«Fusionen 01.12.2008, 13:04 Uhr

Der Kunde muss im Mittelpunkt stehen»

Cyrill Osterwalder: «Fusionen und Übernahmen sind ein Zeichen der Zeit. Dabei entscheidet eine Reihe von Erfolgsfaktoren über das Gelingen. Eine Auswahl.»
Cyrill Osterwalder Senior Vice President Web Application Security und Geschäftsführer der phion AG in der Schweiz
Fusionen und Übernahmen sind im Zuge von Globalisierung und Liberalisierung der Weltmärkte an der Tagesordnung - insbesondere in der ICT-Branche. So erlebt bei der Übernahme von Visonys durch phion diesen Sommer. In der Theorie lassen sich die Motive eines solchen Zusammenschlusses einfach erklären: Stärkung der Marktposition, Reduktion der Kosten oder die Nutzung von Synergieeffekten, um nur einige zu nennen. Und dennoch sind längst nicht alle Fusionen von Erfolg gekrönt. Aber welche Faktoren entscheiden letztlich darüber, ob ein solches Unterfangen gelingt oder eben nicht? Deren gibt es mehrere.
Zunächst der wichtigste Aspekt: Niemals den Kunden aus den Augen verlieren! Die Kunden sind das wichtigste Gut jedes Unternehmens, die Kundenorientierung muss daher oberstes Gebot sein.
Das klingt zwar einleuchtend und banal, dennoch wird dieser Punkt immer wieder sträflich vernachlässigt. Oft liegt das daran, dass die sich zusammenschliessenden Unternehmen so sehr mit Integrationsprozessen beschäftigt sind. Darum gilt: Bei der Priorisierung der notwendigen Integrationsschritte stets die Sichtweise des Kunden einnehmen. Im Klartext heisst das, dass der Kunde die Vorteile und den Zusatznutzen, die aus einer Fusion entstehen, zu jedem Zeitpunkt klar erkennen und nachvollziehen kann.
Das setzt eine klare Positionierung des neuen Gebildes im Markt voraus, was wiederum automatisch die Glaub- und Vertrauenswürdigkeit erhöht, bevor überhaupt unnötige Verunsicherung aufkommen kann. Von ganz besonderer Bedeutung ist dies in sensiblen Märkten wie zum Beispiel im Bereich IT-Sicherheit. Das Gesagte hat übrigens gleichermassen für die Partner Gültigkeit.
Das bringt uns zum nächsten kritischen Faktor: Die Kommunikation mit den verschiedenen Dialoggruppen ist von zentraler Bedeutung für den Erfolg von Unternehmenszusammenschlüssen. Diese erhöht die Transparenz der getroffenen Entscheidungen und zeigt anstehende Veränderungen ehrlich auf. Deshalb muss sie in sämtlichen Phasen mit den Mitarbeitern, den Kunden, den Partnern sowie der Öffentlichkeit stattfinden. Die Kommunikation trägt gleichermassen wie die eindeutige Positionierung dazu bei, allfällige Verunsicherungen aus dem Weg zu räumen und so einem potenziellen Vertrauensverlust zuvorzukommen.
Ein dritter wesentlicher Punkt ist, dass die an einer Fusion beteiligten Unternehmen komplementär sind. Und das in vielerlei Hinsicht.
Ein wichtiges Ziel bei einem Zusammengehen stellt die eingangs erwähnte Realisierung von Synergieeffekten dar, um die Effizienz zu erhöhen und so Kosten einzusparen sowie die Marktstellung zu verbessern. Diese können auf vielfältige Weise erzielt werden. So können beispielsweise produktionswirtschaftliche Synergieeffekte aufgrund von Grössenvorteilen (economies of scale) beziehungsweise operationale Synergieeffekte aufgrund von Verbundvorteilen (economies of scope) erreicht werden. Natürlich sollten auch die Technologien der beteiligten Firmen möglichst komplementär sein und durch die Kombination der angebotenen Produkte und Leistungen einen Mehrwert für die (potenziellen) Kunden liefern.
Je mehr Überschneidungen beim Portfolio existieren, umso grössere Bereinigungen müssen vorgenommen werden - das trägt zu der bereits beschriebenen Verunsicherung bei. Nicht vergessen werden darf schliesslich auch die Unternehmenskultur. Auch hier sollten die beiden Partner möglichst komplementär sein. Weisen die Kulturen der beiden Firmen nämlich erhebliche Unterschiede auf und finden diese im Integrationsprozess keine Beachtung, kann dies gravierende Auswirkungen auf die Mitarbeiterzufriedenheit haben. Dies wiederum hat unweigerlich direkten Einfluss auf die Kunden.
Ein Zusammenschluss, in welcher Form auch immer, bedeutet stets auch eine Weichenstellung für die Zukunft und setzt eine strategische Ausrichtung voraus, die sich an der Marktentwicklung orientiert. Ob eine Fusion oder Übernahme erfolgreich ist oder scheitert, entscheidet letzten Endes ausschliesslich der Markt. Mit einer sorgfältigen Planung und deren schrittweisen, konsequenten Umsetzung werden aber auf jeden Fall die bestmöglichen Voraussetzungen geschaffen, um Vorteile für alle Beteiligten - Kunden, Partner und fusionierende Unternehmen selbst - zu erzielen und neue Türen aufzustoss.

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