Computerworld vor 30 Jahren 26.07.2021, 05:43 Uhr

PCs auf Siegeszug in Schweizer Betrieben

Die Schweiz setzte 1991 voll auf Personal Computer. In Behörden, Schulen, Banken und dem Handel wurden Terminals aussortiert und durch leistungsstarke Rechner ersetzt, berichtete Computerworld.
In Schweizer Büros und Bankfilialen wurde je länger, je mehr an Computern gearbeitet
(Quelle: IDG)
Schweizer Betriebe gaben 1990 gesamthaft rund 20,9 Milliarden Franken für Informatik aus. Jeder vierte Franken (5,4 Milliarden) davon wurde in Software investiert, 4,4 Milliarden in den Personalbestand von ca. 120 000 Ingenieuren und 3,5 Milliarden in Hardware aller Art. Die verbleibenden 7,5 Milliarden wurden für Dienstleistungen und Services aufgewendet. Die Zahlen hatte die Universität Freiburg zusammen mit der Markt­forschungsfirma IHA Institute gesammelt.
Die Erhebung ergab auch eine massiv höhere Verbreitung von Personal Computern in Schweizer Betrieben. Sie hatte sich seit 1988 mehr als verdoppelt (vgl. Grafik). Anfang 1991 standen mit 531 000 Rechnern ausserdem erstmals mehr PCs als Terminals (450 000) im Einsatz. Wie die Marktforscher ermittelten, stieg parallel dazu die Zahl der Applikationen, die unmittelbar an einen Arbeitsplatz gebunden waren. Zu dieser Gruppe zählten zuvorderst Textverarbeitungen, Tabellenkalkulationen und Adressdatenbanken. Was hier unerwähnt blieb: Bei Textverarbeitungen hiess der Marktführer WordPerfect, bei Spreadsheets Lotus 1-2-3, bei Datenbanken dBase. Microsoft schickte sich 1991 gerade an, mit Word 2.0 und Excel 3.0 den Markt (im Sturm) zu erobern. Borlands Übernahme von dBase 1991 war gleichbedeutend mit der Abkehr vom Endanwender- und der Zuwendung zum Programmierermarkt. Microsoft sollte 1992 mit Access auch bei Desktop-Datenbanken eine marktführende Lösung lancieren.

Millionen für digitale Amtsstuben

In den Schweizer Behörden wurde 1991 noch meist an Terminals gearbeitet. Die Datenverarbeitung fand auf Mainframes statt, beispielsweise in der Stadt Zürich. Dort waren «beim Ausbau der EDV Dutzende von Millionen Franken verpulvert» worden, berichtete Computerworld. Ein im Jahr 1984 lanciertes Projekt zur Ablösung des veralteten Honeywell-Bull-Grossrechners durch zunächst einen IBM 4381 – und später IBM 3081 – hatte zu massiven Migrationsproblemen geführt. Während der geplanten acht Jahre Projektlaufzeit konnten nur wenige Anwendungen auf IBM portiert werden. Die meisten verblieben auf dem unterdessen vollkommen veralteten Bull. Damit war das Vorhaben, Ordnung in die Zürcher Informatik zu bringen, gescheitert. Mehr noch: Wie in anderen Verwaltungsabteilungen mussten die Beamten mit Doppelspurigkeiten bei der Daten­erfassung und Verarbeitung leben. Die im Finanzamt angesiedelte Fachstelle «Organisation und Informatik Zürich» (OIZ) hatte nach der Devise «kostengünstig einkaufen und sich von keinem Hersteller abhängig machen» in den 1980ern EDV für die städtischen Stellen beschafft. Dort standen nun DEC, NCR, Nixdorf, Siemens, Tandem und Wang parallel im Einsatz. Der Informatikwildwuchs und das misslungene Migrationsvorhaben sollten nun von einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) durchleuchtet werden, berichtete Computerworld. Und fügte hinzu, dass die Stadt Zürich wohl nicht allein sei. Vielmehr sei die Situation bei vielen privaten Unternehmen vergleichbar. Und eine Multi-Vendor-Umgebung «nicht unbedingt eine Sünde». Die PUK sollte Jahre später zu einem anderen Ergebnis kommen.
Das Handelsgericht Bern kam 1991 zum Schluss, dass sich die Gemeinde Interlaken und ihr EDV-Lieferant Info Service besser ohne ein Urteil einigen. Die Juristen empfahlen einen Vergleich. Die Gemeinde hatte geklagt, weil die ab 1982 gelieferten Verwaltungsprogramme von Info Service beträchtliche formelle und materielle Mängel aufwiesen. Die EDV-Pilotanlage habe die Erwartungen der Verantwortlichen in Interlaken zu keinem Zeitpunkt erfüllt, so Computerworld. Die Gemeinde forderte die Investitionskosten von mehreren Hunderttausend Franken zurück. Im Rahmen des Vergleichs bekam sie nun immerhin 120 000 Franken. Denn Info Service machte geltend, dass die Mängelrüge erst verspätet erfolgt sei.


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