23.03.2009, 05:03 Uhr

Android verdrängt Windows

Googles quelloffenem Betriebssystem Android gehört die Zukunft, meinen Experten. Die Linux-basierte Software drängt in den rasch wachsenden Netbook-Markt.
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"Google Android streckt seine Tentakeln tief in angestammtes Microsoft-Territorium aus", schrieb kürzlich unsere US-Schwesterzeitschrift PC World. Was war geschehen? Archos, Anbieter von Netbooks und Multimedia-Geräten für mobiles Surfen und Fernsehen, hatte angekündigt, ein Internet Media Tablet mit Android-Betriebssystem herauszubringen. Spätestens im dritten Quartal 2009 soll das Gerät präsentiert werden. Kurze Zeit später reihte sich der nächste Hersteller in die Android-Fraktion ein: Netbook-Erfinder Asus verriet gegenüber dem Nachrichtendienst Bloomberg, man arbeite an einem EeePC mit Google-Betriebssystem. Auf der CeBIT bestätigte Asus-COO Eric Chen die Pläne.
Beides sind nur Ankündigungen, doch sie lassen aufhorchen, denn die Hersteller wollen mit Open-Soure-basierenden Geräten in Kundensegmenten reüssieren, die bislang fest in Microsoft-Hand sind. Asus und Archos arbeiten jeweils in einem Massenmarkt, der unter hohem Preis- und Margendruck steht. Das kostengünstige Google-Betriebssystem ist daher eine zwangsläufige Alternative zu Windows-Betriebssystemen. Doch der finanzielle Vorteil dürfte nicht der einzige Beweggrund sein.
Die Netbooks integrieren zumeist energieeffiziente aber leistungsschwache Intel-Atom-Prozessoren. Der Arbeitsspeicher umfasst in der Regel ein Gigabyte. Mit Windows XP kommen die so ausgestatteten Geräte noch leidlich zurecht, doch das aktuelle Microsoft-Betriebssystem Vista ist Ressourcen-hungrig und daher für Netbooks ungeeignet. Linux-Distributionen wie Ubuntu oder eben Android haben bescheidenere Hardware-Ansprüche und sind daher echte Alternativen - zumal sie auch in Sachen Anwenderoberfläche überzeugen. "Android sieht viel versprechend aus", loben die PC World-Redaktoren. "Das Betriebssystem ist intuitiv und leicht zu bedienen. Das hat das G1 von T-Mobile gezeigt." Spannend bleibt, ob es den Herstellern gelingt, Androids Vorteile vom Handy auf Tablet-PCs und Netbooks rüberzubringen.
Voller Interesse beobachten auch die Marktforscher von Ovum die Entwicklung im Hardware-Geschäft. "Im Lauf dieses Jahres wird eine neue Netbook-Generation mit deutlich günstigeren Geräten auf den Markt kommen", erwartet Laurent Lachal, Research Director mit Spezialgebiet Open Source bei Ovum. "Mit Preisen von 200 Euro und weniger werden sie nur halb so viel kosten wie die aktuellen Netbooks." Das ist das ideale Umfeld, in dem Android gedeihen kann. Das Betriebssystem, das für Smartphones vorgesehen ist, hat nach Einschätzung von Lachal das Potenzial, sich als weit verbreitete Plattform zu etablieren.
Microsoft-CEO Ballmer: "Android ist keine Bedrohung"
Auch im Handy-Markt könnte Android in der nächsten Zeit erhebliche Anteile gewinnen. Im November 2008 noch tönte Steve Ballmer, CEO von Microsoft, Android stelle keine Gefahr für Windows Mobile dar. Google werde es nicht gelingen, die Telefonhersteller von einem quelloffenen und kostenlosen Betriebssystem zu überzeugen. Sie würden sich sträuben, Google-Applikationen gratis zu installieren. Doch da könnte sich Ballmer täuschen.
Bislang gibt es nur das G1 von T-Mobile mit Google-Betriebssystem. Demnächst soll das G2 unter der Bezeichnung Vodafone Magic folgen. Gefertigt wird es ebenfalls von HTC. Der taiwanesische Anbieter hat darüber hinaus weitere Geräte in Planung. Zudem arbeiten namhafte Hersteller an Mobilfunktelefonen mit quelloffener Software. Dazu zählen etwa Motorola, Samsung, LG Electronic, Huawei und Toshiba. Selbst Sony Ericsson plant Gerüchten zufolge ein Google-Handy.
"Android ist das Windows der Zukunft", lobte Reinhard Clemens, Geschäftsführer des IT-Dienstleister T-Systems, die Software auf einer CeBIT-Konferenz. Grosse Hoffnungen setzt das Unternehmen in den Bedarf von Business-Kunden nach mobilen Applikationen. Doch der Aufwand, die Anwendungen an jedes Handy und Betriebssystems anzupassen, wurmt den Anbieter offenbar. Hier könnte Google helfen, denn "Android entkoppelt die Software vom Gerät ", erklärte Clemens. Ausserdem bemängelte er den hohen Energieverbrauch der Windows-Mobile-Geräte.
Trotz aller Argumente, die für den Wechsel von Microsoft zu den Open-Source-Alternativen sprechen, entwickelt T-Systems derzeit mobile Geschäftsapplikationen fast ausschliesslich auf Basis von Windows-Betriebssystemen. Noch kann sich der Anbieter nicht der Marktmacht der Redmonder entziehen: Das meist-installierte Betriebssysteme über alle Hardware-Plattformen hinweg kommt auch auf absehbarere Zeit von Microsoft.



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