18.08.2009, 21:25 Uhr

Windows 7 - was Entwickler über den Vista-Nachfolger wissen sollten

Ein Überblick über die wichtigsten Neuerungen bei Windows 7 für .NET-Entwickler. Dank des neuen Windows API Code Packs öffnet sich die Windows-Shell für die Programmierung mit Managed Code.
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Mit jeder neuen Windows Version stellen sich für Entwickler zwei Fragen: Laufen die bestehenden Anwendungen unverändert weiter und wie lassen sich die neuen Funktion verwenden? Punkt 1 lässt sich per Checkliste abarbeiten. Microsoft veröffentlicht eine Reihe einfacher ,,Regeln", die Anwendungen einhalten müssen, damit es keine Kompatibilitätsprobleme gibt. Zusammengefasst werden diese Regeln z.B. im ,,Windows 7 and Windows Server 2008 R2 Application Quality Cookbook", das unter [1] zur Verfügung steht. Entwickler von Consumer-Anwendungen können die Windows 7-Tauglichkeit ihrer Anwendung bei Microsoft (kostenpflichtig) zertifizieren lassen und erhalten das neue ,,Kompatibel mit Windows 7"-Logo. Um den Rest kümmert sich das Betriebssystem über einen speziellen ,,Kompatibilitätsmodus", der bei Windows 7 soweit geht, dass eine Windows XP-Anwendung unter einem ,,virtuellen XP" ausgeführt werden kann.

Die gute Nachricht für Entwickler in diesem Zusammenhang ist, dass sich Windows 7 intern lediglich als Version 6.1 meldet und die Distanz zu Vista (Version 6.0) damit relativ gering ist. Die eventuell weniger gute Nachricht: Anwendungen, die bereits unter Vista ,,Probleme" hatten, werden diese Probleme auch unter Windows 7 bekommen, es sei denn, die Entwickler machen von dem ,,Virtual XP Mode Gebrauch", der eine 100% kompatible Umgebung bietet. Ansonsten gilt es, die Anforderungen an Windows 7 erst einmal genau zu studieren.

Punkt 2 lässt sich leider nicht so einfach erledigen, denn zum einen sind viele Neuerungen so speziell, dass sie für die Mehrheit der Anwendungen schlicht uninteressant sind. Zum anderen stellte sich bislang die Frage, ob die neuen Elemente der Benutzeroberfläche überhaupt im Rahmen einer Managed Code-Anwendung aufrufbar sind.


Abbildung 1: Die neue Taskleiste von Windows 7
Die wichtigsten Neuerungen für die Anwender

Die interne Versionsnummer von Windows 7 deutet es bereits an, der Sprung von Vista zu Windows 7 ist bei weitem nicht so groß, wie es die neue Namensgebung oder der übliche Hype,der um jede neue Windows-Version entsteht, suggerieren könnten. Die wichtigsten Unterschiede bei der Benutzeroberfläche sind:

>Neue Taskleiste ersetzt alte Taskleiste. Die neue Taskleiste (im Vorfeld der Einführung auch ,,Taskbar" genannt) ist als Nachfolger der Vista-Taskleiste eine der wichtigsten visuellen Neuerungen bei Windows 7. Sie zeigt nicht nur die laufenden Programme an (allerdings als reine Symbole ohne Text), sondern erlaubt es dem Anwender, Verknüpfungen für Programme einzurichten (zwei nettes Detail am Rande sind zum einen, dass sich die Position der Einträge verändern lässt und zum anderen, dass über eine Klickfläche am rechten Rand alle Fenster minimiert und so der Desktop sichtbar wird). Jedem Eintrag kann eine Liste mit typischen Aktionen zugeordnet werden, die sog. Jump List, die von einer Anwendung erweitert werden kann.

>Infofeld mit mehr Übersicht. Das Infofeld am rechten Rand der Taskleiste zeigt nur noch ausgewählte Symbole an (eine Anwendung kann daher nicht davon ausgehen, dass ihr Icon immer sichtbar ist).

>Bibliotheken als virtuelle Ordner. Eine Bibliothek ermöglicht dem Anwender, beliebige Dokumente und andere Ordner unabhängig ihres physikalischen Standorts in einem Ordner und damit unter einem ,,Themendach" zusammenzufassen.

>Explorer mit Bibliotheksansicht. Am Explorer hat sich relativ wenig geändert. Neu ist, dass in der linken Hierarchieansicht auch die Bibliotheken eingeblendet werden, und dass im Eingabebereich der integrierten Suche bereits Suchfilter wie Änderungsdatum und Größe zur Auswahl stehen, was gegenüber Vista ein großer Komfortgewinn ist. Über das neue ,,Federated Search" können auch für die Suche im Windows-Explorer zusätzliche Suchprovider einbezogen werden.

>Ribbons. Mit Windows 7 halten die mit Office 2007 eingeführten Ribbons Einzug in die Windows-Oberfläche. Zunächst nur bei den Zubehörprogrammen Paint und WordPad.

>Automatische DPI-Anpassung. Windows 7 passt nach der Installation, je nach Grafikkarte und Auflösung, selbstständig einen höheren dpi-Wert einstellt als die standardmäßig voreingestellten 96 dpi. Je nach Bildschirmauflösung kann ein deutlich größerer Wert eingestellt sein (z.B. 144 dpi bei einer Auflösung von 1920x-1200 Pixeln). Während sich WPF-Anwendungen automatisch an den dpi-Wert anpassen können, ist dies bei Windows Forms-Anwendungen nicht der Fall. Hier kann es passieren, dass Text unscharf oder Bitmaps mit einem ungünstigen Breite/Höhe-Verhältnis dargestellt wird.

Abbildung 2: Auch bei Windows 7 gibt es Ribbons

Die wichtigsten Neuerungen für Entwickler

Nur wenige der Neuerungen bei Benutzeroberfläche haben für Entwickler eine Bedeutung. Die Neuerungen bei der Windows Shell-API lassen sich grob in folgende Kategorien unterteilen:

>Funktionen, mit deren Hilfe sich die mit Windows 7 neu eingeführte Benutzeroberflächenelemente wie die neue Taskleiste, ihre ,,Jump Lists" und die neuen Bibliotheken-Ordner ansprechen lassen. Damit kann eine Anwendung z.B. eine Jump-List oder einen Bibliothek-Ordner anlegen.

>Funktionen, mit deren Hilfe sich die an der Benutzeroberfläche vorgenommen Verfeinerungen in eine Anwendung einbeziehen lassen. Dazu gehört z.B. das (bereits mit Vista eingeführte) Task Dialog-Element als Nachfolger des betagten MessageBox-Elements für flexibel gestaltbare Messageboxen und Standarddialoge, die z.B. die mit Windows 7 eingeführten Bibliotheken anzeigen (dies spielt vor allem für WPF-Anwendungen eine Rolle).

>Funktionen, mit denen sich die mit Windows 7 erstmalig unterstützten Geräteklassen wie Touch Displays und Sensoren (z.B. GPS- und Bewegungssensoren) ansprechen. Damit lässt sich zwar nicht die zentrale Frage ,,Wer bin ich?", aber immerhin die oft nicht minder zentrale Frage ,,Wo bin ich?" beantworten (da ein PC normalerweise nicht mit Sensoren ausgestattet ist, konnten sich Teilnehmer der letzten PDC-Entwicklerkonferenz, auf der der Windows 7-Desktop eines der Kernthemen war, am Microsoft-Stand ein Sensor-Kit mit USB-Schnittstelle abholen, um damit die Sensor-API testen zu können).

>Weitere Kleinigkeiten (z.B. Netzwerkerkennung, Power-Management usw.)

Wie üblich passen sich existierende Anwendungen automatisch an den neuen ,,Look" an (z.B. werden automatisch die neuen Standarddialoge von Windows 7 angezeigt). Alle Oberflächenanpassungen sind daher optional.
Peter Monadiemi



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