Die Nische blüht

Finanziell wars ein «ziemlicher Hosenlupf»

Exemplarisch wird das deutlich, wenn man Nadine Gloor von der Jucker Farm zuhört. Das Unternehmen aus dem Zürcher Seegräben ist mit seinen Kürbisausstellungen weit über die Grenzen hinaus bekannt geworden und umfasst heute vier Erlebnishöfe, eine Kürbisausstellung in Deutschland, zwei Restaurants sowie vier Hofläden. Die Presse- und Marketingchefin spricht von einer «Umwälzung im Geschäftsmodell». Standen vor der Pandemie die Gastronomie und der Eventbereich im Fokus, ist «jetzt der Handel mit frischen Waren vom Feld und den hausgemachten Manufakturprodukten wichtiger. Und der Online-Handel ist von der Wichtigkeit her nach vorne gerückt.»
“Spannend wird sein, ob wir den Schwung des letzten Jahres auch dieses Jahr weiterziehen können„
Nadine Gloor, Jucker Farm
Weil in der Krise mit der Schliessung der Gastronomie und Events zwei wichtige Umsatztreiber wegfielen, «mussten wir uns auf den Bereich konzentrieren, den wir noch betreiben konnten, nämlich die Hofläden. Ausserdem steht die Landwirtschaft nicht einfach still», erklärt Gloor den Start ins Corona-Jahr. Plötzlich sei dann alles sehr rasch gegangen, schiebt sie nach: «Wir sind sehr kreativ, wenn es darauf ankommt. Und schnell. Innert 24 Stunden haben wir unsere Hofladenflächen auf dem Bächlihof in Jona und dem Juckerhof in Seegräben vergrössert, indem wir die Restaurants in Ladenflächen umgewandelt haben. Zudem eröffneten wir im März 2020 kurzerhand einen neuen Laden in Kloten, den Römerhof.» Auch sei man froh gewesen, bereits
vor der Pandemie die Produkte auch online angeboten zu haben: «Unser JuckerShop, der von farmy.ch betrieben wird, boomte. Auch wurden unsere Produkte sehr gut über Farmy selber verkauft.» Es sei sogar zu Lieferengpässen gekommen, sodass man Mitarbeiter rekrutieren musste, um mehr Lieferfenster anbieten zu können. Interessant ist, dass Gloor die «sehr grosse Rolle» von Social Media in der Kommunikation herausstreicht. Das gelte zwar auch, wenn nicht gerade eine Pandemie herrsche, aber «gerade in der Krise konnten wir über diese Kanäle schnell und einfach unsere Gäste kontaktieren. Wir sind so ziemlich überall präsent und kommunizieren aktiv mit unserer Community.»

Geschäftsprozesse werden digitalisiert

Schon im Frühling 2020 habe man auf der Website und dem eigenen Blog, dem FarmTicker, Rekordbesucherzahlen verzeichnet: «Es hat sich gezeigt, dass sich die Kundinnen und Kunden aktiv informieren möchten und wir hatten die richtigen Mittel, um diese Informationen zugänglich zu machen», sagt Gloor weiter. Konkret boomten, da keine Weihnachtsfeiern stattfinden konnten, «im Spätherbst plötzlich unsere Geschenkkisten. Wir kamen kaum nach, Kisten zu packen und zu verschicken.» Diese Prozesse wolle man jetzt digitalisieren und besser strukturieren, damit man gewappnet sei, wenn es mit dem Eventgeschäft weitergeht, führt sie aus.
Insgesamt habe man «dank Kurzarbeit und dem Boom im Handelsgeschäft» zum Glück keine Stellen abbauen müssen. Spannend werde es jetzt sein, «ob wir den Schwung des letzten Jahres auch dieses Jahr weiterziehen können». Klar sei jedenfalls, «dass wir technisch aufrüsten müssen – da sind wir jetzt dran. Wir digitalisieren viele unserer Geschäftsprozesse, damit wir für die Zukunft besser gerüstet sind. Das geht von der Lagerhaltung über die Logistik zur Warenbewirtschaftung, den Kassensystemen, dem Con­trolling über die Kundenkommunikation – über das ganze Unternehmen hinweg.» Insgesamt sagt Gloor, dass man mit dem Umsatz im Corona-Jahr ganz zufrieden sei. Nur «leider haben all die Schutzmassnahmen und Umstrukturierungen stark zu Buche geschlagen.» Jetzt freue man sich, wenn wieder etwas Normalität einkehrt. «Wir möchten unbedingt wieder Gäste in unseren Restaurants bedienen dürfen, wieder Events organisieren, Firmen Raum für kreative Seminare bieten. Aber auch den Aufschwung des Online-Handels wollen wir nutzen, das Angebot ausbauen.»



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