08.04.2015, 14:50 Uhr

Gewinner und Verlierer im Schweizer Telko-Markt

Wie hat sich der Schweizer Telko-Markt in den vergangenen 5 Jahren entwickelt? Die Beratungsfirma Telekomzentrum zeigt, wer in welchen Bereichen gewonnen und verloren hat.
Es ist keine Überraschung: Swisscom ist die dominierende Telekommunikationsfirma der Schweiz. In fast allen von der Beratungsfirma «Telekomzentrum» untersuchten Bereichen - Internet, Festnetz, TV und Mobilfunk - lag Swisscom während der letzten fünf Jahre an der Spitze. Und wo man es nicht ist, machte man die grössten Fortschritte. Der Überblick über den helvetischen Markt:
Internet
Die Kabelnetzanbieter konnte in dem Bereich am stärksten zulegen (+45,6 Prozent). Allerdings nicht zu Lasten von Swisscom, die prozentual zwar weniger (+19,6 Prozent), absolut gesehen aber praktisch gleich stark wuchsen. Der Verlierer heisst darum Sunrise (-9,4 Prozent). Immerhin: Im Q4 2014 konnte Sunrise erstmals seit längerem wieder leicht wachsen. Wie sich diese Verhältnisse entwickeln werden, dürfte spannend zu sehen sein. Von der Infrastruktur her sind die Kabelunternehmen der Swisscom nicht unterlegen. Nur schaffen sie es bisher offenbar nicht genügend, hohe Geschwindigkeiten und tiefe Preise entsprechend zu kommunizieren.
Festnetz
Die Mobilfunkanbieter haben schon länger eingesehen, dass das einstige Spitzenpferd keine vorderen Plätze mehr belegen kann. Darum wird es mit Konkurrenz aus dem eigenen Stall seit Jahren torpediert. Das macht sich bei Swisscom (-13,9 Prozent), vor allem aber bei Sunrise (-29,8 Prozent) bemerkbar. Zurücktreten wird die einstige Siegerstute zwar nie, dafür ist der Unterhalt zu gering und die Fanbasis zu gross, doch grosse Verbesserungen sind nicht mehr zu erwarten. Zwar sagte Sunrise an der diesjährigen Bilanzmedienkonferenz, dass man die Sunrise-Home-Angebote wieder vermerkt pushen möchte, aber ob das gelingt und wie ernst die Aussagen gemeint waren, muss sich zeigen. Während die Telcos andere Pferde satteln, profitieren die Kabelnetzanbieter. Als Grund dafür sieht Carlo Iellamo, Inhaber und Geschäftsführer von Telekomzentrum den Treiber Cablecom: «Die bieten vermehrt Fixnetabos im Bundle an und locken so mit Triple-Play-Angeboten. Das haben die anderen zwar auch, doch vor allem die Swisscom besitzt derart viele Kunden, dass sie zwangsläufig einige davon verliert.» Der Marktanteil der Kabelnetzanbieter (+17.3 Prozent) ist im Vergleich zur Swisscom (77.3 Prozent) trotzdem immer noch sehr gering.
TV
Und alles, was die Kabler im Bereich Festnetz gewonnen haben, verlieren sie aus dem gleichen Grund wieder bei den TV-Angeboten (-7,4 Prozent). Hier sind sie diejenigen, welchen den Bärenanteil hatten – und diesen kontinuierlich einbüssen. Zwar haben sie mit 2,64 Millionen Kunden nach wie vor mehr als doppelt so viele wie Swisscom (1,17 Millionen, +178,6 Prozent), doch der Abstand wird laufend geringer. Interessant auch: Swisscom scheint vor allem Kunden zu überzeugen, die bis anhin noch keinen TV-Anschluss besassen. Denn während die Kabler in den letzten 5 Jahren «nur» 210 000 Kunden verloren, gewann Swisscom 750 000 dazu. Für Telekomzentrum liegt dies daran, weil Swisscom mit TV 2.0 derzeit die kompletteste Digital TV-Lösung am Markt hat. Und weil sie durch ihre Mehrheitsbeteiligung an Teleclub im Sportbereich eine Monopolstellung besitzen. Während es also einige Verschiebungen gab, dümpelt Sunrise ziemlich abgeschlagen auf Rang drei herum. Immerhin hat man es von 0 Prozent Marktanteil im Jahr 2010 mittlerweile auf 2,7 Prozent geschafft.
Mobilfunk
Dafür darf sich Sunrise im Mobilfunkgeschäft wie ein Sieger fühlen. Gegen Swisscom ist auch hier kein Kraut gewachsen (6,54 Millionen Kunde, 54,8 Prozent Marktanteil), doch man hat sich als klare Nummer zwei (3,23 Millionen Kunden) vor Orange (2,17 Millionen Kunden) etabliert. Wie sehr der neue Orange-Eigentümer Xavier Niel diese Rangordnung durcheinanderbringen kann, dürfte eine der spannendsten Fragen im Schweizer Telekommarkt der nächsten Jahre sein. Denn ansonsten ist auch rund 15 Jahre nach der Liberalisierung des Telko-Marktes alles in etwa gleich geblieben. Swisscom dürfte kaum je vom Thron zu stossen sein, ausser die Regulatoren lassen auf einmal eine Fusion von Orange und Sunrise zu, der Bund stösst sein Swisscom-Aktienpaket ab oder es gibt eine neue technologische Entwicklung, die der nationale Riese total verschläft. Wovon nach dem durchaus innovativen wirtschaften in den letzten Jahren kaum auszugehen ist.
Anmerkungen zur Studie: Telekomzentrum hat jeweils nur die grössten Anbieter in den Statistiken berücksichtigt. Die Kabelnetzanbieter wurden jeweils zusammen ausgewiesen, da es bei den Kabelnetzbetreibern in der Regel jeweils nur einen Anbieter pro Gemeinde gibt und daher nur alle zusammen eine Abdeckung über die ganze Schweiz (wie Swisscom und Sunrise) haben. In der Fussnote wurde aber jeweils ausgewiesen, wie viel Prozent dieser Anschlüsse upc cablecom als grösster Kabelnetzbetreiber ausmacht.



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