Risikobeurteilung 27.09.2021, 15:49 Uhr

Riskant oder nicht? Was die Polarisierung rund um 5G antreibt

Wenn Fragen über Risiken und Nutzen neuer Technologien die Gesellschaft spalten, sind sachliche Diskussionen schwierig. Eine solche Polarisierung hat ein Forscher der Universität Basel am Beispiel der Risikowahrnehmung von 5G untersucht.
Die Chancen und Risiken des Mobilfunkstandards 5G werden von der Schweizer Bevölkerung sehr unterschiedlich beurteilt.
(Quelle: F. Muhammad/Pixabay)
Der neue Mobilfunkstandard 5G hat bereits vor der Coronapandemie die Gemüter erhitzt: Tausende machten ihre Ablehnung der neuen Technologie an öffentlichen Demonstrationen deutlich und forderten einen Stopp des Netzausbaus. Stark ausgeprägte Risikoeinschätzungen können sich auch durch soziale Medien rasant verbreiten. Die möglichen Folgen: Verhärtete Fronten erschweren die Verständigung – ein Phänomen, das sich auch im Kontext der Coronamassnahmen zeigt.
Aber wie kommt es zu derart auseinandergehenden Risikowahrnehmungen, und wie könnte man einer entsprechenden Polarisierung entgegenwirken, um sachliche Debatten über potentielle Risiken zu ermöglichen?
«Bisher gab es noch keine empirischen Daten, wie sehr 5G die Gesellschaft tatsächlich polarisiert, und was die psychologischen Ursachen dafür sind», so der Psychologe Renato Frey von der Universität Basel. Er hat systematisch untersucht, wie gross die Unterschiede bei der Risikowahrnehmung bezüglich 5G sind, wie diese möglicherweise zustande kommen und was einen Wandel der Risikowahrnehmung auslösen kann. Seine Ergebnisse hat er als Fachartikel im Journal «Psychological Science» veröffentlicht.

Grosse Mehrheit sieht hohes Risiko und geringen persönlichen Nutzen

Die repräsentative Studie mit knapp 3000 Teilnehmenden Ende 2019 zeigt, dass es in der Schweiz tatsächlich grosse Unterschiede in der Risikoeinschätzung von 5G gibt. Eine Mehrheit von knapp zwei Dritteln verbindet mit der Technologie ein mittleres bis hohes Risiko.
Zudem sah ein ebenso grosser Anteil der Befragten nur einen geringen bis gar keinen persönlichen Nutzen in der neuen Mobilfunktechnologie. Auf der anderen Seite bewerteten 61 Prozent den Nutzen für die Gesellschaft und 76 Prozent den Nutzen für die Wirtschaft als hoch.
Eine deutliche Mehrheit sah einen Bedarf für mehr Regulierung (74 Prozent) und mehr Forschung (90 Prozent), und im Falle einer Volksabstimmung hätten zu diesem Zeitpunkt 52 Prozent gegen 5G gestimmt.
Frey analysierte in der Studie insbesondere, welche Faktoren mit Unterschieden in der Risikowahrnehmung zwischen verschiedenen Personen zusammenhängen. Dabei berücksichtigte er zum einen technologiespezifische Faktoren, darunter die subjektive Wahrnehmung einer Bedrohung, das Vertrauen in die Behörden, die 5G regulieren, sowie das eigene Wissen über die Technologie. Zum anderen untersuchte er personenspezifische Faktoren wie die Offenheit einer Person gegenüber Fortschritt, das subjektive Empfinden einer elektromagnetischen Hypersensitivität sowie soziodemographische Faktoren wie Alter, Geschlecht und Bildung.
In dieser psychologischen Modellierung zeigte sich der stärkste Zusammenhang beim Vertrauen in die Behörden: Je geringer dieses ausfällt, desto wahrscheinlicher stuft eine Person das Risiko von 5G als hoch ein. Ebenfalls bedeutend ist auch das subjektive Empfinden einer Bedrohung beziehungsweise das Gefühl, hilflos der 5G-Strahlung ausgesetzt zu sein und sich ihr nicht entziehen zu können sowie das subjektive Empfinden einer elektromagnetischen Hypersensitivität.

Autor(in) pd/ jst



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