Swiss-IT-Studie 2020 28.04.2020, 16:00 Uhr

Digitalisierung: Schweizer Unternehmen treten auf der Stelle

Die Modernisierung der Informatik kommt nur zögerlich voran. Mehr Aktivität aufseiten der Firmen tut dringend not, das zeigt die aktuelle Swiss-IT-Umfrage deutlich auf. Dennoch kann die Digitalisierung gelingen, wenn IT-Chefs bestimmte Aspekte beachten.
(Quelle: Computerworld)
Die von der weltweiten Coronavirus-Pandemie geprägte Situation lenkt in vielen Unternehmen auch hierzulande den Fokus auf kurzfristig orientierte und operativ angelegte Aktivitäten. Eine durchaus nachvollziehbare Sichtweise, denn in vielen Fällen geht es um nichts Geringeres als den Erhalt des Geschäftsbetriebs. 
Auch wenn es für die meisten Firmen derzeit alles andere als einfach ist: Sie müssen gerade jetzt den Blick in die Zukunft richten. Flexibilität heisst das Gebot der Stunde! Unter dieser Prämisse ist es durchaus statthaft zu fragen, ob und inwieweit moderne IT-Lösungen und digitalisierte Prozesse dazu beitragen können. 

Transparenz, Automatisierung, Integration 

Die Antwort liegt auf der Hand: Eine moderne IT schafft Transparenz hinsichtlich Warenbestand, Auftragsstatus, Ressourcenauslastung und natürlich auch bei den Kosten im Betrieb. Die Basis dafür sind eine saubere Dokumentation und gut gepflegte Prozesse. Transparenz ist gerade dann unabdingbar für den fortlaufenden Betrieb, wenn beispielsweise Mitarbeitende krankheitsbedingt ausfallen und damit nicht als Informationsquelle zur Verfügung stehen. 
Die Automatisierung von Abläufen in der Informatik und der Geschäftsprozesse ist ohne moderne Informationstechnologie kaum bis gar nicht zu erreichen. Automatisierung beseitigt oder verringert Systembrüche und manuelle Tätigkeiten innerhalb der eigenen Organisation und in geschäftlichen Beziehungen. Sie beeinflusst wesentlich die Geschwindigkeit, mit der Aktivitäten umgesetzt werden können und schafft so wiederum die nötige Transparenz. 
Automatisierung fusst auf der Integration von Hardware, Software und Prozessen – physisch oder virtuell. Viele Firmen arbeiten seit Jahren daran, ihre IT zu konsolidieren und zu vereinheitlichen. Andere Organisationen verfolgen eine gemeinsame IT-Plattform-Strategie, kommen aber beim Abbau der funktionalen Silos nur schleppend voran. 
Die vorangegangenen Zeilen sind als ein eindringliches Plädoyer für den gezielten Einsatz moderner IT zu verstehen. Hier beobachten wir von IDC, dass viele Firmen bei Weitem noch nicht dort stehen, wie es möglich und nötig wäre.

Digitalisierungseuphorie lässt nach 

Mehr Aktivität tut dringend not. Das zeigt die aktuelle Swiss-IT-Umfrage mehr als deutlich auf. Die Ergebnisse belegen, dass immer mehr Firmen Digitalisierungsstrategien und -pläne entworfen haben. 35 Prozent der Befragten haben die digitale Transformation in begrenztem Umfang oder sogar umfassend umgesetzt. Allerdings können nur 6 Prozent auf eine umfassende Digitalisierung verweisen. Exakt 35 Prozent befinden sich in einer Evaluierungs- bzw. Planungsphase, weitere 20 Prozent haben ein Pilotprojekt gestartet.
Im Umkehrschluss setzen sich ca. 90 Prozent der Befragten mit der Digitalisierung auseinander. Das ist zunächst ein durchaus erfreulicher Wert. Wie aber bereits dargestellt, hat lediglich ein Drittel die digitale Transformation operationalisiert – ein geringer Anteil, wenn man berücksichtigt, dass sich Schweizer Firmen bereits seit fünf Jahren mit der digitalen Transformation auseinandersetzen. Übrigens: In welcher Phase befindet sich Ihr Unternehmen im Hinblick auf die digitale Transformation? 
Am bedenklichsten ist allerdings, dass sich im Vergleich der Jahre 2019 und 2020 nur marginale Fortschritte ab­lesen lassen. Ein Indikator dafür, dass die Digitalisierung auf Eis liegt? Zumindest besteht eine ernst zu nehmende Gefahr, dass sich Digitalisierungsinitiativen abschwächen. Das belegen die Studienergebnisse eindeutig. 
Quelle: Computerworld

Modernisierung kommt nur zögerlich voran 

Eine entscheidende Grundlage für das Vorankommen in den digitalen Initiativen ist die Modernisierung der Informatiksysteme. Die befragten Entscheiderinnen und Entscheider nannten als ihre derzeit wichtigsten Projekte die IT-Sicherheit (73 Prozent), Business-Software (52 Prozent), Cloud Computing (38 Prozent), Mobility (38 Prozent) sowie Modernisierung der IT-Infrastruktur (36 Prozent) – hier sind kaum Abweichungen gegenüber dem Vorjahr zu beobachten. 
Sicher, die genannten Disziplinen sind alle durchaus geeignet, die Digitalisierung in den Firmen voranzubringen. Allerdings sind moderne und innovative Technologien, die aus Sicht von IDC zwingend erforderlich sind für künftigen Erfolg, auf der Projekt-Agenda der Unternehmen noch deutlich unterrepräsentiert. Hierzu zählen datengetriebene Themen wie Big Data Analytics und das breite Betätigungsfeld künstliche Intelligenz bzw. Machine Learning. Sicherlich nicht für jede Organisation relevant, aber aus unserer Perspektive deutlich wichtiger als genannt, sind Blockchain, SD-WAN und DevOps. Vor allem Letzteres ist entscheidend für das Beherrschen von Softwareentwicklung sowie Testing, Auslieferung, Versionierung – kurz gesagt, für den gesamten Software-Lebenszyklus. Unternehmen müssen anfangen zu verstehen, dass Software der entscheidende Differenzierungsfaktor in der Bewertung der Informatik ist. 

Was jetzt auf die CIO-Agenda gehört

  • Die Unternehmensinformatik wird sich immer stärker in Richtung Plattform entwickeln. Sie stellt alle IT-Ressourcen als Services bereit und schafft eine transparente und konsistente Sicht auf die Nutzung und für das Management aller IT-Ressourcen. Die Cloud fungiert als das zentrale Architektur- und Bereitstellungsmodell zur Nutzung aller internen und externen Ressourcen. Mittelfristig erwarten wir eine Weiterentwicklung von einer IT-Plattform hin zu einem Business-Framework, das IT- und Business-Services zur Verfügung stellt.

  • Wie bereits erwähnt, ist die Software zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden, da Compute und Storage immer stärker Commodity werden. Diese Situation wird sich künftig sogar noch weiter zuspitzen. Mit Blick auf die nächste Innovationsstufe der digitalen Transformation vertreten wir die Ansicht, dass viele Unternehmen selbst zu Software-Produzenten werden. Zwar konsumieren Firmen weiterhin Software verschiedenster Technologieanbieter, aber die Fähigkeit, eigene Lösungen zu entwickeln, wird zunehmend von entscheidender Bedeutung für den Erfolg sein. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Schaffung neuer Mehrwerte für die eigenen Kunden mit digital optimierten Produktangeboten und Services.

  • Lediglich 12 Prozent der Befragten haben die Position eines Chief Digital Officer (CDO) geschaffen. Unabhängig davon, ob eine dezidierte Rolle für Digitalisierung vorhanden ist oder nicht, müssen die organisatorischen Strukturen überprüft werden. CIOs wird es nicht gelingen, die digitale Veränderung allein herbeizuführen. Die Zusammenstellung von Digitalisierungsteams ist ein praktikabler und Erfolg versprechender Ansatz. 

Fazit

Welche Schlüsse ziehen wir aus den Studienergebnissen? Es ist eindeutig: Entscheiderinnen und Entscheider in vielen Firmen müssen sich noch einmal konkret fragen, ob sie die Bewertung der digitalen Transformation hinsichtlich der Relevanz für ihr Haus nicht noch einmal neu überprüfen sollten. Denn weniger als 50 Prozent der Befragten rechnen mit sehr schwerwiegenden bzw. schwerwiegenden Auswirkungen auf ihre Firma. Hier liegt der Kern der zögerlichen Umsetzung der digitalen Transformation. 
Die Digitalisierung hebt den Wettlauf um Anteile und Märkte auf eine neue Stufe. Die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens entscheidet sich aufgrund der besten Ideen und des Einsatzes moderner Technologie. Flexibilität und Innovation sind die Stellschrauben für den Erfolg. Wer den Markt am schnellsten bedient, wird seine Position nachhaltig festigen und sogar ausbauen können. 
Krisenzeiten sind ein wertvoller Indikator für die Robustheit einer Organisation und ein Richtungsweiser für diejenigen Aufgaben, die dringend umzusetzen sind.
Computerworld Swiss-IT
Die CIO-Agenda 2020
Seit einer Dekade fühlen Computerworld und die Marktforscher von IDC Schweizer IT-Entscheidern im Rahmen der Swiss-IT-Studie den Puls. Was beschäftigt sie? Wie gehen sie mit den Entwicklungen der digitalen Transformation um? Welche Probleme gilt es zu lösen?
Auch in diesem Jahr stellten sich wieder mehrere Hundert CIOs und IT-Verantwortliche sowie ihre Kolleginnen und Kollegen aus den Fachabteilungen unseren Fragen. Die aktuelle Swiss-IT-Ausgabe zeichnet nun ein detailliertes Bild der Schweizer IT. 
Das Heft ist ab heute, 28. März 2020, erhältlich – sowohl in gedruckter, als auch in digitaler Form als E-Paper in der App «Computerworld E-Paper» für Android und iOS. Sie möchten die Ausgabe (Fr. 20.– inkl. MwSt, exkl. Porto) bestellen? Senden Sie bitte eine E-Mail mit Rechnungs- und Lieferadresse an einzelausgabe@computerworld.ch.

Matthias Zacher
Autor(in) Matthias Zacher



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