22.08.2012, 10:43 Uhr

ETH-Roboter wird Stadtführer

Der von ETH-Forschern mitentwickelter Serviceroboter «Obelix» kann Menschen Sehenswürdigkeiten zeigen oder ihnen den Weg zum nächsten Bankomaten weisen. In der Altstadt von Freiburg im Breisgau absolvierte die Maschine nun erfolgreich einen Testlauf.
Obelix in der Altstadt von Freiburg im Breisgau
Dienstagmorgen in der Altstadt und Fussgängerzone von Freiburg im Breisgau. Zahlreiche Passanten sind auf dem Weg zur Arbeit, gehen Einkaufen, zur Bank oder sind auf dem Weg ins Kaffeehaus. Ebenfalls unterwegs ist Obelix. Obelix – so sein Spitzname in Anlehnung an die bekannte Comicfigur, mit der er den grossen Hüftumfang teilt – ist nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Stahl und Elektronik. Er ist ein Roboter, der im Rahmen des EU-Forschungsprojekts EUROPA («European Robotic Pedestrian Assistant») von Wissenschaftlern mehrerer europäischen Hochschulen und Industriepartner entwickelt wurde, darunter auch Forschenden vom Labor für Autonome Systeme der ETH Zürich von Professor Roland Siegwart.

Ein Roboter für draussen

«Obelix ist ein Serviceroboter. Er ist dazu da, Menschen zu unterstützen, ihnen etwa die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu zeigen oder ihnen zu helfen, den Weg zum Bahnhof oder zum nächsten Bankomaten zu finden», erzählt ETH-Doktorand Jérôme Maye aus Siegwarts Gruppe. «Das Besondere an dem Roboter ist, dass er sich problemlos im Freien, im Verkehr und unter Menschen fortbewegen kann.» Bisherige Serviceroboter seien nämlich meistens für den Einsatz in Gebäuden entwickelt worden und hätten erhebliche Mühe, sich im Strom von Fussgängern zu bewegen, ohne dabei in Menschen zu stossen oder über die Trottoirkante zu stürzen. «Zudem sind die Ansprüche an die Sicherheit bei einem Einsatz im Freien grösser», sagt Maye.

In Freiburg wurde der von Wissenschaftlern der ETH Zürich, der Universität Freiburg, der RWTH Aachen, der Universität Oxford, der KU Löwen und der Lausanner Start-up-Firma Bluebotics entwickelte Roboter dieser Tage einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Dies, nachdem das Forschungsprojekt nach dreijähriger Dauer im vergangenen Mai seinen offiziellen Abschluss fand. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Fussgänger-konform durch die Strassen

Bei Rot stehen, bei Grün gehen

Die Wissenschaftler stellten Obelix bei der Demonstration die Aufgabe, selbständig den rund vier Kilometer langen Weg von der Technischen Fakultät der Universität in die Mitte der Freiburger Altstadt zu finden. Dabei musste sich der Roboter fussgängerkonform bewegen, also Trottoirs benützen, Strassen auf Fussgängerstreifen überqueren sowie Verbotsschilder und Fussgängerampeln beachten. «Obelix meisterte seine Aufgabe bravourös, er benötigte für den Weg rund eineinhalb Stunden», berichtet Maye. Und dies, obschon es für den Roboter nicht ganz einfach war, sich einen Weg durch die vielen Menschen zu bahnen. Viele Interessierte scharten sich um ihn und folgten ihm auf seinem Weg ins Stadtzentrum.

Der Roboter hat auf einem der vier Laptops in seinem Innern einen Stadtplan gespeichert, und dank GPS «weiss» er stets, wo er sich befindet. Ausserdem stehen ihm zwei Kamerasysteme und drei Lasermessgeräte zur Verfügung, um damit aktuelle Informationen aus seiner Umgebung aufzunehmen. Er kann zum Beispiel Fussgänger und ihre Bewegung erkennen und ihnen ausweichen. Zudem erkennt er Trottoirkanten, Fussgängerstreifen und Fussgängerampeln, wartet bei Rot am Strassenrand und überquert die Strasse bei Grün. Die Entwicklung der Erkennung von Verkehrszeichen und Ampeln war in der internationalen Arbeitsgemeinschaft die Aufgabe der ETH-Forscher. Zudem programmierten diese die Steuerung, die der Roboter braucht, um die Informationen von Kamera und Laser-Gerät in eigene Bewegungen umzusetzen.

Ebenso wurde jenes System an der ETH Zürich entwickelt, das dem Roboter erlaubt, den optimalen Weg zwischen verschiedenen, mitunter auch beweglichen Hindernissen wie Fussgängern zu finden. Und schliesslich ist auch auch Obelix‘ äussere Hülle eine Entwicklung der ETH-Wissenschaftler. «Der Roboter sieht absichtlich eher maschinen- als menschenähnlich aus», erklärt Doktorand Maye. Denn Personenbefragungen in Europa hätten ergeben, dass Nutzer dieses Aussehen bevorzugen – anders als etwa in Japan, wo der Trend in Richtung Roboter mit möglichst menschlichem Aussehen gehe.

Nach der erfolgreichen Demonstration in Freiburg soll der am Projekt beteiligte Industriepartner die in Obelix steckende Technologie nutzen und vermarkten – beispielsweise in Robotern als Stadtführer oder «Auskunftspersonen» für Touristen.



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