Billy Kneubühl von Oracle Schweiz 21.11.2022, 06:18 Uhr

«Fast die Hälfte aller Daten läuft auf Oracle»

Schweiz-Chef Billy Kneubühl weiss: «Fast die Hälfte aller Daten läuft auf Oracle.» Geht es nach dem Marktführer, sollen die Daten zukünftig in der Cloud residieren. Schweizer Kunden gehen den Weg in die Cloud.
Billy Kneubühl amtet seit Anfang Jahr als Country Leader Switzerland bei Oracle
(Quelle: Oracle Software Schweiz)
Hunderte namhafte Unternehmen in der Schweiz setzen bei der Datenhaltung und den IT-Systemen auf Oracle-Technologie. Der Country Leader Switzerland, Billy Kneubühl, will dank des heute umfangreichen Portfolios von Oracle den Schweizer Kunden den kompletten IT-Stack für die digitale Transformation anbieten können. Wie er im Interview ausserdem sagt, gibt es im Gesundheitswesen ganz besonders grosse Defizite im Digital-Bereich.
Computerworld: Nach 20 Jahren bei IBM sind Sie nun seit einem Jahr bei Oracle. Was hat Sie an dieser Stelle gereizt?
Billy Kneubühl: Die Position als Leiter von Oracle in der Schweiz hat mir ermöglicht, Unternehmen bei ihrer technologischen Transformation zu unterstützen und ihnen aufzuzeigen, wie sie mit IT innovativ sein können. In dieser Rolle habe ich die Möglichkeit, dies mit einem breiten und sehr umfassenden Portfolio zu tun und mich mit Kunden in allen möglichen Branchen auszutauschen. Oracle ist optimal positioniert, um Unternehmen, die einen digitalen Wandel durchlaufen, zu unterstützen. Wir ermöglichen die digitale Transformation und unseren Kunden helfen, die komplexen Herausforderungen zu bewältigen, die während dieses Prozesses auf sie warten.
CW: Sowohl IBM als auch Oracle haben langjährige Kunden in der Schweiz. Welche Unterschiede sehen Sie?
Kneubühl: Etwas, das Oracle sicherlich stark unterscheidet, ist unsere Fähigkeit, ERP, HCM, SCM und viele weitere Geschäftsanwendungen anzubieten. Zusammen mit unseren Cloud-Fähigkeiten ermöglicht dies Oracle, mit den verschiedenen Funktionen innerhalb einer Organisation zusammenzuarbeiten. Ein weiterer Unterschied ist, dass Oracle Cloud-Lösungen so bereitstellen kann, wie ein Unternehmen sie benötigt. Von einer hoch standardisierten Public Cloud bis hin zu einer sehr dedizierten lokalen Private Cloud, die die sensibelsten und sichersten Szenarien bedienen kann. 
CW: Wie laufen die Geschäfte von Oracle in der Schweiz?
Kneubühl: Unser Geschäft besteht darin, die Herausforderungen zu verstehen, mit denen unsere Kunden konfrontiert sind – Probleme in der Lieferkette, Arbeitskräftemangel, Energiekrise, globale Gesundheitskrisen, und das alles, während die Kundenerwartungen steigen. Seit Jahrzehnten ermöglichen wir es unseren Kunden in allen Branchen und Geschäftsbereichen, sich zu bewegen, zu innovieren, zu reagieren und sich schneller auf neue Anforderungen einzustellen, um die wichtigsten Probleme der Welt mit Hilfe von Technologie zu bewältigen.
Um dies zu erreichen, müssen wir uns auf kontinuierliche Innovation konzentrieren und neue Partnerschaften und Anwendungen einführen. Wir gehen Partnerschaften mit der Branche ein, um die Multi-Cloud-Strategien unserer Kunden zu unterstützen, denn wir haben festgestellt, dass unsere Kunden genau das brauchen. Die Einführung von Multi-Cloud ist auf dem Vormarsch – aus gutem Grund. Unternehmen profitieren in mehrfacher Hinsicht, wenn sie den Sprung zu Multi-Vendor-Implementierungen wagen. In der Schweiz gibt es viele Beispiele vom Warenprüfkonzern SGS bis hin zur Auswahl verschiedener Cloud-Anbieter durch die Schweizerische Eidgenossenschaft.
Zur Person
Billy Kneubühl
bekleidet seit Anfang Jahr den Posten des Vice President Technology Cloud Sales Alps & Country Leader Switzerland bei Oracle. Zuvor war er mehr als 20 Jahre bei IBM Schweiz beschäftigt, zuletzt als Head of Software Technology Sales und Mitglied der Geschäftsleitung. Kneubühl besitzt ein Ingenieursdiplom in Information- and Communication Technologie von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW.

Schweizer Kunden in der Oracle-Cloud

CW: Gibt es weitere Kundenreferenzen für die Oracle Cloud?
Kneubühl: Genügend! Zum Beispiel wechselte das Grand National Hotel in Luzern zur Oracle Cloud, um die Automatisierung und Konnektivität zu verbessern. Die Schweizerische Post entschied sich für ein hybrides Modell mit Oracles Cloud@Customer, das eine bessere Leistung ermöglicht, ohne das hohe Verfügbarkeitsniveau zu beeinträchtigen, das für die Gewährleistung kontinuierlicher Innovation und Wettbewerbsfähigkeit erforderlich ist.
Ich könnte noch viele weitere Kunden nennen. Da wir Unternehmen dabei unterstützen, mutige Schritte nach vorne zu machen, um Wettbewerbsvorteile zu erlangen, ziehen sie es oft vor, dies nicht preiszugeben. Aber das Herzstück unserer DNA ist es, zu liefern, was der Kunde braucht.
CW: Die Cloud gilt als das Betriebsmodell der Zukunft. Wie ist Oracle positioniert und welche Alleinstellungsmerkmale würden Sie nennen?
Kneubühl: Ich würde sagen, dass die Zukunft die Multi-Cloud ist, in der die meisten Unternehmen im Durchschnitt fünf verschiedene Clouds nutzen. Die Schweiz ist da keine Ausnahme. Die Cloud ist ein Katalysator für die strategische Nutzung von Daten, fortschrittlichen Analysen und künstlicher Intelligenz. Oracle ist der einzige Anbieter, der eine einheitliche Strategie und eine Reihe von Tools anbietet, um das Beste aus diesen Assets in einer Multi-Cloud-Umgebung zu machen. Fast die Hälfte aller Daten weltweit läuft auf Oracle-Datenbanken. Immer mehr Unternehmen verlagern diese Daten – und die darauf basierenden Workloads – in die Cloud. Es muss sichergestellt werden, dass die Daten optimal genutzt, verwaltet und gesichert werden. Hier bietet Oracle Cloud Infrastructure (OCI) einen wichtigen Vorteil.
Die Ausführung von Oracle Database auf OCI bietet Kunden die beste Leistung und den besten Preis für diese Leistung – eine Tatsache, die durch aktuelle Tests bestätigt wird. Wenn Sie das Oracle Autonomous Data Warehouse hinzufügen, bietet es einen zusätzlichen Vorteil: Es steigert die Leistung noch weiter, während es die Datenbankaktivitäten rationalisiert und die Effizienz der Datenbankanalysten verbessert. Accenture war mit OCI in der Lage, OLTP-Transaktionen (Online Transaction Processing) im Vergleich zu einem anderen Cloud-Anbieter bis zu 7,8-mal schneller auszuführen. Ausserdem ist die Ausführung der Oracle-Datenbank auf OCI mit NVME-SSD-Speicher (Nonvolatile Memory Express for Solid-State Drives) im Vergleich zu SSD-Speichern anderer Clouds pro Abfrage 97 Prozent günstiger.
Unter dem Strich ermöglicht die Oracle Cloud-Technologie Unternehmen den Zugriff auf die Leistung, die sie für die Bewältigung der grossen, leistungsstarken Datenbank-Workloads benötigen, die für kritische Geschäftsanwendungen von grundlegender Bedeutung sind.

Gesundheitswesen fehlt Zugang zu Daten

CW: Gibt es Schwerpunkte Ihrer Tätigkeit in der Schweiz?
Kneubühl: Ja und nein. Lassen Sie mich zwei Projekte nennen, die charakteristisch sind für den hiesigen Markt.
Zum Beispiel ist das Gesundheitswesen eine der schwierigsten Branchen der Welt. Die jahrzehntelange Anhäufung von Vorschriften, diskreten Prozessen und isolierten Einzellösungen hat ein komplexes, starres und stagnierendes System geschaffen, das Zeit mit Prozessen verschwendet, anstatt sich auf die Patienten zu konzentrieren. So verbringen Ärzte für jede Stunde, in der sie den Patienten konsultieren, weitere ein bis zwei Stunden mit der Verwaltung elektronischer Gesundheitsakten und Schreibtischarbeit. Dies ist zwar keine Neuigkeit, aber die Pandemie hat deutlich gemacht, wie ineffizient diese Branche ist.
Denn es gab keinen Zugang zu Daten, um fundierte Entscheidungen zu treffen, nicht genügend Zugang zu Behandlungen und Daten über die Wirksamkeit dieser Behandlungen – die Liste liesse sich beliebig fortsetzen. Die Chance, eine effektivere, effizientere und sicherere Gesundheitsbranche zu schaffen, ist immens – und durchaus realisierbar. Wir arbeiten mit vielen Gesundheitsdienstleistern im ganzen Land zusammen, um sie bei der Verbesserung der Effizienz und der Patientenversorgung zu unterstützen. Ein Neukunde sind die Universitätsspitäler Genf, HUG, eines der grössten Krankenhausnetzwerke Europas. Das Unternehmen hat kürzlich bekannt gegeben, dass es sich für Oracle Exadata Cloud@Customer entschieden hat, um seine technologische Infrastruktur zu modernisieren und die Migration seiner Systeme in die Cloud zu beschleunigen.
CW: An der Oracle Cloud World Ende Oktober war auch viel von neuen Lösungen für das Gesundheitswesen zu hören…
Kneubühl: Danke für das Stichwort. Wir planen, spezielle Supply-Chain-Lösungen für die Gesundheitsbranche einzuführen. Als Teil von Oracle Fusion Cloud Supply Chain & Manufacturing (SCM) unterstützen die neuen Branchenlösungen die besonderen Anforderungen von Organisationen im Gesundheitswesen. Sie können ihnen helfen, die Patientenversorgung zu verbessern, indem sie die Planung optimieren, Prozesse automatisieren und die Transparenz in der gesamten Lieferkette erhöhen.
Eine andere Innovation sind spezielle HR-Lösungen für das Gesundheitswesen. Die neuen Anwendungen sind Teil von Oracle Fusion Cloud Human Capital Management (HCM) und unterstützen Organisationen im Gesundheitswesen dabei, die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter zu verbessern, Burnout und Kosten zu reduzieren, indem sie die Effizienz steigern, und eine bessere Patientenversorgung zu gewährleisten, indem sie den Mitarbeitern eine Erfahrung bieten, die den besonderen Bedürfnissen der Mitarbeiter im Gesundheitswesen gerecht wird. 
In der Schweiz arbeiten wir landesweit mit dem Gesundheitswesen zusammen, um die Effizienz intern zu steigern, die Organisationen zu vernetzen und gleichzeitig ein Höchstmass an Sicherheit zu gewährleisten, um letztlich eine bessere Patientenversorgung zu ermöglichen. Das erwähnte HUG ist ein Beispiel dafür.
CW: Sie erwähnten noch ein zweites charakteristisches Projekt…
Kneubühl: Genau. Dabei geht es um die Customer Experience. Kunden von heute erwarten ein einheitliches Kundenerlebnis über alle Kontaktpunkte hinweg. Jedoch hindern Datensilos die Unternehmen jedoch oft daran, diese Erwartung zu erfüllen. Wir haben kürzlich mit der Unia zusammengearbeitet, der grössten Gewerkschaft der Schweiz, die sich für die Oracle Fusion Cloud Applications Suite entschieden hat, um ihre Abläufe effizienter zu gestalten. Diese digitale Transformation wird es der Unia ermöglichen, Geschäftsprozesse in den Bereichen Finanzen, Personalwesen und Kundenerfahrung zu standardisieren, um die Produktivität zu steigern, Kosten zu senken und die Mitarbeitererfahrung und den Mitgliederservice zu verbessern.

Schweizer Labs treiben Innovation

CW: Oracle hat, wie viele andere grosse IT-Anbieter auch, einen Entwicklungsstandort in der Schweiz. Welche Zusammenarbeit gibt es mit den Ingenieuren in Zürich?
Kneubühl: Wir sind sehr stolz auf die Arbeit, die aus unseren Smart Innovation Labs im Zürcher Prime Tower kommt, dem grössten solchen Lab weltweit. Die Schweizer Entwicklungsteams stehen hinter einigen der beliebtesten neuen Produkte von Oracle, die das Cloud-Wachstum des Unternehmens vorantreiben.
Die MySQL HeatWave zum Beispiel ermöglicht es Unternehmen, grosse Datenmengen extrem schnell zu analysieren – Marktforscher haben über dessen Leistung im Vergleich zu AWS und Snowflake geschrieben. Es wird erwartet, dass der Umsatz mit Cloud Data Warehouses in diesem Jahr stark ansteigen wird, da Analystenteams Live-Daten sammeln, um beispielsweise Banktransaktionen zu analysieren oder Entscheidungen über Büroräume, Online-Verkäufe oder Produktionen zu treffen. Die Forschung und das Prototyping von Heatwave stammen aus dem Oracle Zurich Lab und das Schweizer Team von Oracle führte die Produktentwicklung durch.
Ein anderes Exempel ist GraalVM, Oracles Entwicklungstool zur Beschleunigung von Java- und Python-Code und zur Reduzierung der CPU-Kosten in der Cloud. Es wird heute bereits von Unternehmen wie Facebook, Goldman Sachs und Twitter verwendet. Der Grossteil des Software-Entwicklungsteams ist in Zürich angesiedelt.
CW: Von MySQL HeatWave war ebenfalls an der Cloud World die Rede…
Kneubühl: Stimmt. Dort ging es um die Beta-Version «MySQL HeatWave Lakehouse», das Kunden bei der Verarbeitung und Abfrage von Hunderten von Terabytes an Daten in Objektspeichern in einer Vielzahl von Dateiformaten unterstützt. Wie erwähnt, stehen unsere Teams in den Smart Innovation Labs in Zürich im Mittelpunkt dieser Fortschritte. Die Lösung soll Mitte nächsten Jahres allgemein verfügbar sein.
Zur Firma
Oracle
ist seit 36 Jahren als Oracle Software (Schweiz) tätig. Die hiesige Niederlassung ist wie die US-amerikanische Konzernmutter heute kein reiner Software-Anbieter mehr. Unter anderem Cloud, Business Applications und Storage sind als Geschäftsfelder hinzugekommen. Nach Schätzungen der Computerworld beschäftigt Oracle in der Schweiz rund 500 Angestellte an den Standorten Genf und Zürich, genauer im Prime Tower und im The Circle.




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