seinem Jungfernflug. Der SH09 kann eine Nutzlast von bis zu 1,8 Tonnen transportieren.

Erster Schweizer Helikopter

Der Hubschrauber an sich sei ein mathematisches Modell mit ein paar hunderttausend Parametern, erklärt Schultheiss. Bei der Entwicklung des Hubschraubers haben er und sein Team SAP Visual Enterprise Manufacturing und SAP 3D Quality Management eingesetzt. Damit lässt sich das mathematische 3D-Modell auf Grundlage der Daten/Stücklisten mit der Maus testen und verändern. Auf der Heliexpo in Orlando hat Schultheiss zudem einen signifikanten Unterschied zwischen den Geschlechtern beobachtet: Die Damen hätten auf Design und Schönheit reagiert, die Herren dagegen waren eher auf Materialisierung konzentriert, mussten alles betatschen und ausprobieren. Fakt ist: Mit dem Heli SH09 ist die Schweiz nun auch in der Helikopterindustrie aktiv. Schultheiss' Vortrag fand begeisterten Beifall. Der erste Tag des SAP Forums in Basel richtete sich an die Tekkies (Professionals), der zweite Tag war für ein Business-Publikum gedacht. Benedikt Weibel, Professor für Managementpraxis und ehemaliger CEO der SBB, referierte über die Kunst, Komplexität zu reduzieren. "Wir nehmen die Welt selektiv durch Rückgriff auf Erfahrungsmuster wahr", hob Weibel an. Reduktion sei in der Evolution ein Überlebungsmechanismus, aber auch ein ästhetisches (Weimarer Bauhaus) und ökonomisches Prinzip.

Steve Jobs' Erfolgsrezept

Die Gabe, Irrelevantes einfach wegzulassen, sei nicht Vielen gegeben. Der geniale Apple-Gründer Steve Jobs habe das, so Weibel, nahezu in Reinkultur praktiziert. Jobs habe, lange vor iPhone und iPad, einmal sein Management Board gebeten, die zehn wichtigsten Prioritäten der Firma Aple aufzuschreiben. Danach habe er die Prioritätenliste zur Hand genommen und kurz entschlossen sieben der zehn Punkte gestrichen. Mit den restlichen drei Prioritäten wurde Apple zum Kult und wuchs zum Weltunternehmen heran. Und etwas von Jobs' Genie und der Technik "Simplify" steckt wohl auch in SAP S4/Hana, Fiori und Simple Finance. (Computerworld ist Medienpartner auf dem SAP Forum in Basel)



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