Handys 27.10.2010, 08:39 Uhr

Apple gegen Google gegen Microsoft

Weder das iPhone, Android noch Windows Phone 7 sind für Manager gebaut. Trotzdem findet hierzulande praktisch keine Konferenz ohne eines der Handys statt. Computerworld vergleicht die Businesstauglichkeit.
Ein Schluck aus dem iBier, eine Trivialität zu Chuck Norris oder eine Partie «Tetris» in der Mittagspause - diese Apps fürs iPhone, Android sowie Windows Phone 7 sind in der Schweiz auch in Businesskreisen gängig. Jedoch haben sie mit dem Geschäft nicht viel zu tun. «Ein eigenes Team entwickelt neu Business-Apps für Mobilplattformen», sagt Martin Staumann vom IT-Dienstleistungsunternehmen Noser Engineering aus Winterthur. «Das iPhone, Android und Windows sind die wichtigsten Mobilplattformen für den Schweizer Markt.» Auch zum jüngst lancierten Windows Phone 7 verzeichnet bereits Noser Nachfrage aus einheimischen Unternehmen, berichtet Staumann .
Das IT-Systemhaus folgt den Wünschen der Anwender, die auf die Endverbraucher-Handys auch im Geschäft nicht verzichten wollen. Geht es nach Sicherheitsexperten, wäre jedoch Verzicht angesagt. Denn keine der drei populären Mobilplattformen eigne sich für sensible Geschäftskommunikation.
Doch wie steht es wirklich um den Businesseinsatz von iPhone, Android und Windows? Computerworld wirft einen Blick auf die drei Mobiltelefone und ihre Ökosysteme.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Geschäftsanwendungen iPhone, Android und Windows mitbringen.
Den Wert eines Smartphones macht nicht mehr die Hardware aus. «Ein Handy ist heute erst zu 50 Prozent fertig, wenn es aus dem Geschäft kommt», sagt Frank Fischer, Mobility Lead von Microsoft Deutschland. «Vielmehr machen das Telefon erst die Apps und die Einstellungen zu dem, was die Anwender schätzen.» Das gilt sowohl für das iPhone, Android genauso wie für Windows Phone 7.
Businessanwendungen
Im Auslieferungszustand gibt es dann auch grosse Unterschiede zwischen den Handys. Apple und Google setzen auf ergänzende Apps, damit der Benutzer Text-Dokumente bearbeiten oder komplexere Rechenaufgaben lösen kann. Für beide Systeme gibt es mobile Office-Pakete, die einfache Büro-Arbeiten unterwegs erlauben. Windows Phone 7 ist hier besser aufgestellt, denn ein abgespecktes Office ist vorinstalliert. Zusätzlich bringen Microsoft-Handys eine Anbindung an die gängige Unternehmensportallösung SharePoint mit.
E-Mail-Anbindung
Dagegen kann Microsoft bei E-Mail der Konkurrenz nur noch folgen. Apple und Google haben jeweils zum Beispiel die Wichtigkeit der Exchange-Unterstützung realisiert und frühzeitig in ihre Systeme eingebaut. Microsoft ist hier nur einer von vielen, die den Exchange-Zugriff vom Mobiltelefon aus erlauben.
Hingegen gibt es für Domino/Notes-Umgebungen bei Windows Phone noch keine Lösung, während iNotes für iPhone fertig und Lotus Notes Traveler für Android noch in der Entwicklung ist. Auf neuen Windows-Handys will Microsoft stattdessen mit Schnittstellen zu Freemail-Services locken: Hierzulande sind etwa Bluewin, Google Mail, Windows Live Mail und Yahoo Mail vorinstalliert. Zusätzlich können E-Mails via POP3 und IMAP abgeholt werden. Der Fokus liegt hier auf dem Endkundenmarkt, denn häufig verbieten Compliance- und Archivierungsvorschriften, dass Informationen über gängige Ports wie POP3 das Unternehmen verlassen.
Ohne Zwangsaktivierung arbeitet heute kaum noch ein Smartphone. Wie Apple, Google und Microsoft damit umgehen, lesen Sie auf der nächsten Seite.
Als Microsoft mit Windows XP die Benutzer erstmals zur Registrierung der Software verpflichtete, war der Aufschrei gross. Von «Gängelung der Anwender» bis hin zur «totalen Kontrolle» reichten die Vorwürfe. Heute klagt niemand mehr, die Prozedur ist auch auf Handys bereits Gang und Gäbe. Im Unternehmen stellt sich die Frage, wie ein Manager mit der Registrierpflicht umgeht - und ob Administratoren die Firmenhandys zum Beispiel im Paket freischalten können.
Infrastruktur-Einbindung
Damit ein iPhone im Unternehmen betrieben werden kann, ist eine Registrierung bei Apple Pflicht. Der Hersteller hat mittlerweile jedoch auf den Erfolg seiner Telefone im Businessumfeld reagiert. So haben Administratoren umfangreiche Dokumentationen in der Hand, die mögliche Einsatzszenarien und Anbindungen in die IT-Infrastruktur erleichtern. Mithilfe von Skripts und Programmen von Drittanbietern werden Prozesse automatisiert. Auch das Löschen des kompletten Telefonspeichers aus der Ferne ist zum Beispiel möglich.
Trotzdem bleiben Sicherheitsrisiken: Etwa gestattet Apple keinem Antivirus-Hersteller einen Einblick in das System. Schutzprogramme sind damit schlicht unmöglich. Das könnte sich spätestens dann rächen, wenn die ersten Angriffe gegen iPhones lanciert werden; attraktiv genug für Malwareprogrammierer dürften die zahlungskräftigen Besitzer des Apple-Telefons sein.
Weit freigiebiger als Apple ist Google mit Android: Der Telefonbesitzer muss sein Gerät nur für den Abgleich mit Google Mail oder den Einkauf auf dem Android-Marktplatz registrieren. Die Sychronisation mit dem Desktop klappt via USB, Telefonie und Internetzugriff ebenfalls ohne Einschränkung. Auch Software-Werkzeuge für Entwickler stehen bereit.
Microsoft setzt dagegen eine manuelle Registrierung mit einem plattformfremden Benutzerkonto voraus: Windows Live. Dabei hilft noch kein Administratortool, obwohl umfangreiche Entwicklertools bereitstehen. Lösungen scheinen in Sicht. Jedoch gesteht Larry Lieberman, Business Development Manager bei Microsoft, dass Nachholbedarf vorhanden ist: «Für das Ausrollen von Apps auf Unternehmenstelefonen gibt es bisher keine Software-Lösung. Jedoch erkennen wir den Bedarf und wissen um die Dringlichkeit.» Der Microsoft wird zum Beispiel den System Center Mobile Device Manager mit passenden Funktionen nachrüsten.
Über die Hürden, die Unternehmen bei der Software-Pflege und der Apps-Verteilung nehmen müssen, lesen Sie auf der folgenden Seite.
Software-Pflege
Eine zusätzliche Herausforderung für die IT-Abteilung sind die Mobilbetriebssysteme selbst. Apple verlangt nach iTunes, damit iPhone-Benutzer Updates für das iOS und die Vorgänger aufspielen können. Jedoch muss nicht jeder Mitarbeiter selbst Hand anlegen: Mittels Parametern lässt sich iTunes auch als abgespeckte Version im Unternehmen ausrollen. Auch zum Beispiel automatische Updates kann der Administrator dabei abschalten. Dies bietet sich insbesondere dann an, wenn unterschiedliche iPhone-Modelle im Unternehmen vorhanden sind, die nicht alle mit der neusten Betriebssystemversion laufen.
Administratoren von Android-Handys sind mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Bei dem Mobilsystem herrscht quasi Wildwuchs: So läuft Android 2.1 zum Beispiel auf dem populären HTC Desire, Version 2.2 ist aktuell, Release 2.3 respektive 3.0 mit dem zum Adventszeit passenden Codenamen «Gingerbread» steht vor der Tür. Managementlösungen für eine zentrale Pflege sind noch rar, Aktualisierungen der Telefone nur teilweise möglich, da die Hardware nicht kompatibel ist. Letztere Schwierigkeit löst Apple mit Handys aus eigener Fertigung, Microsoft mit strengen Systemvoraussetzungen.
Bei den Updates für Windows Phone 7 ist Microsoft noch rigider als Apple. «Auf allen Handys ist das Push-Update obligatorisch und standardmässig aktiviert», sagt Business Development Manager Lieberman. Im nächsten Jahr plane der Software-Riese zum Beispiel, die Copy-&-Paste-Funktion per Push-Update nachzuliefern. Zu Management-Software für das Aktualisieren von Windows-Telefonen im Unternehmen machte der Microsoft-Manager keine Angaben. Massimo Erroi, Business Group Lead bei Microsoft Schweiz stellte klar, dass für die Desktop-Synchronisation der neuste Zune Player erforderlich ist. Hier geht Microsoft den gleichen Weg wie Apple.
Marktplatz und Entwicklung
Einen grossen Schritt auf die Entwickler zu geht Microsoft bei den Entwickler-Tools für Windows Phone 7. Die Programme sind jetzt kostenfrei und in einem Paket zu haben. Früher mussten Visual Studio, Software Development Kit (SDK) und Emulator separat erworben und in der korrekten Reihenfolge installiert werden. Der Grund für so viel Freigiebigkeit liegt auf der Hand: Der Hersteller will die Attraktivität seiner Plattform erhöhen, indem er es den Programmierern möglichst einfach macht, Apps zu schreiben. Indes ist zurzeit noch offen, ob diese Rechnung aufgeht.
Angesichts der mehr als 300'000 Apps hat Apple diese Schwierigkeiten nicht, Android mit den rund 100'000 Programmen ebenfalls nicht. Fundamental verschieden sind jedoch die Vorgaben, die Entwickler für die beiden Plattformen erfüllen müssen, wenn sie Apps auf den Software-Marktplätzen feilbieten wollen. Apple prüft jedes Programm und deren Inhalt nach strengen Kriterien, Google agiert eher lax. Android-Programmierer klagen trotzdem, da sie die Funktionen der unterschiedlichen Betriebssystemversionen und Handymodelle berücksichtigen müssen.
Auch Unternehmen, die Apps für firmeneigene Applikationen auf Diensthandys verteilen wollen, kommen um die Prüfungen nicht herum. Jedoch unterscheiden sich in diesem Punkt weder Microsoft, Apple noch Google.
Fazit: Schwieriges Business
Jeder IT-Verantwortliche, der ein Endanwender-Handy in seinem Unternehmen zulässt, muss mit Schwierigkeiten rechnen. Angesichts der weiten Verbreitung des iPhones hierzulande sind aber die Hürden offenbar nicht hoch genug. Apple profitiert dabei von der vergleichsweise schon etablierten Plattform - und hat bei der Unternehmensintegration nachgelegt. Googles Android wird erst eine rosige Zukunft vorausgesagt, die das System aufgrund der Datenschutzbedenken sicher vornehmlich im Privatanwendermarkt hat. Diesen will aber auch Microsoft erobern - zumindest in erster Linie. Angesichts bewährter und verbreiteter Systemmanagement-Tools sind Integrationslösungen für die Unternehmens-IT lediglich eine Frage der Zeit.



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