«Open Source ist top und dem Markt teils Jahre voraus»

Schweizer Entwicklung

CW: Diese Lösungen werden in der Schweiz entwickelt?
Rodler: Ja, das Design der Lösungen und das Projekt­management finden in der Schweiz statt. Anschliessend erfolgt die Qualitätsprüfung und -sicherung ebenfalls in der Schweiz. Das sind Grundvoraussetzungen, wenn wir Enterprise- und Government-Kunden mit hochwertiger oder sicherheitskritischer Software beliefern wollen.
Die Entwicklung der Lösungen selbst findet allerdings global statt. Das muss so sein – aus mehreren Gründen: Einmal würden wir die Menge an erforderlichen Programmierern niemals in der Schweiz selbst finden. Der Markt ist leer. Zweitens arbeiten wir mit hoch komplexen Technologien wie Angular, OpenLDAP oder PostgreSQL. Die Kompetenzen sind kaum in einem einzigen Land zu finden – gleichgültig ob in der Schweiz oder anderswo. Drittens erwarten die Kunden und Partner, dass sie speditiv beliefert werden. Wir müssen rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche entwickeln. In Zeiten von Scrum und agiler Entwicklung will der Kunde schnell Ergebnisse sehen und auch eingreifen können, wenn eine Funktion nicht wie gewünscht um­gesetzt wird. Das geht nur mit Teams, die verteilt sind in Brasilien, Indien, Pakistan, Vietnam und natürlich Europa.
Zwingend in der Schweiz geschehen muss wie erwähnt die Qualitätssicherung. Das lässt sich nicht outsourcen. Wir haben es in einzelnen Projekten versucht, waren aber mit dem Ergebnis nicht zufrieden.
Zur Person
Bernd Rodler
ist Verwaltungsratspräsident und Gründer von VNC. Diese Positionen bekleidet er seit 2003. In den Jahren 2006 bis 2009 war Rodler zwischenzeitlich Gründer und CEO vom ERP-Anbieter OpenVirtue. Davor baute er die damalige Muttergesellschaft von VNC auf.
CW: Woran hat es gemangelt?
Rodler: Die Kollegen beispielsweise in Indien haben nicht die gleichen Qualitätsansprüche wie ein Schweizer Kunde. Unternehmen hierzulande sind sehr detailorientiert und qualitätsbewusst wie nirgends auf der Welt. Daraus ergibt sich auch ein Vorteil für uns: Denn somit ist der Anspruch an unsere eigenen Software-­Lösungen enorm hoch.
CW: Wie organisieren Sie die global verteilten Entwicklerteams, deren Produkte den Schweizer Ansprüchen genügen?
Rodler: Unser Ziel ist seit der Gründung, in einer virtuellen Organisation zu arbeiten – daher auch der Firmenname Virtual Network Consult. Damit diese virtuelle Firma funktioniert, sind drei Dinge erforderlich: Erstens eine leistungsfähige Collaboration-Plattform innerhalb der Organisation, auf der jeder Entwickler, jeder Infrastruktur-Administrator und auch jeder Software-Tester ein bestimmtes Projekt jederzeit einsehen kann. Das leistet bei uns eine eigens entwickelte Projektmanagement-Lösung. Sie basiert natürlich auf Open-Source-Technologie. Mit dem Tool können Projekte sowohl mit Agile- und Scrum-Methoden als auch nach dem Wasserfall-Vorgehen verwaltet werden. Das Tool erlaubt uns auch, die Projekte extrem granular zu gliedern.
Die zweite Voraussetzung für die virtuelle Organisation ist ein Kommunikations-Tool. Es beinhaltet Chat, Gruppen-Chat – beides mit History und leistungsfähiger Suche – sowie Audio- und Videotelefonie. So können wir auch Freelancer in abgelegenen Regionen in die Projekte mit ein­beziehen, denn sie benötigen für die Kommunikation und Zusammenarbeit lediglich einen Webbrowser.
Der dritte Punkt ist das Arbeiten nach der DevOps-Methode. Auch in grossen Projekten mit 50 oder mehr Programmierern wird jedes (virtuelle) Meeting strukturiert protokolliert. Die Protokolle werden qualitätsgeprüft und flies­sen in die Projektorganisation ein: In DevOps-Zyklen wird Code so früh wie möglich auf Testservern bereitgestellt und von der Qualitätssicherung maschinell und manuell validiert. Dafür haben wir eine hoch automatisierte Entwicklungsumgebung programmiert.



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