Wegen Corona 05.05.2020, 17:45 Uhr

Nationalrat stellt auf digitalen Betrieb um

Die Corona-Krise treibt die Digitalisierung des Ratsbetriebs voran: Vorstösse, parlamentarische Initiativen und Anträge werden nur noch per Mail eingereicht. Auf das Verteilen von Papier wird soweit möglich verzichtet. Der Nationalrat hat dazu grünes Licht gegeben.
(Quelle: Parlamentsdienste 3003 Bern)
Am 4. Mai wurde die ausserordentliche Session des Nationalrates zur Corona-Krise eröffnet. Durchgeführt wird diese in der Berner Messe Bernexpo, weil im Parlamentsgebäude die Distanzregeln nicht eingehalten werden können.
Damit die grosse Kammer ausserhalb des Parlamentsgebäudes arbeiten kann, bedarf es verschiedenen Änderungen des Geschäftsreglements des Nationalrates, welche das dafür zuständige Büro erarbeitet hat. Der Nationalrat stimmte diesen am Montag mit 193 zu 3 Stimmen zu. 

Neues Abstimmungsprozedere

Im Zentrum stehen Änderungen bei den Abstimmungen. Da diese nicht mit derselben Abstimmungsanlage wie im Nationalratssaal durchgeführt werden können, müssen die Bestimmungen über das Abstimmen angepasst werden. 
Abgestimmt wird mit einem mobilen persönlichen Kästchen mit verschiedenen Tasten. Taste 1 bedeutet Ja, Taste 2 bedeutet Nein, Taste 3 bedeutet Enthaltung. Die weiteren sechs Tasten sind nicht aktiviert. Die Stimmabgabe ist während 30 Sekunden möglich und wird von einem Zentralsystem registriert. Namenslisten werden erst nachträglich erstellt, für die Öffentlichkeit ist also erst später ersichtlich, wer wie abgestimmt hat. Sofort publiziert wird nur das Ergebnis. 
Ein Test der Abstimmungsanlage verlief am Montagvormittag erfolgreich. «Falls die Abstimmungsanlage ausfallen würde, würde per Aufstehen abgestimmt», sagte Edith Graf-Litscher (SP/TG) im Namen des Nationalratsbüros. Ein Abstimmen per Namensaufruf würde zu lange dauern, nämlich rund 30 Minuten. 

Kein höheres Tempo

Balthasar Glättli (Grüne/ZH) wollte im Rahmen der Reglementsrevision die Behandlung von Corona-Vorstössen beschleunigen. Bei Motionen und Postulaten, die im Zusammenhang mit dem Coronavirus oder mit damit zusammenhängenden Gesetzgebungen und Notverordnungen stehen, sollte die Behandlung spätestens in der nächsten Session stattfinden – unabhängig ob dies eine ausserordentliche oder eine ordentliche Session ist.
«Wir müssen uns selbst fit machen und ein rascheres Tempo anschlagen», sagte Glättli. Der Bundesrat hätte die Diskussion über all die Corona-Motionen verschieben können, sodass sie erst im Sommer behandelt worden wären. «Wir dürfen nicht auf das Entgegenkommen des Bundesrats angewiesen sein.»
Mit 128 zu 66 Stimmen bei einer Enthaltung lehnte der Nationalrat das Anliegen der Grünen ab. Die Mehrheit vertraut dem Bundesrat, dass dieser dringliche Themen sofort behandelt.

Befristete Bestimmung

Nicht nur die ausserordentliche Session, sondern auch die ordentliche Sommersession vom Juni wird wegen der Corona-Pandemie in der Berner Messe Bernexpo stattfinden. Sobald der Nationalrat wieder im Bundeshaus tagen wird, wird die Revision des Geschäftsreglements hinfällig. Es ist die erste Session "extra muros" seit der Herbstsession 2006 in Flims GR.



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