05.02.2006, 20:08 Uhr

Quelloffenes lebt länger

Oft herrscht während der Einführung einer neuen Technik ein erbitterter Konkurrenzkampf zwischen den Vertretern unterschiedlicher Systeme.
Beispiele hierfür sind etwa in der Unterhaltungselektronik der Streit um die Videosysteme VHS und Betamax oder aktuell die Diskussion um die Blueray Disk. Eine weitere interessante Geschichte ist das Projekt domesday1986.com: 1986 wurde das handgeschriebene «Domesday Book» aus dem Jahr 1086, ein bedeutendes Zeitdokument der britischen Geschichte, auf Laserdiscs übertragen und damit vermeintlich gesichert. Bereits 15 Jahre später musste der Datenbestand erneut in ein neues Format übertragen werden. Die Disks waren nur mit Geräten eines bestimmten Herstellers lesbar. Diese sind heute nicht mehr verfügbar, da sich dieses Datenträgerformat nicht durchsetzte. Im Open-Source-Bereich sind offene und klar strukturierte Schnittstellen ein typisches Merkmal. Deshalb legt OSS besonderen Wert auf die Definition und breite Abstützung von Interfaces. Ein aktuelles Beispiel ist das Open Document Format for Office Applications, das dokumentiert, wie Textverwaltungssysteme ihre Daten im XML-Format ablegen können. Damit wird die langfristige Lesbarkeit der Textdokumente sichergestellt. Wie die Geschichte um das «Domesday Book» zeigt, werden davon nicht nur Archäologen dereinst profitieren können. Allerdings ist Open Source selbst weder eine notwendige noch hinreichende Bedingung für eine erfolgreiche Standardisierung, sondern unterstützt diese dank zweier wesentlicher Elemente: durch Berücksichtigung und Einbezug unterschiedlichster Ansprüche und Interessen einerseits, was zu einer breiten Abstützung führt. Andererseits durch den so genannten Peer Review, der öffentlichen und kritischen Durchsicht der Vorschläge durch die Community. Dabei hilft natürlich, dass bei Open-Source-Software durch den Einblick in den Source-Code immer auch eine Dokumentation des Systems zur Verfügung steht. Damit ist es praktisch unmöglich, Eigenschaften des Systems zu verstecken. Das ist ein Aspekt, der auch in anderem Zusammenhang unabdingbar ist, etwa bei Kernsystemen im Bereich E-Government. Beispiel Abstimmungen: Kürzlich wurde der Sonntagsverkauf in Bahnhöfen mit einem knappen Mehr von 23020 Stimmen angenommen. Wäre die Abstimmung elektronisch geführt worden, könnten wir einem so knappen Resultat Glauben schenken? Wohl nicht ohne weiteres. Wir kennen eine Reihe von Beispielen, die Fehler in derart kritischen Systemen aufzeigen: Daten wurden verloren, Stimmen falsch zusammengezählt oder nicht beachtet. Abhilfe schafft hier einerseits die auf Sicherheit ausgelegte Redundanz in Verarbeitung und Dokumentation. Zudem kann mit Einblick ins System, wie ihn Open-Source gewährt, das Verhalten des Systems analysiert und im Fehlerfall nachvollzogen werden. Australien hat diesen Weg gewählt und setzt auf OSS für E-Voting (elections.act.gov.au/Elecvote.html) - offenbar mit guten Erfahrungen. Mit klaren Schnittstellen - eine zwingende Notwendigkeit für Open-Source-Software - erhöht ein System seine Chancen auf eine Langlebigkeit.



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