Digitalisierung, Start-ups, Weiterbildung 09.04.2018, 17:00 Uhr

«Die Schweizer Wirtschaft hat die Chancen erkannt»

Die digitale Transformation bestimmt die Agenda Schweizer Unternehmen. Wie es um den digitalen Reifegrad unserer Wirtschaft steht, wo noch Potenziale schlummern und wie sich diese bergen lassen, erklärt Bundesrat Johann Schneider-Ammann im Interview.
Johann Schneider-Ammann: «Die Digitalisierung ist sehr komplex und wirft viele Fragen auf. Diese können wir nur gemeinsam mit allen Akteuren beantworten»
(Quelle: Beatrice Devenes)
Seit einigen Jahren diskutieren Exponenten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft über die Chancen und Risiken der digitalen Transformation. Viele Unternehmen arbeiten an konkreten Projekten. Doch wo steht die Schweizer Wirtschaft wirklich? Zeit für eine Standortbestimmung mit Bundesrat Johann Schneider-Ammann.
Computerworld: Seit einigen Jahren wird in der Schweiz über die digitale Transformation diskutiert. Wo steht die Schweizer Wirtschaft heute?
Johann Schneider-Ammann: Die Schweizer Wirtschaft hat die Chancen erkannt und engagiert sich, um die digitale Transformation mitzugestalten – und um damit an der Spitze zu sein. Ich bin sehr stolz, wenn ich bei vielen Besuchen und in Gesprächen erlebe, wie engagiert unsere Unternehmen sind. Viele von ihnen erfinden sich sowie ihre Produkte und Dienstleistungen gerade neu. Hierbei zeigt sich, dass gerade für Kleinunternehmen die grundlegenden, auch mit grossen Investitionen verbundenen Umstellungen nicht einfach sind. Andererseits sind KMU noch flexibler als grosse – und häufig sehr innovativ. Ich bin optimistisch, dass es einem grossen Teil unserer Wirtschaft gelingt, sich den Herausforderungen der Digitalisierung zu stellen und somit ihre Zukunft zu sichern.
CW: Wie hoch ist der Digitalisierungsgrad der Schweizer Wirtschaft im internationalen Vergleich?
Schneider-Ammann: Quantitativ lässt sich das kaum solide ausdrücken. Ich ziehe zwei Quellen heran für meine Aussage: Wir sind ziemlich gut unterwegs. Die erste ist unser Staatssekretariat für Wirtschaft. Es hat in zwei Berichten, die auch auf externen Studien basieren, dargelegt, dass die Schweiz eine sehr gute Ausgangslage hat. Zweitens hat ICT-Switzerland in Zusammenarbeit mit vielen engagierten Verbänden und Einzelpersonen das Monitoring «digital.swiss» auf die Beine gestellt. Es zeigt in verschiedenen Bereichen auf, wie weit die Schweiz in diversen Feldern der Digitalisierung ist. Viele unserer Unternehmen haben sich innerhalb weniger Jahren stark gewandelt, sind vom Produzenten von Industriegütern dank Sensoren und Internetplattformen zu integrierten Dienstleistern geworden. Da sind wir ganz vorne dabei!
CW: Gemäss einer Studie der UBS hat sich die Digitalisierung noch nicht auf die Wirtschaft ausgewirkt. Zu einem vergleichbaren Schluss kam bereits Avenir Suisse vor zwei Jahren. Ist die Digitalisierung nur ein Hype? Viel Gerede um nichts?
Schneider-Ammann: Ich kenne diese Studien nicht, aber die Digitalisierung schlägt in verschiedenen Branchen durch, also sowohl in der Industrie und im verarbeitenden Gewerbe als auch in den Dienstleistungsbranchen. Das kann man klar beobachten. Konkrete Beispiele in der Industrie habe ich ja eben schon genannt. Schauen Sie sich auch zum Beispiel den Standort Zürich an: Internationale Digitalkonzerne haben sich dort niedergelassen und wachsen rasant. Fintech-Start-ups dringen ins klassische Bankengeschäft vor. Die Versicherungsbranche wird mit Blockchain-Technologien stark herausgefordert. Klar, der Niederschlag auf die Produktivität ist unterschiedlich und im Dienstleistungsbereich auch nur schwer messbar. Aber die Schweizer Industrie steht im langfristigen Vergleich international sehr gut da. Immerhin produziert sie 30 bis 40 Prozent mehr als im Jahr 2000.

Bremsklötze bei der Digitalisierung

CW: Welches sind aktuell die grössten Bremsklötze bei der Digitalisierung der Schweizer Wirtschaft?
Schneider-Ammann: Man darf nicht vergessen: Auch digitale Investitionen kosten etwas. Jedes Unternehmen muss daher entscheiden, ob sich eine Digitalisierung seiner Prozesse wirtschaftlich lohnt. Das ist sicher noch nicht überall der Fall. Klar ist, dass die Rahmenbedingungen stimmen müssen. Hier ist der Staat gefordert. Einerseits durch eine liberale Wirtschaftspolitik, andererseits müssen wir auch im Kontakt mit den Bürgern und Unternehmen digital fit sein. Hier sind wir noch nicht ganz so weit, dass man ausschliesslich digital mit dem Staat kommunizieren kann.
CW: Woran liegt das?
Schneider-Ammann: Teilweise hat das mit unserem Föderalismus zu tun – es braucht viel Zeit, um Informatiksysteme auf allen Ebenen abzustimmen.
Bundesrat Johann Schneider-Ammann: «Man darf nicht vergessen: Auch digitale Investitionen kosten etwas. Jedes Unternehmen muss daher entscheiden, ob sich eine Digitalisierung seiner Prozesse wirtschaftlich lohnt»
Quelle: Beatrice Devenes
CW: Wie wollen Sie Bremsklötze entfernen?
Schneider-Ammann: Ich will jedenfalls nicht den Föderalismus abschaffen. Das grösste Problem ist wahrscheinlich, unsere Prozesse neu zu überdenken.
CW: Inwiefern? Was muss getan werden?
Schneider-Ammann: Zu oft soll die Informatik die bestehenden Abläufe widerspiegeln, statt die Abläufe an die neuen Möglichkeiten, welche die Maschinen und Plattformen bieten, anzupassen. Hinzu kommt, dass der Staat viel mehr Rechenschaft ablegen muss als die Privatwirtschaft. Wenn der Bund ein Informatikprojekt in den Sand setzt – was natürlich nicht passieren sollte –, gibt es monate- sogar jahrelange administrative und parlamentarische Untersuchungen. In der Privatwirtschaft werden die Verantwortlichen gefeuert und es gibt einen schmerzhaften Abschreiber. Und dann ist man wieder ready for business …
CW: Die Privatunternehmen bemängeln oft die Bürokratie. Inwieweit kann das im November gestartete Portal Easy-Gov zum Bürokratieabbau beitragen?
Schneider-Ammann: Als ich Unternehmer war, brauchte ich für ein Projekt 13 Bewilligungen von 13 verschiedenen Behörden. Das dauerte 13 Monate. Das war für meine mittelgrosse Firma schon ein enormes Ärgernis. Für einen kleinen Betrieb mit einer Handvoll Angestellten ist es aber noch viel schlimmer.
CW: Was kann die E-Gov-Lösung hier verbessern?
Schneider-Ammann: Mit E-Government können wir die Behördengänge bündeln – statt mehrerer realer, gibt es einen einzigen Onlineschalter, der zudem noch Tag und Nacht sowie das ganze Jahr geöffnet ist. Wir können die Daten vernetzen – ein Zugang statt zehn Formulare. Zudem verschmelzen Staatsebenen – ein Schalter bietet dem Kunden Zugang gleichzeitig bei Bund, Kanton und Gemeinde. Hierbei wird aber der Föderalismus bewahrt. Das bringt echte Erleichterung für die Unternehmen und spart Kosten.

Start-ups im Fokus

CW: Wie sieht es mit der nächsten Generation von Unternehmern aus? Sie wollen ja Start-ups stärker fördern, unter anderem mit der Initiative Swiss Entrepreneurs Foundation. Hierfür kamen bereits 300 Millionen Franken zusammen. Inwieweit kann der Fonds helfen, die Schweizer Start-up-Szene zu fördern?
Schneider-Ammann: Es gibt in der Schweiz genug «Seed Money», um Start-ups ins Leben zu rufen. Dadurch können sie an ihrem Projekt und Businessplan arbeiten. Was in der Schweiz aber wirklich fehlt, sind höhere Millionenbeträge, um die Start-ups später durch das sogenannte «Death Valley» zu führen. Das kommt dann, wenn die Idee zur Marktreife gebracht werden muss. Viele haben nach dem Staat gerufen. Das wollen wir nicht. Die Swiss Entrepreneurs Foundation wird daher ausschliesslich privat finanziert werden. Ich freue mich aber, als Schirmherr mitzuhelfen, das Projekt anzuschieben.
CW: Welche ergänzenden Massnahmen gibt es?
Schneider-Ammann: Neben dem Fonds für Start-ups wird eine Stiftung sich für noch bessere Rahmenbedingungen für Jungunternehmen einsetzen. Der Start im ersten Quartal 2018 wird derzeit intensiv vorbereitet. Ich hoffe, dass wir bald erste Erfolge feiern dürfen.
CW: Welche Bedeutung haben Start-ups für unsere Ökonomie?
Schneider-Ammann: Ich sehe drei wichtige Rollen. Erstens sind sie die Zukunft unserer Wirtschaft. Ich hoffe doch sehr, dass einige gute Unternehmen der Start-up-Kultur entwachsen und dazu beitragen werden, Wohlstand und Arbeitsplätze zu sichern. Zweitens sind Start-ups höchst innovativ. Damit liefern sie der arrivierten Wirtschaft ständig neuen Sauerstoff. Drittens sehe ich Start-ups als Ausbildungszentren für Jungunternehmer. Wo gibt es sonst noch solche guten Möglichkeiten, um ganz konkret, schon in jungen Jahren, Erfahrungen zu sammeln, was es bedeutet, Entrepreneur zu sein und eine Firma zu führen. Auch wenn viele Start-ups scheitern – die Erfahrungen werden bleiben und die weitere Karriere nähren. Das Wichtigste ist, wieder aufzustehen, wenn man einmal gestürzt ist. Die nächste Chance kommt sicher schon bald.

Austausch in Sachen Digitalisierung fördern

CW: Gemeinsam mit Bundesrätin Doris Leuthard haben Sie den «Beirat Digitale Transformation» ins Leben gerufen. Was kann der Beirat für die Digitalisierung der Wirtschaft leisten?
Schneider-Ammann: Der Bundesrat verabschiedete im April 2016 die Strategie «Digitale Schweiz». Derzeit sind in vielerlei Bereichen Arbeiten im Gang. Der Beirat soll den Austausch zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zu wichtigen Fragen der Digitalisierung stärken. Bisher fehlte ein solches Gefäss auf politischer Stufe. Wir wollen Entwicklungen der digitalen Transformation frühzeitig erkennen, diskutieren und Ideen aus der Praxis aufnehmen. Der Bundesrat will und muss nahe an der «Front» sein – dort, wo sich die Digitalisierung abspielt. Damit ist auch sichergestellt, dass er praxisnahe Entscheide trifft.
CW: Was hat sich seit der konstituierenden Sitzung im Sommer dieses Jahres getan?
Schneider-Ammann: An der ersten Sitzung haben Mitglieder die entscheidenden Themen vorgestellt, die ihrer Ansicht nach angegangen werden müssen, um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Darauf basierend wurden die zentralen Bereiche für den Austausch des Beirats fest­gelegt. Es geht um Fragen wie Gewinnung von Talenten, Schaffen von Clustern, Infrastruktur- und Datenfragen, Cyber Security oder Regulierungspolitik.
“Der Beirat soll den Austausch zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zu wichtigen Fragen der Digitalisierung stärken.„
Bundesrat Johann Schneider-Ammann
CW: Wie sehen die nächsten Schritte aus?
Schneider-Ammann: Der Beirat wird seine Tätigkeit im nächsten Jahr fortsetzen. Daneben ist mein Departement in verschiedenen Feldern aktiv. Im Nachgang zu zwei Berichten des SECO prüfen wir beispielsweise eine Flexibilisierung bei den Sozialversicherungen, um Antworten auf die Entwicklung zu sogenannten «Plattformjobs» zu finden.
CW: In dem Gremium sitzen zahlreiche Wirtschaftsvertreter. Das erweckt den Eindruck, als würden Unternehmen direkten Einfluss auf die Digitalpolitik der Schweiz nehmen. Inwieweit stimmt dieser Eindruck?
Schneider-Ammann: Wie ich sagte, will der Bundesrat wissen, was zum Beispiel in der Wirtschaft bezüglich Digitalisierung tagtäglich läuft. Insofern erwarten wir von den Mitgliedern – alles bedeutende Akteure in diesem Bereich – entsprechende Inputs. Die Digitalisierung ist sehr komplex und wirft viele Fragen auf. Diese können wir nur gemeinsam mit allen Akteuren lösen. Der Beirat Digitale Transformation soll dazu beitragen, die nötigen Erkenntnisse zu sammeln und zu analysieren. Das ändert nichts daran, dass es die politischen Instanzen sind, welche die wirtschaftspolitischen Entscheide treffen.
CW: Im Beirat fehlen die grossen ICT-Organisationen der Schweiz wie ICTswitzerland, SwissICT, Asut oder der Branchenverband Swico. Weshalb?
Schneider-Ammann: Wir haben bewusst primär Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen und zum Beispiel Bildungsinstitutionen eingeladen – und keine Exponenten von Verbänden.
CW: Ohne die technische Infrastruktur ist die digitale Transformation der Schweizer Wirtschaft nicht möglich. Wie arbeiten Sie hierfür mit dem Departement von Frau Leuthard zusammen?
Schneider-Ammann: Die Zusammenarbeit mit dem UVEK funktioniert gut. Der Beirat ist ein Beispiel dafür. Wir stimmen uns auch sonst eng ab. Die Infrastrukturen in der Schweiz sind exzellent, das wird allgemein anerkannt. Der WEF Global Competitivness Index zeigt, dass die Schweiz in der Telekommunikation auf dem dritten Platz steht (hinter Hongkong und Luxemburg). Die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und der Swisscom ist positiv: Der Grundversorgungsauftrag wird mit der nötigen unternehmerischen Flexibilität umgesetzt.

Bildung in Zeiten der Digitalisierung

CW: Die digitale Transformation wird auch neue Berufe hervorbringen. Einige der aktuellen Berufsbilder werden hingegen verschwinden. Was kann Ihr Departement dazu beitragen, die Umwälzungen im Arbeitsmarkt abzumildern?
Schneider-Ammann: Der Bundesrat ist dieser Frage im Juli nachgegangen und hat seinen «Aktionsplan Digitalisierung im BFI-Bereich in den Jahren 2019 und 2020» veröffentlicht. Im Bildungsbereich sieht der Aktionsplan die verstärkte Förderung in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) vor. Wir wollen auch die Berufsbildung flexibilisieren.
CW: Was haben Sie hier geplant?
Schneider-Ammann: Die Bildungsangebote sollen rascher angepasst werden. Zudem geht es darum, dass die Beschäftigten den digitalen Anforderungen der Arbeitswelt gewachsen sind. Das heisst: bessere Weiterbildung.
Bundesrat Johann Schneider-Ammann: «Was wir wirklich noch nicht wissen, ist, welche Berufe es in der Zukunft geben wird. Viele werden wahrscheinlich gerade jetzt erfunden»
Quelle: Beatrice Devenes
CW: Ab Januar 2018 können Unternehmen Subventionen für die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter in Sachen IT-Kompetenzen beantragen. Welches Potenzial sehen Sie hierfür?
Schneider-Ammann: Ich erwarte einen deutlichen Schub durch unsere Massnahmen. Ich hoffe, dass viele Firmen, mit oder ohne Unterstützung, alles daransetzen, um ihre Mitarbeitenden für unsere digitale Zukunft fit zu machen. Ich erwarte auch von den Angestellten, dass sie sich bereit zeigen, neue Herausforderungen anzunehmen. Nur zusammen können wir diese meistern.
CW: Die OECD sieht die Schweiz bei der Digitalisierung gut aufgestellt, moniert allerdings, dass unser Land bei der Bildung Nachholbedarf habe. Was braucht es, um im Bereich Bildung vorwärtszumachen?
Schneider-Ammann: Die OECD attestiert der Schweiz einen im internationalen Vergleich überdurchschnittlichen Leistungsausweis dank unseres dualen Berufsbildungssystems. Aber die Digitalisierung ist eine Herausforderung. Zudem müssen wir auch unser Bildungssystem entsprechend anpassen. Wie gesagt: Wir haben im Juli unseren Aktionsplan gestartet. Ich hoffe auch immer noch auf zusätzliches Geld, um diese Pläne zu fördern.
CW: Inwieweit könnte durch die Folgen der digitalen Transformation das bedingungslose Grundeinkommen wieder ein Thema werden? Müssen wir unser Wirtschaftssystem überdenken?
Schneider-Ammann: Bisher hat die Schweiz noch jeden Strukturwandel erfolgreich gemeistert. So haben unsere Firmen in den letzten 20 Jahren fast 900'000 neue Jobs geschaffen. Zudem müssen Sie sich vorstellen, was mit der präventiven Einführung eines bedingungslosen Grund­einkommens passieren würde: riesige Kosten, Senkung der Produktivität, Bürokratie, etc. Das Schweizer Volk hat schon einmal über ein solches Projekt abgestimmt und hat klar Nein gesagt.
CW: Aber durch die Umwälzungen werden auch Arbeitsplätze verschwinden.
Schneider-Ammann: Die Angst der Massenarbeitslosigkeit geistert jedes Mal herum, wenn grössere Veränderungen in der Wirtschaft bevorstehen. Wir haben zwar gewisse Vorstellungen, welche Berufe verschwinden könnten, aber wir wissen noch gar nicht, wie schnell und in welchem Ausmass. Aber was wir wirklich noch nicht wissen, ist, welche Berufe es tatsächlich in der Zukunft geben wird. Viele werden wahrscheinlich gerade jetzt erfunden. Da gibt es nur ein gutes Rezept: Bildung und Weiterbildung.

Unterstützung aus dem Parlament

CW: Mit den letzten Wahlen eroberten mehrere Vertreter aus der ICT-Branche Sitze im Parlament. Inwieweit hilft Ihnen diese Entwicklung?
Schneider-Ammann: Es ist klar, dass Politikerinnen und Politiker wie Ständerat Ruedi Noser oder die Nationalräte Marcel Dobler, Franz Grüter und Nationalrätin Jacqueline Badran unserem Parlament guttun. Sie bringen enorm viel Erfahrung aus der IT-Branche und Wissen über die Digitalisierung mit. Zudem sind sie auch noch Unternehmer, was ich als Liberaler nur begrüssen kann. Wir brauchen solche Leute, wenn wir den Wohlstand und die Zukunft unseres Landes sichern wollen. Sie geniessen grossen Respekt und setzen sich ein: Das hilft mir sehr, die Interessen unserer Wirtschaft in unserer Regierung zu vertreten.
CW: Welche Erwartungen haben Sie im Gegenzug an die Wirtschaft, damit wir digitale Transformation meistern können?
Schneider-Ammann: Sie muss innovativ sein, die Digitalisierung anpacken sowie Mitarbeiter begeistern und mitreissen. Nur so können wir unseren Wohlstand und unsere Arbeitsplätze auch in Zukunft sichern und Perspektiven schaffen. Aber die Unternehmen sollten sich auch in unserem Land engagieren und uns helfen, die Rahmen­bedingungen mitzugestalten. Sie müssen viel besser erklären, wo der Schuh drückt, was sie brauchen und warum sie eine Entscheidung fällen, damit die Bevölkerung verstehen kann, worum es geht. Nur so kann die Politik Lösungen fördern, die auch den Unternehmen helfen.
CW: Sie eröffneten Anfang Jahr das World Wide Web Forum in Zürich. Das Thema lautete «Das Ende der Nationen». Es ging dabei um internationale Digitalunternehmen, die staatliche Hoheitsansprüche infrage stellen. Wie bewerten Sie als Politiker diese Entwicklung?
Schneider-Ammann: Der Tod der Nationalstaaten ist schon viele Male eingeläutet worden. Der Staat hat sich aber immer als überlebensfähiger erwiesen als angenommen. Ich bin überzeugt, dass der Nationalstaat auch in Zukunft seine Berechtigung hat – aber auch er muss sich wandeln in der digitalen Welt. Zudem müssten die Staaten wahrscheinlich viel mehr zusammenarbeiten, um gute Lösungen für die neuen Herausforderungen zu finden. Die Veranstalter haben den Titel ja auch absichtlich provokativ gesetzt. Gewisse Exponenten grosser Digitalkonzerne müssen aber sicher aufpassen: Solche Aussagen bringen die Bürger eher dazu, bei einem stark eingreifenden Nationalstaat Schutz vor der Digitalisierung zu suchen. Genau das wollen wir ja aber nicht: Wir wollen Freiraum statt Verbote und Abschottung. Das gilt für uns als kleines Land mit kleinem Binnenmarkt ganz besonders.
CW: Welche Ziele haben Sie sich für 2018 gesetzt?
Schneider-Ammann: 2018 wollen wir einen grossen Schritt weiterkommen, um die Rahmenbedingungen zur Nutzung der Chancen der Digitalisierung in der Schweiz weiter zu verbessern. Ich will die Finanzierung des Aktionsplans im Bereich Bildung, Forschung und Innovation gesichert wissen. Und die Swiss Entrepreneurs Foundation soll erfolgreich erste Projekte finanzieren.



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