18.07.2011, 07:47 Uhr

HTC Flyer im Praxistest

Klein, aber oho: Die Android-Flunder HTC Flyer hebt sich angenehm von der Masse aktueller Tablet-Rechner ab - leider aber nicht beim Preis.
Mit der 7-Zoll-Flunder Flyer hat HTC seinen ersten Tablet-Rechner auf den Markt gebracht
Bei der Präsentation des HTC Flyer auf dem Mobile World Congress im vergangenen Februar musste der taiwanische Hersteller etliche Kritik einstecken. So ist die HTC-Flunder nur halb so gross wie die breite Masse der iPad-Rivalen, hat aber einen ähnlichen hohen Preis. Wie ein Blick in die Spezifikationen zeigt, verzichtet das Flyer ausserdem auf die bei aktuellen Android-Tablets weit verbreitete Dual-Core-CPU von Tegra und verbaut stattdessen einen einfachen 1,5-Ghz-Snapdragon-Prozessor mit einem Gigabyte RAM vom Haus- und Hoflieferanten Qualcomm. Software-technisch wiederum ist nicht für Tablet-Rechner optimierte Honeycomb-Version, sondern das Smartphone-Betriebssystem Android 2.3 (Gingerbread) an Bord. Immerhin hat HTC Gingerbread etwas angepasst und seine Sense-Oberfläche übergestülpt. Trotz dieser scheinbaren Schwachpunkte erweist sich das Gesamtpaket in der Praxis als überraschend stimmig. Insbesondere für die schnelle Nutzung unterwegs ist das 7-Zoll-Gerät ideal: Dank seiner geringen Abmessungen lässt es sich bequem in der Jackentasche transportieren und kann - fast wie ein zu gross geratenes Smartphone - auch gut mit einer Hand gehalten werden. Das Vergnügen ist jedoch nicht von langer Dauer, denn mit 420 Gramm Kampfgewicht zieht das Flyer kräftig an den Muskeln. Die scheinbare Untermotorisierung macht sich in der Praxis kaum bemerkbar. Das Laden von Programmen, die Wiedergabe von Videos oder der Wechsel von der horizontalen auf die vertikale Ansicht erfolgen ohne merkliche Verzögerungen - gerade die grösseren Android-Tablets wie das Motorola Xoom oder das EeePad Transformer von Asus weisen hier Defizite auf. Auf der nächsten Seite: hochwertige Verarbeitung

Hochwertige Verarbeitung

Was die Verarbeitung anbelangt, liegt das Flyer auf dem von HTC-Smartphones gewohnten hohen Niveau. Das Tablet ist mit einem schicken Vollaluminium-Gehäuse ausgestattet, Kunststoff kommt lediglich am oberen und unteren Ende zum Einsatz, wo auch die Antennen und Sensoren liegen. An diesen Stellen stehen auch die Kanten etwas über - vermutlich, um das Display beim Ablegen vor Kratzern zu schützen. Auf der Rückseite wiederum sorgen Erhöhungen auf beiden Enden dafür, dass das Flyer trotz des gewölbten Deckels flach auf dem Tisch liegt. Bedienen lässt sich das Tablet sowohl vertikal wie auch horizontal, die Inhalte drehen allerdings nur in einer Richtung mit. Orientierungshilfe bieten hier die Frontkamera (Querformat) beziehungsweise das HTC-Logo. Wegen des Seitenverhältnisses von 16:10 eignet sich das Display vor allem für den Konsum von Videos im Querformat. Für das Surfen im Web - im Längsformat - wäre ein Seitenverhältnis von 4:3 dagegen besser geeignet, da viele Webseiten breiter sind. Ansonsten ist das Display über jede grössere Kritik erhaben: Mit einer Auflösung von 1024 x 600 Bildpunkten kommt das HTC-Tablet zwar nicht ganz an Apples iPad heran, weist aber wegen des kleineren Bildschirms eine deutlich höhere Pixeldichte auf und ermöglicht somit eine schärfere Darstellung. Ansonsten wird das Display von den üblichen Problemen von Tablets und Smartphones geplagt - eine Nutzung im Freien und bei starker Sonneneinstrahlung ist fast unmöglich. Auf der nächsten Seite: gute Ausstattung
Als besondere Note verzichtet das HTC-Tablet gänzlich auf physische Bedienelemente auf der Vorderseite. Stattdessen sind im Rahmen drei Soft-Keys für Startbildschirm, Menü und Zurück integriert. Rechts daneben ist ein weiteres, gelb beleuchtetes Symbol für den mitgelieferten Stift. In Verbindung mit der HTC-Anwendung «Kritzeln» kann man damit Screenshots von Websites oder Dokumenten bearbeiten sowie malen oder Notizen (mit integrierter «Evernote»-App) machen. Für die Bedienung ist der Stylus-Stift aber nicht gedacht.

Gute Ausstattung

Auch mit den übrigen Features muss sich das Flyer nicht vor der Konkurrenz verstecken. So besitzt das Gerät Front- und Rückkamera mit 1,3 beziehungsweise 5 Megapixel Auflösung. Ebenso sind GPS und die üblichen Sensoren für Lage, Licht oder Bewegung (Gyskop) an Bord. Der interne Speicherplatz beträgt 16 (WLAN-Version) beziehungsweise 32 Gigabyte (UMTS-Modell) und ist über eine MicroSD-Karte erweiterbar. Positives ist auch vom Akku zu berichten: Dieser macht sich bei der Nutzung nämlich praktisch gar nicht bemerkbar. Laufzeiten von einem Tag oder mehr sind kein Problem. Lediglich bei den Schnittstellen hat HTC etwas gespart - hier gibt es nur eine spezielle USB-Buchse, die auch zum Laden genutzt wird - im Gegensatz zu anderen Herstellern hat HTC hier auf proprietäre Stecker verzichtet. Auf der nächsten Seite gehts weiter.
Software-technisch hebt sich das HTC Flyer dank Android 2.3 und HTC Sense positiv von Honeycomb-Geräten wie dem Motorola Xoom ab. Der Nutzer bewegt sich in einer von Android- und HTC-Smartphones gewohnten Umgebung - alles ist schnell erreichbar, nichts wackelt oder stürzt gar ab. Als einziger Nachteil sind die potenziell langen Wartezeiten auf Updates zu erwähnen. Gemessen an Android 3.0 beziehungsweise 3.1 verpassen Flyer-Nutzer aktuell allerdings wenig, sieht man von der damit möglichen Speicherverschlüsselung, USB-Host und der neuen Screenshot-Funktion einmal ab. Auch die virtuelle Tastatur aus dem Sense-Sortiment lässt sich dank taktilem Feedback gut bedienen. Neben Sense hat HTC bereits eine Reihe von Anwendungen auf dem Flyer vorinstalliert. Im privaten Umfeld sind dabei etwa die Online-Videothek HTC Watch, die Kiosk-App «Pressreader» oder «Snapbooth» (Fotostudio) zu nennen, während sich Anwendungen wie die Büro-Suite Polaris Office, das bereits erwähnte Evernote oder ein Sprachrekorder gut für berufliche Zwecke eignen. Das Testfazit finden Sie auf der nächsten Seite.

Fazit: Weniger ist mehr

Mit dem Flyer ist es dem taiwanischen Hersteller HTC gelungen, die von seinen Smartphones bekannte Verarbeitung und Funktionalität auch auf Tablets zu übertragen und so in dem von Apples iPad dominierten Markt eigene Akzente zu setzen. Wenn auch das HTC-Gerät nicht ganz perfekt ist, füllt es dennoch gut die Nische zwischen Smartphone und iPad/Netbook. Die Qualität lässt sich HTC mit rund 600 Franken (Wlan-Version) beziehungsweise etwa 700 Franken (UMTS-Version) allerdings auch teuer bezahlen. Dieser Testbericht stammt im Original von unserer deutschen Schwesterpublikation Computerwoche (Autor: Manfred Bremmer)