Über Fachkräfte, Pharma und Firmenkultur 03.12.2018, 11:54 Uhr

Basler Wega Informatik feiert 25 Jahre

Ohne IT sind in der medizinischen Forschung kaum noch Fortschritte möglich. Ständig neue Anforderungen und hohe regulatorische Vorgaben machen es für IT-Anbieter nicht einfach, aber spannend, weiss Uschi Mohaupt, Co-Gründerin und Mitglied der Geschäftsleitung von Wega Informatik. Das Basler Unternehmen wurde heute vor 25 Jahren gegründet.
Das Team von Wega Informatik feierte das 25-jährige Jubiläum des Unternehmen.
(Quelle: Wega Informatik)
Die Life Sciences sind heute von IT-Lösungen abhängig. Mit ihrer Hilfe entwickeln Pharma-, Biotech- und medizinaltechnische Unternehmen neue Produkte und Therapien. Ständig auf der Suche nach dem nächsten Blockbuster, ein Produkt, dass grosse Umsätze in die Kassen spült. Bis das Patent ausläuft. Es müssen also laufend neue Produkte her. Deren Entwicklung wird komplexer.
Hier helfen neue Ansätze wie Big Data oder auch die Blockchain. Allerdings setzen Regulierungsbehörden strenge Vorgaben, um die Gesundheit von Patienten zu schützen. Entsprechend anspruchsvoll und schnelllebig ist das Umfeld für ICT-Anbieter in dieser Sparte.
Der IT-Dienstleister Wega Informatik ist in den Life Sciences unterwegs. Dieser Tage feiert das Unternehmen aus Basel sein 25-jähriges Bestehen. Uschi Mohaupt, Co-Gründerin und Mitglied der Geschäftsleitung, spricht im Interview über die Herausforderungen ihrer Disziplin, wie es zur Gründung des Unternehmens kam und wie wichtig die richtige Firmenkultur für das Unternehmen ist.
Computerworld: Der Fokus von Wega Informatik liegt auf Kunden der Life Science Branche. Welche speziellen Anforderungen stellt dieser Markt an IT-Dienstleister?
Uschi Mohaupt: Sowohl Unternehmen als auch die generellen Anforderungen in den Life Science sind sehr heterogen: Die Unternehmenslandschaft reicht von internationalen Grosskonzernen mit über 100'000 Mitarbeitern bis zu kleinen Firmen wie etwa Biotech Start-ups mit 20 Mitarbeitern. Hinzu kommen die Bedürfnisse weiterer Player etwa von Health-Care-Anbietern sowie unterschiedlichste Regelungen der Behörden. Im Zentrum von allem stehen die, um die es eigentlich geht: Patienten, die über eine stark zunehmende Digitalisierung und Mitwirkung in Patientenorganisationen endlich immer mehr Einfluss nehmen können.
CW: Wie zeigt sich das im geschäftlichen Alltag?
Mohaupt: Die Anforderungen beispielsweise im Testing und der Validierung von IT-Systemen nach regulatorischen Vorgaben wie Good Automated Manufacturing Practice (GAMP) etc. sind enorm. Das erfordert hohe Kompetenzen und Erfahrung im Bereich der Qualitätssicherung, um Projekte effizient und behördenkonform durchzuführen.
CW: Welche Ansprüche ergeben sich dadurch im technischen Bereich?
Mohaupt: Die Spanne an geforderten Technologiekompetenzen extrem breit. Das liegt zum einen an der zunehmenden Digitalisierung mit ihren Treibern wie künstliche Intelligenz respektive Machine Learning, Blockchain, Big Data oder Cloud Computing. Auf der anderen Seite sind im restriktiven Life-Sciences-Umfeld validierte Prozesse gefragt. Das erfordert enorme Flexibilität und unterschiedlichste Fachkompetenzen bezüglich erfolgreicher IT-Projektdurchführungen und Serviceleistungen. Wir müssen den Spagat zwischen Innovation sowie Nachhaltigkeit und Sicherheit schaffen.
CW: Sie haben künstliche Intelligenz und Blockchain angesprochen. Wie gehen Sie mit diesen Megatrends um?
Mohaupt: Wir investieren in neue Technologien und evaluieren diese Bereiche. Wir besuchen entsprechende Konferenzen und haben bereits diverse Initiativen ergriffen, um für uns und unsere Kunden relevante Trends und Technologien hinsichtlich Mehrwert und Nachhaltigkeit zu untersuchen. Ich denke, unsere Aufgabe ist es dort genau hinzuschauen. Also nicht nur im Strom «mit zu hypen», sondern genauer zu analysieren, was Sinn ergibt und was nur ein Hype ist. Nur auf diese Weise können wir auch unsere Kunden kompetent beraten.
CW: Wega Informatik ist auf die Sparte Life Sciences spezialisiert und in Basel-Stadt zu Hause. Gibt es im Raum Basel überhaupt ausreichend Fachleute für IT in den Life Sciences?
Mohaupt: Nein, leider gibt es derzeit nicht genügend IT- und Life-Sciences-Spezialisten im Raum Basel. Wir rekrutieren daher schweiz-, europa- und weltweit. Unsere Mitarbeiter kommen aus zirka zehn Ländern aus fast allen Kontinenten. Eines unserer Probleme ist sicherlich die Einschränkung auf dem Schweizer Arbeitsmarkt bezüglich der Beschäftigung von ausländischen, insbesondere Nicht-EU Fachleuten. Aber das sieht in anderen europäischen Ländern auch nicht anders aus. Das gleiche Problem plagt auch die Konkurrenz. Unser Vorteil ist es sicherlich, dass wir einen hervorragenden Ruf Arbeitgeber sowohl für Festangestellte als auch für Projektmitarbeiter haben. Dies hilft zwar, gute Fachkräfte zu gewinnen, dennoch bleibt die Situation schwierig.
CW: Unternehmen der Life-Sciences-Industrie unterhalten meist selbst grosse IT-Abteilungen. Wann zieht man Sie hinzu?
Wir sind insbesondere auf den Bereich Research and Development der Life Science Branche spezialisiert. Wir kennen dort sowohl die Business-Prozesse als auch die IT-Herausforderungen sehr gut. Unsere Spezialität ist es, die Brücke zwischen Business und IT zu bilden: Angefangen bei der Laborautomation, über das Electronic Lab Notebook bis zur Haltung, Aufbereitung und Auswertung von Daten bis zu deren Versand nach bestimmten Vorgaben an die entsprechenden Behörden.
CW: Sie haben vor 25 Jahren, am 3. Dezember 1993, Wega Informatik mitgegründet. Was waren damals Ihre Ziele?
Mohaupt: Alle Gründungsmitglieder der Wega waren damals bei einem Schweizer KMU angestellt, das leider Konkurs ging. Wir waren alle in Projekten bei Kunden involviert, die nach wie vor weiter mit uns zusammenarbeiten wollten. Und wir wollten bestehende Kunden «nicht im Stich zu lassen». Was uns alle auszeichnete, war das Streben nach einer nachhaltigen, partnerschaftlichen und kalkulierbaren Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Jeder von uns wollte das gern im Team machen und nicht als Einzelfirma. Sicherlich hat es uns auch gereizt, in relativ jungem Alter eine eigene Firma zu gründen, keinen Chef zu haben und sowohl Abläufe als auch Kultur einer Firma bestimmen zu können.
CW: Inwieweit haben Sie diese Ziele erreicht?
Mohaupt: Bis heute haben sich Nachhaltigkeit, Partnerschaftlichkeit und Teamarbeit, wie auch herausragende Kompetenz als grundlegende Werte der Wega Informatik erhalten. Ich denke, dass vor allem diese, in der heutigen Zeit eher als konservative Werte geltenden Eckpfeiler, essenzielle Erfolgsfaktoren des Unternehmens sind. Wir waren und sind nicht an schnellem Geld und an schnellem Wachstum interessiert, falls dies auf Kosten dieser Werte geht.
CW: Wenn Sie Ihr Unternehmen von damals mit dem von heute vergleichen, was hat sich verändert?
Mohaupt: Wir sind natürlich grösser und haben eine gut funktionierende, flexible Organisation. Ausserdem sind wir gerade dabei unsere erste Niederlassung im Ausland zu gründen. Erhalten konnten wir unsere Firmenkultur, die auf Nachhaltigkeit, Freude an der Arbeit, Kompetenz und Innovation, Zuverlässigkeit und Menschlichkeit beruht.

Höhen, Tiefen und ein neues Produkt

CW: Welches waren die Höhen und Tiefen in der bisherigen Firmengeschichte?
Mohaupt: Wir haben ein paar schwierige Jahre erfolgreiche überstanden, wie beispielsweise das Platzen der Internetblase 2003, die Finanzkrise in den Jahren 2008/2009 und das für die ganze schweizerische Wirtschaft problematische Jahr 2015 mit dem «Frankenschock». Schwierige Jahre bereiten natürlich immer auch schlaflose Nächte. Ich denke, man muss da einfach durch und dies als Chance wahrnehmen. Wir waren von Anfang bis heute immer ein Managementteam. Die Zusammenarbeit darin hilft unglaublich über Tiefpunkte hinweg: Mindestens eine/r sieht immer das Licht am Ende des Tunnels.
CW: Welche weiteren Highlights gab es in dieser Zeit?
Mohaupt: Während der letzten fünf Jahre haben wir die Firma erfolgreich umstrukturiert und das Management verjüngt. So führten wir beispielsweise Gruppen ein, die auf bestimmte Themen fokussiert sind. Dadurch konnten wir eine zweite Managementstufe einführen und haben auf diese Weise inzwischen drei relativ junge Gruppenleiter und ein neues Mitglied in der Geschäftsleitung. Dieses Jahr feierten wir zudem die Markteinführung unseres ersten Produktes «Argus / Dissolution». Mit der Software können Mitarbeiter in der Forschung und Entwicklung verschiedene Instrumente ansteuern sowie Labordaten verwalten, verarbeiten und Reportings erstellen.
CW: Welches waren für Sie drei besonders spannende Kundenprojekte?
Mohaupt: Hierzu zählt unser erstes Inhouse-Projekt für die UBS vor rund 20 Jahren. Wir waren bis dahin hauptsächlich als IT-Experten bei den Kunden vor Ort. Bei diesem Projekt haben wir damals den kompletten Life Cycle von der Anforderungsspezifikation bis zum Testen und der Inbetriebnahme durchgeführt. Spannend sind auch Beteiligungen an diversen extrem, grossen, über mehrere Jahre andauernden Programmen in internationalen und Kontinente übergreifenden Projektteams in der Pharmaindustrie. Schon allein das Finden einer Uhrzeit für regelmässige Sitzungen ist in solchen Projekten eine Herausforderung. Die Lenkung und Steuerung solcher Projekte ist eine wahre Meisterleistung und erfordert sowohl starke Führung als auch Empathie für die unterschiedlichsten Kulturen und Menschen, die das Ganze zum Erfolg bringen. Zu den Highlights zähle ich aber auch die Einführung unseres CRMs vor einigen Jahren: Darin konnten wir selbst erfahren, wie schwierig es als Kunde ist, gute Anforderungen aufzustellen, um daraus ein passendes Produkt auszuwählen (lacht).
CW: Wo liegen derzeit die grössten Herausforderungen Ihrer Kunden?
Mohaupt: Das erfolgreiche Jonglieren zwischen bestehenden, bewährten Prozessen auf der einen und den Möglichkeiten, die durch die Digitalisierung bestehen auf der anderen Seite. Die Pharmabranche steht zurzeit vor grossen Herausforderungen, die sich aus den Folgen der digitalen Transformation ergeben. Es ist sowohl für uns als auch für unsere Kunden schwer zu entscheiden, auf welches Pferd man setzen soll. Es zeichnet sich jedoch ab, dass zunehmender Kostendruck im Gesundheitswesen, eine exponentiell wachsende Datenmenge und -verfügbarkeit in Form von Big Data und Real World Data sowie völlig neuartige Behandlungsmethoden wie zum Beispiel Personalized Healthcare die Branche nachhaltig und grundlegend verändern werden.
CW: Wo sehen Sie noch Lücken im Portfolio? Wie reagieren Sie darauf?
Mohaupt: Ich kenne keinen Mitbewerber, der besser ist, als die Wega Informatik (lacht). Nein, im Ernst: Unser Pharma- und Life-Sciences-IT-Portfolio ist, wie bereits erwähnt, sehr umfangreich und vielschichtig. Es umfasst Services von der Lab- und Research-IT, Clin-Dev-IT, über Validierung und sogar die rein technologische Komponente, mit der wir auch Firmen ausserhalb der Life Sciences bedienen. Damit können wir im Prinzip den kompletten IT-Bedarf im Bereich Forschung und Entwicklung in der Pharma und den Life Sciences abdecken. Sollte jedoch ein spezielles Know-how bei unseren festangestellten Mitarbeitern nicht verfügbar sein, greifen wir auf unser enges Netzwerk an externen Projektmitarbeitern zurück. Sehr oft finden wir somit die Lösung für die Anfragen und Probleme unserer Kunden.
CW: Gibt es ein Thema, das bei IT-Entscheidern auf der Agenda stehen sollte, aber noch zu wenig beachtet wird?
Mohaupt: Ein Thema, das mir generell immer am Herzen liegt, ist die Förderung von Frauen im IT-Bereich. Durch diversifizierte Teams, nicht nur bezüglich des Frauenanteils, lassen sich enorm viele Fehler vermeiden und effizient Ziele erreichen.
CW: 2019 steht vor der Tür: Welche Ziele haben Sie sich für das kommende Jahr gesetzt?
Mohaupt: Ein Vorteil unserer Firma ist, dass wir nicht mit den herkömmlichen Mustern in die Zukunft schauen. Wir haben kein bestimmtes Finanzziel oder eine bestimmte Zahl an Mitarbeitern im Auge. Klar möchten wir wachsen, wer will (oder muss) das nicht? Wir werden den Bereich der neuen Technologien weiterhin ausbauen und unser Produktportfolio ausweiten. Auch freuen wir uns auf spannende Projekte zusammen mit bestehenden und neuen Kunden. Weiterhin wollen wir dabei unsere einzigartige Firmenkultur erhalten. Das ist uns bisher sehr gut gelungen und ich bin überzeugt, dass wir dies auch in Zukunft schaffen werden.
Über das Unternehmen
Wega Informatik
Der IT-Dienstleister Wega Informatik ist 1993 in Basel gegründet worden. Das Team startete mit sechs Personen. Heute zählt das Unternehmen rund 40 Mitarbeitende. Diese setzen massgeblich Projekte in den Life-Sciences (Biowissenschaften, Pharma, Chemie) um. Zu den Kunden zählt das Unternehmen nach eigenen Angaben Konzerne wie Roche und Novartis aber auch mittelständische Unternehmen wie Solvias. Mit Manor oder den zentralen Informatikdiensten der Stadt Basel bedient Wega Informatik zudem auch Firmen und Organisationen weiterer Branchen.



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