TEST 13.09.2005, 10:26 Uhr

UMTS-Smartphones im Vergleich

Ähnliche Form, unterschiedliches Format: Computerworld hat Motorolas A1000 und Etens M500 auf ihre praxistauglichkeit getestet.
Bei Multimedia-Handys mit Organizer-Funktionen, auch als Smartphones bekannt, kommt es auf die inneren Werte an. Die Funktionsvielfalt und die dafür zu bezahlenden Preise zielen auf Geschäftsanwender. Diese stört es dennoch nicht, wenn ein Gerät wie das Motorola A1000 auch noch gut aussieht. Es basiert auf dem Symbian-Betriebssystem mit der per Stift bedienbaren Benutzeroberfläche UIQ. Technisch ist es am ehesten mit dem bisherigen Smartphone-Platzhirsch P910i von Sony-Ericsson vergleichbar, bringt aber erstmals UMTS mit - also ein echtes Drittgenerations-Smartphone. Daneben wirkt das M500, mit dem der wenig bekannte taiwanesische Hersteller Eten den Schweizer Markt betritt, etwas altbacken, ja geradezu billig. Doch vom äusseren Eindruck sollte man sich nicht täuschen lassen. Denn die beiden Geräte liefern sich ein hartes Kopf-an-Kopf-Rennen. In puncto Gewicht und Grösse sind sie praktisch identisch, doch ansonsten haben wir es mit zwei reichlich unterschiedlichen Charakteren zu tun.

Massanzug und Massenware
Wie von Motorola nicht anders zu erwarten, kommt das A1000 im edlen Designer-Look daher. Der gut verarbeitete und solide wirkende Flachmann erlöst die Anhänger stiftbasierter Smartphones vom Warten auf ein UMTS-fähiges Gerät. Das immerhin zweihundert Franken günstigere Eten M500 sieht daneben wie ein billiges Plastikspielzeug aus, fühlt sich aber dennoch stabil an und ist anständig verarbeitet. Mit UMTS kann es zwar nicht aufwarten, doch es kann anderweitig punkten: Es verfügt über eine Quadband-Antenne und vermag GPRS-Daten-slots zu bündeln. Das Motorola ist auf Triband und lediglich einen GPRS-Daten-slot beschränkt. In Kürze bekommt das Eten ein Brüderchen namens M600, das in einem ansehnlichen schwarzen Gehäuse steckt und zudem über WLAN verfügt.
Bei beiden Geräten sitzt ein teleskopartig ausziehbarer Stift rechts unten im Gehäuse. Das ist ungewohnt und ergonomisch ungünstig, da das Eingabegerät immer zuerst mit den Fingern umgedreht werden muss, bis es einsatzbereit in der Hand liegt. Im Gegensatz zum Stift des A1000, der unangenehm abgeflacht und wegen seiner verchromten Oberfläche rutschig ist, lässt sich mit dem langen, runden Griffel des M500 treffsicher arbeiten. Beide Geräte sind nur wenig grösser und schwerer als normale Handys, verfügen aber über wesentlich grössere Anzeigen. Das Eten zeigt brillante Farben sowie starke Kontraste und ist um einiges heller als das Motorola. Beide Displays taugen unfreiwillig auch als Taschenspiegel, lassen sich aber aufgrund der transflektiven Schicht unter direkter Sonneneinstrahlung noch gut genug ablesen. Einen nicht unwesentlichen Mangel teilen die Testkandidaten mit den meisten anderen Smartphones: Es gibt keine Klappe, welche das Display bei Nichtgebrauch schützt.
Beim Motorola sind die beiden Soft-Buttons ungünstig über dem Bildschirm platziert. Doch das ist immer noch besser als beim Eten, das gar keine hat. Dafür liegen beide Kandidaten in puncto Klangqualität und Empfang auf hohem Niveau gleichauf. Nur die Qualität der Lautsprecher lässt zu wünschen übrig, reicht aber gerade noch für den Freisprech-Betrieb aus.

TEST: UMTS-Smartphones im Vergleich

Keiner der Konkurrenten verfügt über richtige Nummerntasten. Stattdessen werden Telefonnummern via Display eingegeben. Immerhin existieren separate Knöpfe für Anrufannahme und Auflegen. Um die Geräte auch einhändig bedienen zu können, gibt es unter dem Display kleine Joysticks. Obwohl hinreichend präzise, verlangen sie einiges an Fingerfertigkeit, damit die teuren Hightech-Instrumente im rauhen Alltagsbetrieb nicht ständig Bodenkontakt bekommen. Hier hätten wir lieber ein seitliches Drehrädchen gesehen, wie es etwa in Sony-Ericssons P900-Reihe zum Einsatz kommt. Beim Eten ist dafür der Erweiterungsschacht oben frei zugänglich, wohingegen man das Motorola ausschalten und öffnen muss. Zudem schluckt dieses nur Karten im wenig verbreiteten und teuren Trans-Flash-Format, während das Eten auf den etablierten SD-Standard (Secure Digital) setzt.

Unter der Haube
Bis hierhin herrscht Gleichstand, doch jetzt gehts ans Eingemachte. Beide Geräte empfehlen sich als Organizer, zum Websurfen, E-Mailen, Fotografieren, Filmen und Musikhören. Im Einsatz als Agenda liegen beide Geräte auf bescheidenem Niveau gleichauf. Ein Glück für Eten-Besitzer, dass für Windows Mobile leistungsfähige PIM-Anwendungen von Drittanbietern existieren. Die E-Mail-Funktionen sind bei beiden durchaus akzeptabel und genügen für das gelegentliche Abarbeiten von E-Mails. Der Umgang mit SMS und MMS ist bei beiden Geräten sehr gut gelöst. Insbesondere im Vergleich mit herkömmlichen Handys schlagen sie sich hervorragend. Die Kameras schiessen Fotos in einer Qualität, die über dem üblichen Spassbildli-Niveau liegt. Leider kommt dies auf dem Display des Motorola nicht zur Geltung. Selbst ein bunter Blumenstrauss wirkt wie ein Stilleben in Schwarzweiss, monochrom und verwaschen. Auch stört, dass das Auslösegeräusch etwa eine Sekunde vor der Belichtung ertönt. Für UMTS-Videotelefonie verfügt das Gerät über eine zweite, weniger hoch auflösende Linse auf der Vorderseite. Der Video-modus des Eten gefällt wesentlich besser: Er zeigt weniger Artefakte und zeichnet Filmchen von unbeschränkter Länge auf. Warum Motorola nach 60 Sekunden Schluss macht, ist unverständlich.
Das Motorola ist wenigstens in Punkto Laufzeit besser: Bis zu einer Woche durchschnittlichen Betriebs war möglich, bevor es ans Netz musste, gegenüber immer noch guten zwei bis drei Tagen beim Eten. Doch diesen Vorteil erkauft sich der Langläufer mit einem unangenehm langsamen Prozessor. Das A1000 quält seine Besitzerin teilweise mit mehreren Sekunden Wartezeit beim Wechsel zwischen Anwendungen - sogar beim Aufruf der Wähltastatur. Nach dem Einschalten bootet das Gerätchen fast so lang wie ein ausgewachsener PC. Das Eten zeigt, was heute möglich ist: Surfen, Musikhören und Mailen zugleich stellen eher den Benutzer vor Probleme als das Gerät selbst. Dennoch verpufft die Potenz des 400 MHz schnellen Samsung-Prozessors nicht sinnlos. Hat man sich einmal an die gebotene Geschwindigkeit und Responsivität gewöhnt, will man sie nicht mehr missen. Da macht es Spass, die komplette Softwareausstattung des Eten auch wirklich zu nutzen: Backup-Programm, Multimedia-Betrachter und Instant Messenger gehören dazu. Das Motorola verfügt als Dreingabe lediglich über einen Betrachter für Office-Dokumente. Ein Stück weit mag der integrierte, von Opera stammende Webbrowser für die karge Softwaremitgift zu entschädigen, der mehrere Webseiten gleichzeitig lädt und sie für das Smartphone-Display optimiert anzeigt. Vorbildlich ist, dass sich das Eten auf das kommende Windows Mobile 2005 aktualisieren lassen wird. Von solcher Kundenfreundlichkeit sollten sich andere Anbieter eine Scheibe abschneiden.

Fazit
Das Motorola A1000 und das Eten M500 sind kleine, aber komplette Smartphones, die auch anspruchsvollem, professionellem Einsatz gewachsen sind. Ersteres glänzt mit UMTS, langer Laufzeit und ansprechendem Äusserem, schwächelt aber bei der Software und der Rechenleistung. Der Mehrpreis gegenüber dem Eten ist nicht gerechtfertigt. Dieses läuft nicht ganz so lang, aber schneller, und bietet eine Fülle von Anwendungen in ansehnlicher Qualität. Das fehlende UMTS wird durch eine gute GSM/GPRS-Unterstützung teilweise wettgemacht, erst recht, weil sinnvolle UMTS-Anwendungen bislang auf sich warten lassen. Neuling Eten schlägt bereits mit seinem ersten in der Schweiz angebotenen Produkt den etablierten Giganten Motorola. Man darf also auf weitere Neuigkeiten gespannt sein.
Fredy Haag, Christian Fichter



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