23.06.2005, 10:24 Uhr

Imagepflege via IT

Customer Data Management (CDM) ist eine noch junge Untersparte der IT-basierten Kundenpflege. Durch Kenntnisse über die Auswirkungen der getroffenen Marketingmassnahmen sollen Wettbewerbsfähigkeit und Ergebnis verbessert werden. Schweizer Firmen haben das Potenzial von CDM bisher jedoch nicht entdeckt.
Fpr Entscheide über Investitionen, die die Wettbewerbsfähigkeit steigern sollen, sind Detailkenntnisse über die Auswirkungen von Marketingmassnahmen auf das Unternehmensergebnis eine wesentliche Voraussetzung. Dies gilt besonders für die Hochpreisinsel Schweiz, in die allmählich nicht nur im Detailhandel Billiganbieter wie Aldi und Lidl eindringen. Um unter den verschärften Wettbewerbsbedingungen zu bestehen, müssen praktisch alle betriebswirtschaftlichen IT-Anwendungen in einem Unternehmen zur Marketingunterstützung herangezogen werden. Das Management der Kundenbeziehungen (Customer Relationship Management; CRM) allein genügt nicht. Eine Schlüsselstellung nimmt der zentralisierte Zugang aller beteiligten Stellen im Unternehmen zu sämtlichen verfügbaren Kundendaten ein.

Rohdaten aus vielen Quellen

Obwohl die Bedeutung zuverlässiger Kundendaten für ein effizientes Marketing längst bekannt ist, bildet Customer Data Management (CDM) erst ein junges Spezialgebiet. Es befasst sich mit der Beschaffung von aktuellen Daten aus verschiedenen externen und internen Quellen. Der Knackpunkt dabei ist der heterogene Charakter solcher Rohdaten, die beispielsweise aus externen Websites, Datenbanken Dritter sowie internen operationellen Anwendungen zusammengesammelt werden. Die Extraktion dieser Daten und ihre Transformation in eine einheitliche Struktur ist komplex, doch die zentralisierte Aufbereitung unerlässlich, sollen aus den Daten aussagekräftige Informationen entstehen.

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Voraussetzung für effizientes CDM ist deshalb ein umfassendes Datenmodell. Seine zentrale Komponente ist der Master-Kunden-Record. Er muss den unterschiedlichen Benutzern eine einheitliche Sicht auf die Kundeninformation ermöglichen, so dass alle analytischen und operationellen Anforderungen abgedeckt werden. Als Voraussetzung dafür muss das Datenmodell auch mit den Reporting- und Business-Intelligence-Anwendungen im Unternehmen kompatibel sein.
Eine zeitgemässe CDM-Lösung erzeugt anhand des Master-Record automatisch und unter Berücksichtigung der Datenquelle und wählbarer Attribute neue Kunden-Records. Dazu können Veränderungen in bestehenden Records anhand eines Audit-Trails zurückverfolgt und verwaltet werden. Die CDM-Lösungsarchitektur sollte im Echtzeitbetrieb gefahren werden können, und sie muss den IT-Governance-Ansprüchen des Unternehmens hinsichtlich Verfügbarkeit, Datenqualität und Sicherheit genügen. Demzufolge müssen an eine solche CDM-Lösung wesentlich höhere Ansprüche als beispielsweise an ein konventionelles Data Warehouse oder einen Data Mart gestellt werden. Die Lösung muss Kundendaten im Onlinebetrieb automatisch sammeln und konsolidieren. Dazu ist die Virtualisierung der entsprechenden Datenbanken, die durchaus logisch und geografisch verteilt sein können, nötig. Die CDM-Lösung bildet das zentrale Repositorium für aktuelle, vertrauenswürdige und umfassende Kundeninformation für alle Stellen im Unternehmen. Erste Standardprodukte bieten die Hersteller heute bereits an, beispielsweise Oracle mir ihrem Customer Data Hub.

Analytisch und operationell

Analytisches Marketing unterstützt die laufende Kontrolle des Marketingaufwandes und ermöglicht die Nachkalkulation von Kampagnen. Zudem liefern seine Resultate Unterstützung bei der Planung und Vorbereitung von Marketingkampagnen. In einer Studie der Beratungsfirma Accenture, die Unternehmen nach ihrem Marketingaufwand befragte, zeigte sich, dass erst wenige in der Lage sind, das wichtigste Ergebnis ihrer stark ansteigenden Marketingkosten zu messen, den Return on Investment (ROI). Diese Unternehmen setzen Methoden des analytischen Marketings ein.
Effizientes analytisches Marketing, das die laufende Auswertung von in Echtzeit fortgeschriebenen Kundendatenbeständen nutzt, kann sowohl die Wirksamkeit von Marketingprojekten zuverlässig messen als auch den dafür notwendigen Zeitraum dramatisch verkürzen. Viele der auf dem Weltmarkt führenden Firmen, in der Schweiz vor allem Finanzdienstleister, grosse Detailhändler und Pharmakonzerne, nutzen zwar seit langem IT-Technologien wie Data Warehousing und Data Mining für ihr Marketing. Die Integration aller verfügbaren Kundendaten ist indessen meistens erst mangelhaft gelöst. Bezeichnenderweise sind zum Thema analytisches Marketing aus der Schweiz keine Informationen zu erhalten.

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Operationelles Marketing, die Ergänzung des analytischen Marketings, wird oft mit CRM gleichgesetzt, denn es umfasst alle Aktivitäten, die sich auf die Interaktion mit den Kunden beziehen. Eine CDM-Lösung ist die Schlüsselkomponente auch für diesen Marketingbereich, denn die Möglichkeit zum direkten Kundenkontakt über verschiedenartige Kanäle ist für eine positive Kundenreaktion oft entscheidend. Anbieter, wie etwa das auf ursprünglich nur auf CRM-Lösungen spezialisierte Softwarehaus Siebel, haben das Portfolio ihrer Beratungsdienstleistungen deshalb auf den gesamten operationellen Marketingbereich erweitert.
Die innovativsten Unternehmen nutzen die Ergebnisse des analytischen Marketings zur Entwicklung unterschiedlich personalisierter Kampagnen. Je nach der Grösse der Kundenbasis und deren Struktur sowie dem Produktangebot des Unternehmens kann operationelles Marketing die Ansprache von einzelnen Kundensegmenten, -gruppen oder auch individuellen Kunden bedeuten. Sehr häufig ist die Effi-zienz der Marketingmassnahmen davon abhängig, dass diese auf Echtzeit-analyse und unmittel-barem Zugriff auf die be-treffenden Kundendaten durch jene Anwender beruhen, welche die Massnahmen auslösen. Nur wenn aktuellste Daten verfügbar sind, lassen sich Kundenbegegnungen als wirkungsvolle und überzeugende Dialoge gestalten.
Ein Beispiel dafür ist die Website von Amazon. Ruft ein bestehender Kunde die Website auf, werden online die aktuellsten CRM-Ergebnisse sowohl über diesen Kunden als auch sein Kaufverhalten eingespeist. Beispielsweise erfolgt eine spezifische Auswahl der angebotenen Bücher mit deren Bewertung durch andere Kunden mit ähnlichem Profil.

Kreatives Marketing

Die Zahl der Kundenkanäle ist durch die Verbreitung elektronischer Medien stark gewachsen, und damit ebenso die Notwendigkeit kreativer Marketinganstrengungen. Die Kunden sollen ihre Begegnungen mit dem Unternehmen und dessen Produkten oder Dienstleistungen als von positiver Stimmung getragen und konsistent empfinden, dieses Ziel ist emotional betont.

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Hier wurde in der Vergangenheit viel gesündigt. Aufgrund des Zeitdrucks der Implementation von CRM-Massnahmen und der dafür erforderlichen Anpassung der IT-Infrastruktur wurde die visuelle und sprachliche Gestaltung solcher Massnahmen oft schnell und unzureichend durchgepaukt, sie erfolgte gar oft in fragmentierter oder fast zufälliger Weise. Dass es dank den elektronischen Medien so einfach geworden ist, eine Vielzahl unterschiedlicher Botschaften an Kunden zu richten - angefangen von ganzen Werbekampagnen bis hinunter zur Gestaltung von Kundendienst-Skripten -, verursachte vielfach unkoordinierte Kundenansprachen über die unterschiedlichen Kanäle. Die Kunden wurden dadurch mehr irritiert als informiert, und das Image der Marke mehr vernebelt denn akzentuiert.
Kein Zweig des Produktions- und Dienstleistungsbereichs ist heutzutage noch von IT-Anwendungen unabhängig. Vielfältige betriebswirtschaftliche Anwendungen (Enterprise Resource Planning; ERP) sind für die spezifischen Bedürfnisse praktisch aller Branchen verfügbar, und zwar sowohl für Konzerne als auch - allerdings mit Einschränkungen - für KMU-Betriebe. Das Funktionieren dieser Anwendungen beruht auf der Integration der entsprechenden Anwendungmodule sowie der zugehörigen Datenbanken. Es erstaunt, dass bisher im Marketingbereich diese Applikationen erst punktuell und auch kaum in integrierter Form eingesetzt werden. Von der Führungsetage wird angesichts der Globalisierung sehr hart gewordenen Konkurrenz Risikobereitschaft und eben auch optimales Marketing verlangt. Manager, und insbesondere Marketingmanager, die bloss in ihren Unternehmen mitschwimmen und nicht das ganze Potenzial der Informationstechnologie nutzen, werden längerfristig nicht überleben.
Gregor Henger, Catharina Bujnoch



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