17.10.2011, 11:16 Uhr

Staatstrojaner wurde vom Bund vier Mal eingesetzt

In der «Affäre» rund um den Staatstrojaner kommen immer mehr Details ans Licht. Inzwischen fordert die nationalrätliche Rechtskommission einen Einsatzstopp
Staatsrojaner: Immer mehr Details kommen ans Licht.
Über das Wochenende kamen immer mehr Details über den Einsatz des Staatstrojaners in der Schweiz an Licht. So bestätigte EJPD-Sprecher Guido Balmer gegenüber dem Nachrichtenmagazin «10vor10», dass der Trojaner in insgesamt vier Fällen eingesetzt wurde. Es handelte sich bei drei Fällen um Terrorismusverdacht und bei einem Fall um organisierte Kriminalität. Weiter sagte Balmer, dass der Trojaner einzig zur Überwachung und Aufzeichnung von verschlüsselter Kommunikation eingesetzt wurde. Durchsuchungen von Computern wurde mit der Software nicht vorgenommen. Gegenüber der Zeitung «NZZ» liess die bekannte 54-jährige Zürcher Linksaktivistin Andrea Stauffacher via ihren Anwalt ausrichten, dass sie Opfer eines solchen Trojanereinsatzes wurde. Der Bericht wurde von der zuständigen Behörde jedoch nicht bestätigt. Gegen Stauffacher läuft ein Prozess wegen Verdachts auf mehrfache Gefährdung durch Sprengstoffe in verbrecherischer Absicht, Brandstiftung, Sachbeschädigung, Aufbewahren von Sprengmitteln und Erwerb von Waffen. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Auch Kantone setzen Staatstrojaner ein

Kantone setzen ebenfalls Trojaner ein

Offiziell und mit genauen Zahlen hat somit erst der Bund bzw. die Bundesstrafbehörden den Trojanereinsatz bestätigt. Was genau in den Kantonen geschehen ist, wird wohl erst in den nächsten Wochen aufgedeckt werden, wenn überhaupt.  Gemäss Recherchen von 20min.ch hat die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich ein Trojaner eingesetzt. Bei diesem Fall handelte es sich um Drogenhandel im grossen Stil, wie Oberstaatsanwalt Martin Bürgisser gegenüber dem Newsportal ausführte. Auch im Kanton Waadt wurde ein Trojaner eingesetzt, um einen Pädophilen zu überführen. Der stellvertretende Waadtländer Staatsanwalt, Jean Treccani sprach gegenüber der Zeitung «La Liberté» von einem einmaligem Ereignis im Jahr 2011. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Verbot gefordert

Via PDF eingeschleust?

Auch über den Angriffsvektor verhärten sich die Vermutungen. Laut einem Sprecher des Chaos Computer Club, ist der Trojaner der Firma DigiTask mit einem präparierten PDF in die Zielcomputer gepflanzt worden. Dies schreibt das Newsportal der Tagesschau. PDF-Anhänge erfreuen sich grosser Beliebtheit zur Einschleusung von Schadsoftware, da die Adobe-Reader-Software Sicherheitsmängel beinhalte.

Rechtskommission will Verbot

Der Zürcher Nationalrat und Rechtsanwalt Daniel Vischer (Grüne) äusserte sich kritisch gegenüber dem Einsatz und sagte gegenüber «10vor10», dass in der Rechtskommission des Nationalrats ein Antrag zur Aussetzung des Trojanereinsatzes gestellt wurde, bis die Sachlage juristisch geklärt ist. Die Kommission wird an der Sitzung vom 10./11. November darüber beraten. Der Antrag wurde von SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger-Oberholzer eingereicht. Wie wir schon letzte Woche geschrieben haben, ist der Einsatz von Trojanersoftware unter Berücksichtigung des Legalitätsprinzip der Strafverfolgungsbehörden heikel, weil in keinem Gesetz genau geregelt ist, wie die Software eingesetzt und was für Daten sie genau sammeln darf.



Das könnte Sie auch interessieren