CIO Heilsarmee Schweiz 30.01.2023, 06:33 Uhr

«Nächstenliebe funktioniert auch ohne IT»

Bei der Stiftung Heilsarmee Schweiz dreht sich alles um den Menschen. Auch die IT, wie CIO Mathias Haller sagt. Und doppelt nach: Wenn die PCs ausfallen, könne die Nächstenliebe immer noch weiter wirken.
Mathias Haller zeichnet seit fast zehn Jahren für die IT der Heilsarmee Schweiz verantwortlich
(Quelle: Samuel Trümpy)
Seit 140 Jahren ist die Stiftung Heilsarmee in der Schweiz tätig. Sie ist während dieser Jahre zu einer der grössten Nichtregierungsorganisationen angewachsen – mit fast 2000 Mitarbeitenden an rund 160 Standorten. Die Mehrzahl der Angestellten wollen mit IT versorgt werden. CIO Mathias Haller hat in seiner fast zehnjährigen Amtszeit viel bewegt, wie er im Interview sagt. Unter anderem tragen die «Leitlinien» für die Digitalisierung der Heilsarmee seine Handschrift.
Computerworld: Sie sind der CIO der Stiftung Heilsarmee Schweiz. Wie ist die Informatik Ihrer Organisation aufgestellt?
Mathias Haller: Die Heilsarmee ist eine globale Organisation, die auch eine globale IT-Plattform hat. Früher war unter anderem IBM Notes weltweit im Einsatz und auch das Active Directory war global für die Rechteverwaltung aller User zuständig. Notes ist mittlerweile abgelöst durch Microsoft Office 365.
Abgesehen von der globalen Plattform unterscheiden wir auch in der IT zwischen «unterstützten» und «selbstfinanzierten» Territorien der Heilsarmee. Die Landes­gesellschaften ohne eigene finanzielle Ressourcen werden von der Zentrale in London aus mit einer Corporate IT versorgt. Rund 20 Territorien weltweit sind selbstfinanziert, darunter auch die Schweiz zusammen mit Österreich und Ungarn. Wir können autonom entscheiden, welche Hard- und Software wir einsetzen.
“Die Digitalisierung als Fakt der heutigen Zeit fordert eine Antwort oder Reaktion aller betroffenen Gruppen – auch der Heilsarmee„
Mathias Haller
CW: Entscheiden Sie über den Kauf neuer Computer und des ERP-Systems?
Haller: Im Fall von Hardware ist dies sicher der Fall, beim ERP gibt es diverse Stakeholder, die mitentscheiden. In der Praxis haben wir ein «Digital Board» etabliert, in dem die Entscheidungen abgestimmt und anschliessend gemeinsam getroffen werden. Das Board ist quasi ein Seitenwagen der Geschäftsleitung, in dem digital-affine Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus der Führungs­etage, aber auch aus diversen anderen Geschäftsbereichen versammelt sind. Sie koordinieren alle Entscheide, die für die Digitalisierung der Heilsarmee Schweiz relevant sind und geben der Geschäftsleitung dann Empfehlungen ab – welchen in der Regel auch Folge geleistet wird.
Vor drei Jahren haben wir uns entschieden, das ERP zu ersetzen, da die alte Lösung mit zwei separaten Systemen nicht mehr unseren Bedürfnissen entsprach. Das «Digital Board» war in allen Projektphasen involviert und hat schliesslich auch die Empfehlung abgegeben für den Zuschlag. Den Vertrag mit Microsoft hat letztendlich die Geschäftsleitung unterschrieben, da nur diese in einem solchen Fall zeichnungsberechtig ist.
CW: Betreiben Sie das ERP selbst?
Haller: Wir haben sieben Personen im Team, die sich um den Betrieb der Business Software kümmern. Dazu zählen das ERP und zwei CRM-Systeme – für das Brocki-Retail-Geschäft und für die Spendensammlung.
Daneben sind zwölf Kolleginnen und Kollegen mit dem Betrieb, dem Support und der Wartung der IT-Infrastruktur für die fast 2000 Mitarbeitenden respektive 1500 IT-Benutzenden an 160 Standorten beschäftigt. Sie werden unterstützt von zwei Lernenden.
Zusätzlich arbeiten wir mit mehreren externen Partnern zusammen für Spezialaufgaben. Denn es braucht immer wieder Fachwissen, für das es sich nicht lohnt, eigene Fachleute zu beschäftigen, beispielsweise einen zertifizierten Cisco-Netzwerktechniker. Mit unserem Budget und unserer Infrastruktur könnten wir uns solche Fachkräfte nicht leisten. Und wir könnten sie auch nicht den ganzen Tag beschäftigen. Dann ist es gut, wenn man die Expertise kurz ins Haus holen kann, wenn der Bedarf vorhanden ist.
CW: Das tönt jetzt nach vielen lokalen IT-Systemen. Täuscht der Eindruck?
Haller: Jein. Das CRM für unsere Brockis auf Basis von Microsoft Dynamics 365 ist neben Office 365 und ServiceNow derzeit die einzige Business-Anwendung, die in der Cloud bezogen wird. Für das zweite CRM und das ERP laufen Migrations- beziehungsweise Update-Projekte. Beide Systeme sollen zukünftig ebenfalls aus der Cloud kommen. Dann soll auch die komplette lokale Infrastruktur abgelöst werden.



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