Innovationslabor Schweiz

Quantencomputing in Rüschlikon

Auch IBM arbeitet an der Zukunft der IT einschliesslich AI, Blockchain, Cybersicherheit und Quantencomputing. Mehrere Hundert Menschen forschen oberhalb des Zürichsees in Rüschlikon an der Technik von morgen. «Die Schweiz ist ein sehr guter Ort, um zu forschen», sagt der Leiter des IBM
Research Labs, Alessandro Curioni, in seinem Büro. Das Land verfüge über eine herausragende akademische Landschaft in Europa. Es gibt Top-Universitäten und wissenschaftliche Institute wie das für Materialwissenschaften, Empa, oder das Kernforschungszentrum CERN. Ausserdem gibt es
einen Markt, der rasch neue Technologien adaptiert.
Wissenschaftler aus fast 50 Nationen und unterschiedlichen Disziplinen kommen in Rüschlikon zusammen. Aus gutem Grund, betont Curioni: «Leute einer Universität werden ein Problem auf die gleiche Weise sehen. Deshalb ist uns kulturelle Diversität enorm wichtig, um technische Fragestellungen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Zudem legen wir Wert auf Zusammenarbeit.» IBM ist in mehr als 40 Projekten des EU-Forschungsprogramms Horizon 2020 aktiv und erreicht darüber ca. 500 Partner. «Dieses Netzwerk ist für uns wichtig, um unsere Forschungsarbeiten voranzutreiben und für unsere Partner bedeutend, da wir ihnen etwas von unserem Wissen, unserer Infrastruktur und unseren Innovationen zurückgeben können.»
“Kulturelle Diversität hilft uns, Probleme aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten„
Alessandro Curioni, IBM Research Labs
Curionis Arbeitsplatz ist das älteste Forschungslabor des Tech-Konzerns ausserhalb der USA. Hier wurden die Grundlagen für zwei Nobelpreise gelegt. Die Arbeit der Ingenieure und Wissenschaftler besteht aus einem Mix aus technischer Grundlagen- und angewandter Forschung, um aktuelle Technologien zu optimieren. Die vier Top-Themen, an denen derzeit getüftelt wird, sind die Methodenverbesserung im Bereich der KI, neue KI-Systeme für Industriekunden, Blockchain-Lösungen sowie die Entwicklung neuartiger Computingansätze wie Neuromorphic Computing, bei dem Strukturen des Gehirns für die Datenverarbeitung nach­geahmt werden und das Quantencomputing. Aktuelle Computer nutzen die Zustände 0 und 1, um Informationen zu verarbeiten. Im Binärsystem lassen sich 2^n Zahlen darstellen. Berechnungen müssen 2^n-mal durchgeführt werden, was klassische Rechner an ihre Grenzen bringen kann, je nach Komplexität der Aufgaben. Quantenzustände lassen sich hingegen überlagern. Dadurch entstehen Zustände, welche die Informationen aller 2^n-Zahlen gleichzeitig codieren, wodurch die Berechnung in einem Schritt durchgeführt werden kann. Das spart Zeit.
Nur einige Stockwerke unter Curionis Büro arbeiten Forscher an einem Quantenrechner. Er ist einer von zwei Prototypen, sein Zwilling steht in einem Labor in den USA. Die IBM nutzt seine Quantencomputer nicht nur für wissenschaftliche Zwecke. Kunden können die Maschinen bereits für eigene Testzwecke nutzen. Über 100'000 Anwender weltweit, darunter Industrieunternehmen wie Samsung und Daimler sowie Finanzgrössen wie die Barclays Bank, mieten bereits Rechenzeit, wie Curioni erklärt.
Auch in anderen Sparten können IBMs Labore mit Neuheiten aufwarten. Eine Arbeitsgruppe des Bereichs Cognitive Computing lancierte im August den Corpus Conversion Service. Eine KI-basierte Cloud-Applikation, die in der Lage sein soll, an einem Tag 100 000 PDF-Seiten mit einer Genauigkeit von 97 Prozent einzuscannen. Der Clou daran: Das System untersucht die Inhalte nach Informationen und kann dabei auch Grafiken auf den Seiten analysieren und erklären, was die Grafik beschreibt. Der Dienst könnte PDFs, etwa wissenschaftliche Publikationen, durchforsten, die Informationen auswerten und die wichtigsten Erkenntnisse bereitstellen. Ein anderes KI-Projekt ist RXN for Chemistry. Ein kostenloser Online-Dienst, der mithilfe von KI-Technik rund 2 Millionen chemische Reaktionen mit einer Genauigkeit von 80 Prozent vorhersagen kann. Ein nützliches Werkzeug für Chemiker und ein Beispiel für den praktischen Einsatz künstlicher Intelligenz.
In der heimischen ICT wird intensiv geforscht, getüftelt und getestet. Die vorgestellten Beispiele sind nur ein kleiner Ausschnitt aus dem ICT-Innovationslabor Schweiz. Der Einblick vermittelt aber bereits einen Eindruck darüber, wie engagiert Hochschulen, Unternehmen und politische Akteure an der ICT der Zukunft arbeiten.



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