20.06.2014, 08:28 Uhr

Raiffeisen und Avaloq gründen IT-Firma

Raiffeisen gründet mit Avaloq ein Technologieunternehmen. Damit soll endlich eine Lösung für das Front-End-Problem der Bankengruppe gefunden werden.
Die Raiffeisen Gruppe gründet gemeinsam mit Avaloq ein Technologieunternehmen
Die Raiffeisen-Gruppe gründet mit Bankensoftwarehersteller Avaloq ein gemeinsames Technologieunternehmen. 2017 werde Raiffeisen ihr bisheriges Frontsystem ablösen und die Wertschriftenabwicklung auf eine neue Avaloq-basierende Bankensoftware migrieren, teilte die Genossenschaftsbank am Freitag mit. Die Vorgeschichte dazu: bisher setzte Raiffeisen auf die Eigenlösung Dialba. Das System ist aber veraltet und müsste dringend abgelöst werden. Darum wurde einiges Geld in Avaloq Front investiert, die Lösung wurde aber nicht eingesetzt. Zu teuer und komplex sei sie gewesen, sagt ein Insider. Die Banken-Informatiker wären zudem nicht begeistert davon gewesen, sich an ein neues System gewöhnen zu müssen. Um das Problem zu umgehen beschloss man, Dialba auf Java zu portieren und holte IBM als Migrationspartner. Die Zusammenarbeit klappte aber überhaupt nicht, im letzten Herbst kndigte Raiffeisen die Partnerschaft mit IBM. Seither wurde überlegt, ob man weiter auf Dialba und noch eine Java-Portierung setzt oder doch ein fremdes System nimmt. Aufgrund der zuerst negativen Erfahrungen mit Avaloq scheint man sich jetzt entschieden zu haben, zwar auf das Know-How der Firma, aber nicht auf ihr bisheriges Front End zu setzen. Dies sind Spekulationen, weitere Informationen zum Technologieunternehmen will Raiffeisen «zeitnah kommunizieren», wie es es auf Anfrage von Computerworld hiess. Die Zentrale von Raiffeisen in St. Gallen setzt seit 2009 auf Avaloq, die rund 300 Klein- und Minibanken blieben bis anhin auf Dialba. 

Trennung von Vontobel

Gleichzeitig wird die Wertschriftenverarbeitung in das neue System integriert, die bis 2017 vom Kooperationspartner Vontobel erbracht wird. Mit Avaloq habe Raiffeisen einen hervorragenden Partner gefunden, der seiner Gruppe eine einheitliche IT-Gesamtlösung biete. Die Weiterführung der Kooperation mit Vontobel sei deshalb nicht mehr zielführend, sagt Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz in einem Communiqué seiner Gruppe. Raiffeisen kündigt den Kooperationsvertrag deshalb ordentlich auf Mitte 2017. Gleichzeitig mit der Kündigung gibt Raiffeisen-Finanzchef Marcel Zoller seinen sofortigen Austritt aus dem Vontobel-Verwaltungsrat bekannt. Vontobel nimmt den Entscheid derweil «mit Bedauern» zur Kenntnis. Dem ausscheidenden Verwaltungsrat Zoller spricht die Bank «grossen Dank» aus.

Gleichzeitig kündigt Vontobel an, von seinem Rückkaufsrecht Gebrauch zu machen und die gesamte Beteiligung der Raiffeisen an Vontobel in Höhe von 12,5 Prozent zurückzukaufen. Die Anteile sollen der Mitteilung zufolge vernichtet werden, wodurch Vontobel seine Flexibilität in der künftigen Gestaltung der Kapitalstruktur erhöhe.

Die «Notenstreit-Frage»

Vontobel ist seit 2004 für die Anlageprodukte und die Wertschriftenabwicklung und -verwaltung von Raiffeisen verantwortlich, zuletzt ist jedoch zwischen den Parteien ein Streit um die Kooperation entbrannt. Es bestanden vor allem unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die im Januar 2012 erworbene Raiffeisen-Tochter Notenstein unter den bestehenden Kooperationsvertrag fällt.

«Ja», meinte die Bank Vontobel; «Nein», meinte Raiffeisen. Weil sich die Parteien in Bezug auf die Vertragsauslegung in der «Notenstein-Frage» nicht auf ein gemeinsames Verständnis einigen konnten, rief Vontobel im November 2012 das Schiedsgericht an.

Die Kündigung des Vertrages erfolge unabhängig vom Ausgang des laufenden Schiedsgerichtsverfahrens, hält Raiffeisen am Freitag fest. Ein Entscheid in dieser Sache werde Ende des Jahres erwartet.



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