10.02.2006, 20:13 Uhr

Internet- und E-Mail-Nutzung am Arbeitsplatz (Teil 2)

Zur betrieblichen Regelung von Surfen und E-Mailen am Arbeitsplatz.
Der Arbeitgeber kann die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz aufgrund seines Weisungsrechts (Art. 321d OR) einschränken oder auch verbieten. Kann er auch ein absolutes Verbot erlassen? Dazu teilen sich die Meinungen; ein Gerichtsurteil gibt es noch nicht. Vernünftigerweise muss ein Arbeitnehmer persönliche, wichtige, nicht verschiebbare Angelegenheiten zumindest während der Arbeitspausen via Internet erledigen können, was auch für die Nutzung des Geschäftstelefons gilt. Dies ergibt sich aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (Art. 328 OR), die ihre Grenze am Persönlichkeitsschutz findet: Dem Mitarbeiter muss es gestattet sein, eine Behörde zu Bürozeiten zu kontaktieren. Auch muss der Arbeitgeber - gestützt auf Art. 329 Abs. 3 OR - seinem Angestellten grundsätzlich die üblichen freien Stunden und Tage gewähren, um dringliche persönliche Anliegen zu erledigen. Im Übrigen kann ein Betrieb unmöglich den Empfang privater E-Mails verbieten, weil die Mitarbeitenden gar keinen Einfluss auf den Erhalt haben.
Oftmals existieren aber gar keine Vorschriften betreffend Surfen oder E-Mailen. Was darf ein Arbeitnehmer, wenn es keine Anordnungen gibt? Grundsätzlich ist in solchen Fällen die geschäftliche Nutzung in jeder Form erlaubt, die private jedoch nur in geringfügigem Rahmen. Geringfügig heisst: in massvollem zeitlichem Rahmen ohne Überschreitung der Kosten und in Beachtung der Sicherheit sowie Legalität (Christof Holenstein: Die Benutzung von elektronischen Kommunikationsmitteln [Internet und Intranet] im Arbeitsverhältnis, Stämpfli Verlag AG Bern 2002, Seite 82). Dass die Arbeitspflicht in jedem Fall Vorrang hat, versteht sich von selbst.
Die Regelung der Nutzung von Internet und E-Mail empfiehlt sich jedem Betrieb. Inhalt eines solchen Reglements: Sicherheitsbestimmungen, Regelung der geschäftlichen sowie der privaten Nutzung. Unter Sicherheitsbestimmungen verstehen sich etwa technische Schutzmassnahmen wie Passwort, Virenschutz und Umgang mit sensiblen Daten. Die geschäftliche Nutzung umfasst die Festlegung der abrufbaren Anwenderdienste und Regelung des E-Mail-Verkehrs wie die Signatur, Umgang mit vertraulichen Daten und Archivierung. Unter privater Nutzung werden zeitliche Dauer, Zeitpunkt (etwa während Pausen), zugelassene Anwenderdienste (keine pornografischen Websites), erlaubte Datenmenge, Umgang mit Attachments, Kennzeichnung als privates E-Mail und Benützung einer privaten E-Mail-Adresse geregelt (siehe Musterreglement in Anhang C des Leitfadens des Eidg. Datenschutzbeauftragten über Internet- und E-Mail-Überwachung am Arbeitsplatz).
Im Berufsalltag interessiert stets wieder die Frage, was mit den persönlichen Daten eines ausgetretenen Mitarbeiters passiert. Prinzipiell hat der ausscheidende Mitarbeiter analog der Räumung seines Arbeitsplatzes auch seinen PC zu «räumen», das heisst alle privaten E-Mails zu löschen, gefolgt von der Löschung der persönlichen Daten auf dem Server durch den betrieblichen Administrator. War die private Internetnutzung erlaubt, so müssen nach Austritt eintreffende private E-Mails genau so weitergeleitet werden wie etwa persönlich adressierte Briefe (Art. 4 Datenschutzgesetz, DSG). Es empfiehlt sich deshalb aus Datenschutzgründen, die E-Mail-Adresse des Ausgetretenen zu löschen und eine automatische Antwort zu generieren, dass die Adresse hinfällig sei (siehe auch Leitfaden des Eidg. Datenschutzbeauftragten, Ziff. 8.5.2.2, a.a.O.). Wichtig: Der neu eintretende Mitarbeiter darf nicht durch denselben Account wie der seines Vorgängers auf dessen Personendaten zugreifen können.
Wie wehrt sich ein Mitarbeiter gegen eine Überkontrolle seines Arbeitgebers? Er kann sich auf seine Persönlichkeitsrechte stützen (Art. 328 OR, Art. 28 ZGB), falls die Geheim- und Privatsphäre verletzt wird. Gegen unerlaubte personenbezogene Datenauswertung hilft ihm der Datenschutz (Art. 15 DSG). In beiden Fällen kann die Widerrechtlichkeit einer Persönlichkeitsverletzung gerichtlich festgestellt und - so beweisbar - Schadenersatz verlangt werden. Das Arbeitsgesetz (Art. 26 Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz, ArGV 3) gibt dem betroffenen Arbeitnehmer die Möglichkeit, im Fall eines unzulässig eingesetzten Überwachungssystems bei der zuständigen Behörde eine Anzeige zu erstatten.
Wie behilft sich der Arbeitgeber bei Missbrauch? Möglich sind etwa Verwarnung (Abmahnung), Sperrung des Internetzugangs, Entlassung (unter Umständen eine fristlose Entlassung), Schadenersatz. Aber: die Pflichtverletzung muss vom Arbeitgeber bewiesen werden. Besteht der Verdacht auf eine strafbare Handlung, so kann eine Anzeige erwogen werden.



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