19.03.2012, 11:29 Uhr

Herausforderung IT-Consulting im Mittelstand

Der Mittelstand hat nur sporadisch Bedarf an Consulting-Dienstleistungen. Firmen laufen Gefahr, mit möglicherweise unpassenden Methoden für Grosskonzerne bedient zu werden.
Dienstleistungen von Beratungsunternehmen sind oftmals auf die Anforderungen von Grosskonzernen zugeschnitten. Von dort kommen die meisten Aufträge. Mittelständische Unternehmen haben in der Regel nur sporadisch Beratungsbedarf und sind entsprechend unerfahren im Umgang mit Consultants. Daneben tummeln sich in der Beraterbranche für den Mittelstand viele schwarze Schafe, weiss Professor Dietmar Fink von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Der Lehrstuhlinhaber für Unternehmensberatung kennt aber Instrumente und Strategien, mit denen Mittelständler trotzdem adäquate Partner finden. Die Suche fängt laut Fink bei dem Auftraggeber selbst an. Der Mittelständler muss sich auf den Beratungsauftrag vorbereiten, indem er in einem Leitfaden festhält, welche Erwartungen mit dem Consultant-Einsatz verbindet. Beispielhafte Fragestellungen sind gemäss Fink: Was genau ist das Problem, das gelöst werden soll? Was sind die Symptome, was die Ursachen? Welche Ziele hat der Beratereinsatz? Welches Ergebnis kann ich realistisch von einem Berater erwarten? Hat der Mittelständler seine «Hausaufgaben» gemacht, kann er auf die Suche nach einem geeigneten Beratungshaus gehen. Im Ausschreibungsgespräch präsentieren sich die Anbieter natürlich von ihrer besten Seite, zum Beispiel mit umfangreichen Referenzen. Für Fink besitzen die allerdings nur bedingt Aussagekraft: Wenn ein Consultant behauptet, dass seine Kollegen solche Probleme schon hundertmal gelöst hätten, sage das noch nicht viel aus. «Wichtig ist es, dass nicht das Beratungsunternehmen, sondern die Mitarbeiter, die später bei dem eigenen Projekt zum Einsatz kommen, über entsprechende Erfahrungen verfügen. Diese Mitarbeiter sollte man einladen und sich nicht scheuen, sie auf Herz und Nieren herauszufordern», empfiehlt Fink. Nächste Seite: schwarze Schafe identifizieren

Ein besonderes Augenmerk müsse auf die Sozialkompetenz der Consultants gelegt werden: «Nicht jeder Berater ist für die Fragestellungen des Mittelstandes geeignet und passt zur Kultur des eigenen Unternehmens», erläutert Fink und führt ein Beispiel an: «Man könnte meinen, dass es etwa bei einem IT-Berater vor allem auf die fachliche Qualifikation und bei einem Personalberater explizit auf die Sozialkompetenz ankommt – ein Trugschluss!» Die Herausforderungen seien gemäss Fink häufig gerade umgekehrt: Fachlich versierte IT-Berater findet man relativ leicht. Die eigenen IT-Mitarbeiter aber für die Veränderungen zu gewinnen, die neue IT-Systeme mit sich bringen, ist häufig die grösste Herausforderung. Ähnlich bei Personalberatern: Consultants müssen insbesondere die spezifischen Anforderungen der beteiligten Fachabteilungen versteht. Entscheidend ist ausserdem, dass die Externen erfassen, wie ihre Aufgaben in den strategischen Gesamtkontext des Unternehmens eingebunden sind.

Schwarze Schafe identifizieren

Für das Consulting im Mittelstand ist nach den Worten Finks nicht jedes Beratungshaus geeignet. Spezialisierte Anbieter tun sich schwer, sich aus der Masse abzuheben, da die Auftragsvolumen keine teuren Werbekampagnen zuliessen. Entsprechend ist der Markt im mittelständischen Segment nach Meinung Finks «extrem intransparent». Laut dem Kenner der Beraterszene sind etablierte Gütesiegel eine Methode für Anbieter, sich im Wettbewerb zu positionieren. «Ähnlich wie eine Marke hat ein Gütesiegel eine selbstbindende Wirkung: Wenn ich als Berater ein Gütesiegel führen darf, ist dies nicht nur ein Signal an meine Kunden, dass ich ein kompetenter, vertrauensvoller Berater bin», meint Fink. Ein Zertifikat führe auch dazu, dass das Consulting-Unternehmen künftig stärker auf die Qualität seiner Leistungen achte, um das Vertrauenskapital nicht wieder zu verspielen.



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