Wilhelm Petersmann von Fujitsu: «Jetzt geht es an die Umsetzung»

Transformationsprojekte in der Schweiz

CW: An welchen Transformationsprojekten arbeiten Sie in der Schweiz?
Petersmann: Ein gutes Beispiel ist unser Social Command Center. Das ist eine unterstützende Lösung für den Helpdesk, um Aktivitäten wie das Zurücksetzen eines Passworts zu automatisieren. Unser System Zinrai, das ist quasi die Kollegin von IBMs Watson oder Amazons Alexa, nutzt Deep Learning. Zinrai lernt beständig hinzu und verbessert im Laufe der Zeit ihren Service. Die Lösung kann natürlich noch viel mehr. Sie soll helfen, Ressourcen einzusparen oder aus­serhalb der üblichen Arbeitszeiten des Helpdesks rasch reagieren zu können. In der Schweiz arbeiten bereits zwei Kunden damit, bei einem dritten machen wir derzeit den Rollout.
CW: Woran arbeiten Sie noch im Bereich KI?
Petersmann: Über Video- und Bildanalysen verknüpft mit KI können wir auch Sicherheitslösungen wie Objektüberwachung anbieten. Unser System erkennt beispielsweise Ansammlungen von Menschen oder verlassene Gepäckstücke. Zusätzlich bieten wir Venen- und Irisscanner an. In der Schweiz sichert eine Bank auf diese Weise ihre Schliessfächer. Ein namhafter Schweizer Hersteller steuert den Zutritt zu einer Etage über den Lift mit unseren Venenscannern. Hierfür kooperieren wir stark mit unserem Partner BWO. Im europäischen Ausland ist Siemens Gamesa ein Kunde von uns. Der produziert Rotorblätter für Windkraftanlagen. Die Rotorblätter können bis zu 75 Meter lang sein und werden in der Qualitätssicherung von Menschen auf Abweichungen oder Schäden hin untersucht. Diesen Prozess haben wir mittels Bilderkennung und künstlicher Intelligenz abgebildet. Nur arbeitet die Kamera genauer und schneller. Der Hersteller konnte mit dem System die Wartungsdauer von rund drei Manntagen auf eine Stunde verkürzen bei einer wesentlich höheren Trefferquote, als dies der Mensch vermag.
CW: Laut der Swiss-IT-Studie 2018 ist einer der grössten Pain Points für CIOs, dass sie noch immer mit Routineaufgaben eingedeckt sind. Dadurch haben sie wenig Zeit für Innovation, was aber nötig wäre für die digitale Transformation. Wie erklären Sie sich das?
Petersmann: Ein Problem ist sicherlich noch immer ein Silo-Denken zwischen Fach- und IT-Abteilung, aber auch zwischen Gruppen innerhalb einer IT-Abteilung. Insbesondere in grösseren Betrieben sind die einzelnen Teams nicht immer optimal aufeinander abgestimmt. Ich beobachte auch, dass manche Unternehmen wenig Raum für neue Ideen bieten. Oder es mangelt an einer zuständigen Person oder Gruppe, die sich aktiv darum bemüht, die neuen digitalen Möglichkeiten effizient nutzbar zu machen. Oft fehlen Digitalisierungsspezialisten. Ein Stück weit schwingt auch Besitzstandswahrung mit. Übertrieben und bildlich gesprochen: Manche IT-Abteilungen sind eher noch darauf fokussiert, für Licht, Strom und Wasser im Haus zu sorgen – und haben nicht bemerkt, dass das Business längst ausgezogen ist.
CW: Was könnten denn Hersteller tun?
Petersmann: Wir können die grossartigste Technik anbieten – aber wichtig ist vor allem, dass der Kunde sie auch gezielt nutzt. Cloud- Lösungen werden häufig von IT- und Fachabteilungen eingekauft. Das passiert oft unkoor­diniert. Nur den wenigsten Firmen ist bewusst, dass sie dadurch in die nächste Silo-Falle tappen und Probleme mit der Cloud-Orchestrierung bekommen. Hier kann man viel über Automatisierungslösungen entschärfen. Diese sollten viel mehr zum Einsatz kommen als bisher, damit die Routinearbeit automatisiert werden kann. Wenn sich die IT-Abteilung also in diese Richtung bewegt, wird sie Routineaufgaben los.



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