Trends 21.08.2008, 15:13 Uhr

Virtualisierung wird das Megathema

Computerworld hat die 500 umsatzstärksten Unternehmen der Schweizer ICT-Branche nach ihren Prognosen für die Trends und Techniken der nahen Zukunft befragt. Lesen Sie hier, welche Themen die Top-Player derzeit beschäftigen.
Virtualisierung, Sicherheit und Mobilität: Diese drei Themen bewegen die Schweizer Informationstechnik- und Telekommunikationsbranche ( ICT) derzeit wie keine anderen. Dies ergab die aktuelle Umfrage der Computerworld unter allen Teilnehmern der diesjährigen Top-500-Studie. Die Keyplayer der Schweizer ICT-Branche haben dabei vor allem eine Technik zum Megatrend gekürt: Das Thema Virtualisierung wird nach Ansicht der Branche mit 164 von 357 abgegebenen Stimmen (Mehrfachantworten eingerechnet) in den nächsten zwei Jahren die Hauptrolle spielen - das sind gut 46 Prozent. Ähnliches Potenzial, als Zugpferd der ganzen Branche zu gelten, haben nach wie vor auch die Themen «Security und Mobility»mit je 161 Nennungen bzw. 45 Prozent.

Deutliche Unterschiede zum Vorjahr

Vor einem Jahr sahen dies die Befragten noch ganz anders. Damals lag das Thema Security noch an vorderster Stelle, knapp gefolgt vom Themenbereich Mobility. Der diesjährige Trendmotor Virtualisierung landete dagegen im letzten Jahr - noch hinter Service Oriented Architecture - erst auf Platz vier.
Ein Mauerblümchendasein fristet derweil immer noch das Thema Unified Communication. Auch dies ist ein Ergebnis der Computerworld-Umfrage. Dem UC-Konzept bescheinigen nur 84 Befragte (gut 24 Prozent) das Potenzial, in den nächsten zwei Jahren als Triebfeder der Branche zu wirken. Das war übrigens auch im letzten Jahr nicht viel anders: Damals belegte der Trend Unified Communication ebenfalls den letzten Rang. Allerdings fiel der Anteil mit 15 Prozent noch wesentlich geringer aus als in der aktuellen Umfrage.

Nur Geld für Kernaufgaben

Mögen die «Mover und Shaker» der Branche Themen wie Virtualisierung und Mobility auch als wichtig erachten: Wenn es um Franken und Rappen geht, die sie in konkrete Projekte stecken sollen, besinnen sich die Unternehmen aber doch auf Dinge, die das Business tatsächlich voranbringen.
Deshalb wundert es auch nicht, dass mit 182 von 347 Nennungen (auch hier waren Mehrfachantworten möglich) eine Mehrheit von gut 52 Prozent in den kommenden zwei Jahren in Business Software wie
Enterprise Resource Planning, Customer Relationship Management, Business Process Management, Datenbanken und Groupware investieren wollen.
Informationssicherheit landet dagegen hinter Telefonie (inkl. VoIP und Unified Communication) auf Rang drei. Office-Produktivität und Client Hardware stehen dagegen weniger auf dem Einkaufszettel der Firmen. Daraus zu folgern, dass der Umstieg auf Windows Vista und Office 2007 sich weiter verzögert, ist zwar gewagt, ist aber eine durchaus mögliche
Erklärung für dieses Ergebnis. Klar scheint zu sein: die helvetischen Top-500 der ICT-Branche wollen sich in nächster Zeit punkto Investitionen auf jene Kernapplikationen konzentrieren, mit denen sie die Effizienz der eigenen internen und externen Abläufe steigern können. Gute Nachrichten also für die Anbieter von Business Software.

Trends: Virtualisierung wird das Megathema

IT wird Business-relevant

Die hohe Investitionsbereitschaft in Kernapplikationen liefert einen Hinweis auf
einen weiteren Trend, den Marktbeobachter und -teilnehmer derzeit wahrnehmen: Die IT wird als immer wichtigerer Bestandteil des eigentlichen Geschäftsgangs eines Unternehmens angesehen.
Zu dieser Einsicht gelangt auch eine Umfrage von Accenture und Avanade bei Schweizer CIO (Chief Information Officer). Demnach sehen gut 56 Prozent die IT-Abteilung entweder als strategischen Partner des Business, oder zumindest als kritischen Faktor für Teilbereiche des Geschäftsgangs der eigenen Firma. Nur noch 44 Prozent sehen die IT-Abteilung in der - klassischen - Rolle mit reinen Supportfunktionen. Auch die Informationstechnik als solche wird immer wichtiger und erhält den entsprechenden strategischen Stellenwert. In 71 Prozent der Firmen wird somit laut Accenture-Studie die IT als strategischer Wert innerhalb des Unternehmens gesehen. Entsprechend legen die befragten CIO bei den Schwerpunktthemen ein hohes Gewicht auf die Erhöhung der IT-Effizienz und -Effektivität, so die Accenture-Studie weiter. Daneben werden auch noch Business Intelligence und Security als
wichtige Themen genannt.
Natürlich sehen auch die Branchenvertreter die Rolle der IT weiter wachsen. So postuliert Hauke Stars, Schweizer Länderchefin von Hewlett-Packard, gegenüber Computerworld: «Aus Information Technology, also IT, wird Business Technology oder BT.» Mit weitreichenden Folgen für das
Zusammenspiel zwischen beiden Feldern. «Der Einsatz von Informatikmitteln hat sich vermehrt und sehr direkt am Erreichen von Geschäftszielen zu messen», präzisiert Stars. Das bringt nicht nur mehr Verantwortung für den CIO , er sollte deshalb auch auf eine aktivere Rolle in der Geschäftsleitung pochen. Eine Meinung, die Hauke Stars teilt: «Die Stellung des CIO wird deutlich aufgewertet: Da der IT eine strategische, erfolgsentscheidende Rolle beigemessen wird, muss der CIO notwendigerweise auch direkt in die Geschäftsleitung eingebunden sein.»

Megatrend Virtualisierung

Ein richtiggehender Megatrend in der Schweizer IT- und Telekommunikationsbranche ist die Virtualisierung. Dies hat die Befragung der 500 umsatzstärksten ICT-Unternehmen durch Computerworld eindeutig gezeigt: Es bewerteten nicht nur 46 Prozent der Befragten Virtualisierung als Topthema der nächsten Zeit. Auch unsere Frage, ob bereits ganz konkret Virtualisierungslösungen im Einsatz sind, wurde durchwegs positiv beantwortet. Ganze 60 Prozent haben demnach bereits eine solche Lösung im Einsatz. Weitere acht Prozent planen die Umsetzung demnächst.
Immerhin fast ein Drittel (32 Prozent) haben ihre IT dagegen noch nicht virtualisiert. Somit besteht nach wie vor ein gewisses Potenzial in diesem Bereich. Zumal verwandte Befragungen ergeben, dass hiesige CIO ein grosses Interesse an der Virtualisierung haben. Dies ergab etwa eine Untersuchung des Marktforschungsunternehmens Coleman Parkes im letzten Jahr.Befragt wurden im Auftrag des Kommunikations- und IT-Dienstleisters Colt neben europäischen auch 30 Schweizer CIO. Demnach gaben 88 Prozent der helvetischen IT-Leiter an, steigende Investitionen im Bereich Virtualisierung zu tätigen.
Enstprechend wächst der Markt für Server-Virtualisierung beinahe explosionsartig, wie die Marktforscher von IDC in ihrer jüngsten Studie aufzeigen. Die Auguren berechneten, dass europaweit 35 Prozent aller in den letzten 12 Monaten erstandenen Server sofort virtualisiert werden. In den nächsten 12 Monaten sollen daraus dann 52 Prozent werden.

Trends: Virtualisierung wird das Megathema

Grund für den Virtualisierungs-Boom

Bereits die verbesserte Ausnutzung der vorhandenen Hardware-Ressourcen treibt zahlreiche Virtualisierungsprojekte voran, weil die steigende Anzahl an Servern mit herkömmlichen Mitteln nicht mehr wirtschaftlich ausgebaut und administriert werden können. Die stetig steigenden Energiekosten liefern noch ein weiteres Argument für die Einführung «geteilter Rechenpower». Das Modethema Green-IT dürfte damit auf der Virtualisierungwelle auch in Zukunft kräftig mitreiten.

Web 2.0 wird Business-tauglich

Während also die Virtualisierung von den Top-500 der Schweizer ICT-Unternehmen definitiv gelebt wird und kein blosser Modebegriff mehr ist, erstaunt es doch ein wenig, dass sogar die Hype-verdächtigen Web-2.0-Techniken wie Blogs, Wikis und soziale Netzwerke inzwischen mehrheitlich für Business-Zwecke eingesetzt werden.Ganze 52 Prozent der von Computerworld befragten Firmen gaben an, bereits ernsthaft, sprich: geschäftstauglich, entsprechende Produkte und Verfahren zu nutzen. Weitere acht Prozent äusserten sich dahingehend, in Zukunft den Einsatz von Web-2.0-Techniken zu planen. Nur 40 Prozent wollen von Web-2.0-Techniken im Business-Umfeld noch nichts wissen - zumindest nicht innert der nächsten zwei Jahre.

Schweizer pfeiffen auf UC

Ganz anders sieht es beim Thema Unified Communication aus. Die Top-500-Firmen stempelten UC nicht nur zum Trend mit der wenigsten Zugkraft. Auch im Einsatz ist die Kombination aus Telekommunikation und Informatik noch lange nicht überall. Nur 36 Prozent setzen diese Kommunikationsform als «Early Adaptor» bereits ein. 53 Prozent der befragten Unternehmen verwenden dagegen noch keine UC-Lösung. Aber: Immerhin elf Prozent denken darüber nach, etwas Potenzial ist also vorhanden. Dieses Umfrage-Ergebnis überrascht auf den ersten Blick, wird doch von Herstellerseite schon seit einigen Jahren die These vertreten, dass Unified Communications zu den Toptrends der Branche gehört. Auch den Aussagen von anderen Schweizer Studien laufen die Antworten der Top-500-Firmen fast diametral entgegen. So prognostiziert die Schaffhauser MSM Research einen wahren UC-Boom. Ihren Daten zufolge beschäftigen sich 86 Prozent der befragten Schweizer Unternehmen mit UC in irgend einer Form, sei es, dass die Technik bereits im Einsatz ist oder sei es, dass sie geplant oder nur diskutiert wird. Nach Berechnungen von MSM Research werden demzufolge dieses Jahr in der Schweiz 640 Millionen Franken für UC ausgegeben. Dies sei ein Plus von immerhin gut 13 Prozent. Die prozentuale Wachstumsrate liegt damit weit über derjenigen des gesamten ICT-Marktes, den MSM mit heuer 4,2 Prozent angibt. Das zeigt wieder einmal, dass nicht jeder vorhergesagte Hype auch tatsächlich in der Realität von den Unternehmen so schnell umgesetzt wird.

Weniger Wachstum für Dauerbrenner

Ein unumstritten wichtiges Thema im ICT-Markt ist und bleibt der Bereich Security. Allerdings sehen die von Computerworld befragten Top-500-Unternehmen diesen Trend nicht mehr im gleichen Masse als Zugpferd an: Die Krone vom letzten Jahr muss die Security jetzt an die Virtualisierung abgeben. Allzu grosse Mehreinnahmen dürfen die Security-Hersteller und -Dienstleister auch nicht mehr erwarten. So verneinen 62 Prozent der befragten ICT-Firmen, dass sie im laufenden Jahr für die Informatiksicherheit mehr ausgeben werden als im Vorjahr. Zwar wollen 34 Prozent bis zu 20 Prozent mehr für Security hinblättern, aber nur vier Prozent möchten ihr Security-Budget um mehr als 20 Prozent aufstocken.

Fazit: Nicht jeder Trend wird Realität

Während einige Trends nicht nur in der Fachpresse, bei Marktforschern und in den Marketingabteilungen der Hersteller vorkommen, sondern real in der Firmen-IT zu beobachten sind, entlarvt die Zusatzumfrage von Computerworld Themen wie UC und Business Process Management als Trend mit hohem Hype-Potenzial, die noch nicht allzu oft in konkreten Projekten ihren Niederschlag finden.



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