Digitalisierung 14.03.2024, 11:01 Uhr

Übergangsfinanzierung für E-Patientendossier nimmt erste Hürde

Mit 30 Millionen Franken will das Parlament die Verbreitung des elektronischen Patientendossiers übergangsweise finanzieren. Der Nationalrat hat die letzten Differenzen in der entsprechenden Vorlage bereinigt.
(Quelle: eHealth Suisse)
Ob die Vorlage am Freitag auch die letzte Hürde nimmt, ist allerdings ungewiss.
Mit 93 zu 92 Stimmen bei 7 Enthaltungen stimmte die grosse Kammer am Mittwochabend dem Antrag der Einigungskonferenz nur hauchdünn zu. SP, Mitte und GLP stimmten praktisch geschlossen dafür, SVP und FDP grossmehrheitlich dagegen. Die Grünen waren gespalten und enthielten sich teilweise der Stimme.
Im Gremium mit Mitgliedern der vorberatenden Kommissionen beider Räte hatte sich zuvor die Variante des Ständerats durchgesetzt. Dieser hatte in den vorangegangenen drei Beratungsrunden stets für eine schlanke Übergangsgesetzgebung plädiert. Er verwies darauf, dass die grossen Fragen im Rahmen der umfassenden Reform der Gesetzgebung zum E-Patientendossier diskutiert werden müssten. Diese Vorlage will der Bundesrat bis Ende Jahr vorlegen.
Der Nationalrat wollte ursprünglich schon in der Übergangszeit verschiedene Bedingungen - beispielsweise eine Anschlusspflicht für ambulante Leistungserbringer - gesetzlich verankern. Schliesslich verzichtete er aber darauf.

Ringen um Modalitäten

Nimmt die Vorlage mit den Schlussabstimmungen am Freitag auch die letzte Hürde, kann der Bund mit 30 Millionen Franken die Verbreitung des elektronischen Patientendossiers übergangsweise finanzieren. Das Ergebnis dürfte wiederum knapp ausfallen.
Verabschieden die Räte die Vorlage, sollen voraussichtlich ab dem nächsten Jahr die Anbieter von elektronischen Patientendossiers - die sogenannten Stammgemeinschaften - mit 30 Franken pro eröffnetem Dossier entschädigt werden. Diese Finanzhilfen sind an eine Beteiligung in mindestens gleichem Umfang durch die Kantone gebunden.
Mit der Übergangsfinanzierung soll die derzeit noch ungenügende Verbreitung und Nutzung des E-Patientendossiers in der kritischen Phase bis zum Inkrafttreten der geplanten umfassenden Revision vorangetrieben werden. Das war auch im Parlament unbestritten. Nach jeweils drei Beratungsrunden gab es zwischen den Räten aber Differenzen bei den Modalitäten.
Der Nationalrat wollte den Verpflichtungskredit ursprünglich an verschiedene Bedingungen knüpfen. Etwa hätten innert drei Jahren alle ambulanten Leistungserbringer, die jünger als sechzig Jahre alt sind - also beispielsweise Hausärzte -, ein elektronisches Patientendossier anbieten müssen. Wer dagegen verstossen hätte, dem hätten Sanktionen gedroht.
Der Ständerat hatte für Pragmatismus plädiert. Trotz berechtigter Kritik am Projekt gehe es vorderhand darum, eine vorübergehende Finanzierung sicherzustellen, ohne zusätzliche Bedingungen zu etablieren, lautete der Tenor. Die Übergangsgesetzgebung zu verkomplizieren, sei nicht zielführend.

Umstrittener Nutzen des E-Patientendossiers

Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider warnte im Nationalrat vor einem Scheitern der Vorlage. "Es würde dann praktischer Stillstand herrschen bis zum Inkrafttreten der umfassenden Reform, was frühestens 2028 der Fall ist." Das Vertrauen in das elektronische Patientendossier würde dadurch weiter schwinden.
Mit dem elektronischen Patientendossier können alle wichtigen Gesundheitsinformationen an einem Ort übersichtlich abgelegt und jederzeit einfach und sicher abgerufen werden. Noch klemmt es aber bei der Umsetzung. Bisher wurden nur rund 40'000 elektronische Dossiers eröffnet.
"Es kann nicht weitergehen wie heute", sagte auch Sarah Wyss (SP/BS) im Namen der zuständigen Nationalratskommission. Es brauche eine gute, ganzheitliche Reform. Ein Nein zur Übergangsfinanzierung wäre laut Wyss aber ein "falsches Signal".
Anders sahen dies Vertreterinnen und Vertreter von SVP, FDP und Grünen. "Die Vorlage ist schlicht und einfach ein Murks", sagte Thomas de Courten (SVP/BL). Das E-Patientendossier sei "ein Patient auf der Intensivstation, der mit einer Finanzspritze am Leben erhalten werden soll".
Laut Andri Silberschmidt (FDP/ZH) bringt das elektronische Patientendossier heute niemandem etwas. "Wir sollen diesen Frust nicht mitfinanzieren." Es brauche den Mut, einen Neustart zu wagen. Auch die Grünen sprachen von einer "Investition in ein nicht funktionierendes Produkt".



Das könnte Sie auch interessieren