SZENE 03.11.2005, 19:14 Uhr

Am Puls von Open-Source

Vor wenigen Tagen gaben sich Vertreter, Entwickler und Beobachter von Open-Source-Projekten an der Oscon in Amsterdam ein Stelldichein.
Für vier Tage avancierte Amsterdam zum europäischen Mekka der gesamten Open-Source-Gemeinde.
Vom 17. bis zum 20. Oktober traf sich die Open-Source-Gemeinde zu einer Nabelschau an der Oscon Europe (O"Reilly Open Source Convention) in Amsterdam. Nicht nur die Tatsache, dass die Veranstaltung durch bekannte Firmen wie IBM, CA, Microsoft, Intel und Oracle gesponsert wird, zeigt das zunehmend kommerzielle Interesse an der Open-Source-Bewegung, sondern auch die zahlreichen Präsentationen über Businessmodelle und die wirtschaftlichen Aspekte von quelloffener Software. Open Source kann durchaus Kern eines rentablen Geschäfts sein, wie Firmen wie MySQL, Sleepycat, Jboss oder Alfresco zeigen.
In den letzten 18 Monaten wurden über 400 Millionen Dollar in Open-Source-orientierte Unternehmen investiert. Auffällig dabei ist, dass damit auch ein Sog in Richtung USA einhergeht: Während rund 70 Prozent der Beiträge zu Open-Source aus Europa kommen, sind nur zwei der 13 wichtigsten kommerziellen Open-Source-Anbieter europäisch. Dass die Veröffentlichung von Open-Source auch wirtschaftlich sinnvoll sein kann, zeigt das Beispiel CA: Seit die Datenbank Ingres offen ist, verdient CA damit mehr Geld als vorher.

SZENE: Am Puls von Open-Source

Im Weiteren liess sich an der Oscon feststellen, dass Open Source zunehmend professioneller und reif für den Unternehmenseinsatz wird. So nähert sich etwa der demnächst erscheinende Release 5.0 der Datenbank MySQL bezüglich Funktionalität wie auch Performance immer mehr den Produkten der etablierten Firmen wie Oracle an. Auch das Büropaket Open Office mausert sich in Sachen Funktionalitäten zu einer ernsthaften Alternative zu MS Office. Das Debian-Linux- basierte Ubuntu-Desktop-Betriebssystem hat es ebenfalls geschafft, die Defizite bezüglich Planbarkeit und Bedienbarkeit gegenüber kommerziellen Produkten stark zu verringern.
Die zunehmende Verbreitung von Open-Source-Software hat auch zu einem grossen Angebot an Support- und Integ-rations-Dienstleistungen geführt. Mit dem Business Readiness Rating, getrieben durch Carnegie Mellon West, Codezoo, Spikesource und Intel, wird zudem auch eine wissenschaftlich fundierte Methode erarbeitet, Open-Source-Software zu vergleichen und bezüglich Tauglichkeit im Unternehmens-umfeld zu messen.
Heiss debatierte Themen an der Oscon waren auch Software-Patente, Lizenzfragen, Copyright, Datenschutz und Digital Rights Management. Gerade die kürzliche Akquisition von Inno-DB, quasi dem Herz von MySQL, durch Oracle oder die Übernahme von Gluecode durch IBM werfen Fragen auf, wie einfach das weitere Vordringen von erfolgreicher Open-Source in die Unternehmenswelt werden wird und wie sich die grossen kommerziellen Anbieter wehren werden.
Gegenüber früheren Austragungen der Oscon scheint sich der typische Besucher verändert zu haben: Noch immer findet zwar ein reger Austausch der Spezialisten statt. Mehr und mehr sind aber auch Vertreter kommerzieller Interessen anwesend und wandeln damit das Wesen der Veranstaltung
Der Autor: Bruno von Rotz leitet das auf Open-Source fokussierte Beratungshaus Optaros Schweiz.
Bruno von Rotz



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