11.08.2006, 06:00 Uhr

«Endlich haben die User eine echte Wahl»

Mit Suse Enterprise Linux 10 will Novell in der Open-Source- Community als Vollblut-Linux- Anbieterin überzeugen und zudem das offene Betriebssystem endlich auf den Unternehmens-Desktops etablieren.
Ronald Hovsepian, CEO Novell
Mit Ronald Hovsepian hat Novell -nach Eric Schmidt und Jack Messman - schon den dritten CEO seit Anfang des Jahrzehnts. Zusammen mit seinem CTO Jeffrey Jaffe propagiert er nun die jüngste Strategie der einstigen Netware-Spezialistin: Alle Ressourcen - Support, Verkauf und Marketing, Produktentwicklung und 1,4 Milliarden Dollar Barreserven - sollen in Linux fliessen.
Computerworld:Was können die Anwender von den jüngsten Versionen 10 des Suse Enterprise Linux Server und Desktop erwarten?

Ronald Hovsepian:«Code 10» bietet eine einheitliche Basis über alle Plattformen hinweg. Das bedeutet operationelle Effizienz : Einmal die Mitarbeiter schulen, dann unternehmensweit skalieren. Unseren Anwendern geben wir damit die Option, genau das auszuwählen, was sie wirklich brauchen. Ein weiterer Punkt ist der gewaltige Funktionsumfang, denn diese Distribution leistet viele unterschiedliche Dinge, zum Beispiel Virtualisierung. Virtualisierung muss im Kernel verankert sein, das ist wichtig, weil sowohl der Prozessor als auch der Arbeitsspeicher, die Festplatte und das Netzwerk betroffen sind. Wir bieten «virtualisierte Container», die innerhalb eines Netzwerks herumgereicht werden.

Ausser den Funktionsmöglichkeiten braucht es auch Management. Wenn die Option zur Virtualisierung implementiert wurde, tauchen viele Fragen auf: Wie administriert man das? Wie optimiert man die Lastverteilung? Historisch ist solches Management unser Gebiet, daher dürfen die Anwender hier einiges von uns erwarten, speziell wenn sie heterogene Umgebungen verwalten wollen.
Computerworld: Was hat Novell mehr als andere Linux-Herstellerinnen zu bieten, um den Einsatz der Plattform zu erleichtern?

Ronald Hovsepian: Unsere Directory-Technik und das Erbe aus dem Networking kommt unseren Anwendern zugute. Wir haben die Identity-Services, wir kennen uns besser als alle anderen mit heterogenen Umgebungen aus. Wir können alle x-beliebigen Directories - von Sun, Microsoft, IBM oder Novell - zu einem Meta-Directory verbinden. Das ist unser Kern-Know-how als Netzwerkerin. So begleiten wir etwa unser Netware, das sich für Unternehmensservices öffnet, und zwar auf einer Linux-Plattform.
Computerworld:Sie versprechen, dass sich mit Linux Aufgaben anders bewältigen lassen. Was bedeutet das konkret?

Jeffrey Jaffe:Linux-Desktops werden schon lang in verschiedenen Bereichen eingesetzt: bei Kiosken, an Point-of-Sales, für Thin Clients. Der Code-10-Desktop aber ist der erste Linux-Desktop, der wie massgeschneidert in vernetzte Unternehmenswelten passt. Auf dieser Basis haben wir den Desktop-Markt segmentiert. Ein Drittel aller Desktops, stellen wir fest, wird von so genannten Wissensarbeitern im Unternehmen benutzt, die fünf Applikationen brauchen: Web, E-Mail, Grafik- und Präsentationsprogramme, Textverarbeitung und Tabellenkalkulation. Wenn wir uns nur auf diese fünf beschränken, können wir die vernetzten Clients exzellent unterstützen. Darum liefern wir Openoffice 2.0 mit der Desktop-Software aus. bezüglich E-Mail bieten wir Interoperabiliät mit Microsoft Outlook, Lotus Notes und Active Directory.
Computerworld: Was ist momentan in der Suse-Community das wichtigste Thema?

Ronald Hovsepian: Generell dreht sich viel ums Messen. Im Lauf des letzten Jahres konnten wir 30 Prozent mehr Downloads verzeichnen als Red Hat. Beim Code-10-Release gibt es alle sieben bis acht Sekunden einen Download. Red Hat dürfte zwar im Marktbewusstsein eine grössere Rolle spielen als wir, aber wir holen deutlich auf, behaupte ich. Natürlich muss man das Ganze dann noch zu Geld machen können... Wir haben mindestens dreissig «Star-Programmierer», die für uns entwickeln, angefangen von Nat Friedman über Miguel de Icaza bis hin zu Andreas Jaeger. Wir sind die Nummer zwei bezüglich aller Beiträge zum Open-Source-Virtualisierungscode, darum können wir auch die Xen-Virtualisiserung ein halbes Jahr vor Red Hat ausliefern. Fazit: Sowohl in technischer als auch in Community-Hinsicht ist Novell auf dem Weg nach ganz oben.
Computerworld: Wie wollen Sie Ihren Linux-Marktanteil ausbauen, wie den Umsatz mit Linux ausbauen? Im letzten Quartal hat Novell lediglich vier Prozent ihres Umsatzes mit Linux gemacht.

Ronald Hovsepian: Wiederum haben wir mit Linux im Vergleich zum Vorquartal 20 Prozent zugelegt. Unsere Identity-Services wuchsen um 20 Prozent, der Markt aber bloss 11 Prozent. Bei Linux wollen wir sogar noch stärker wachsen als nur 20 Prozent. Anwenderunternehmen, die Linux zum Teil ihres Kerngeschäfts machen wollen, egal ob im Netzwerk oder im Rechenzentrum, -werden sich die Frage stellen: Auf wen sollen wir punkto Service und Support setzen? -Novell garantiert weltweiten Support, denn ich habe 900 Mitarbeiter rund um den Globus - das sind vier Fünftel aller Support-Leute -, die sich auf Linux verstehen. Die stehen parat, um in den Rechenzentren der Anwender die Dinge ins Laufen zu bekommen. Ausbauen müssen wir noch unsere Beziehungen mit den Channel-Partnern. Da können wir einiges verbessern, damit diese ihrerseits ihre Anwender besser unterstützen können.



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