01.02.2013, 11:29 Uhr
Ericsson Schweiz entlässt Mitarbeiter
Ericsson entlässt zwar 17 ehemalige Alcatel-Lucent-Leute und es könnten bis zu 94 Arbeitsplätze gefährdet sein. Doch mit einem Outsourcing nach Rumänien, wie in anderen Medien zu lesen ist, hat dieser Schritt allerdings nichts zu tun.
Ericsson entlässt zwar 17 ehemalige Alcatel-Lucent-Leute, die Umstände sind allerdings anders als bisher dargestellt
Am 21. Dezember 2012 hat sich Orange von Alcatel-Lucent getrennt und sich für Ericsson als neuen Netzwerkausrüster entschieden. Im Rahmen dieses Wechsels stellte Ericsson 104 neue Mitarbeiter ein, wobei 94 von Alcatel-Lucent und 10 von Orange übernommen wurden. Für 17 der ehemaligen Alcatel-Lucent-Mitarbeiter ist die Arbeit bei Ericsson nach nur einem Monat bereits wieder vorbei, wie das Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) gestern berichtete. Erfahren hätten dies die Betroffenen laut RTS erst, als sie letzten Freitag nach ihren Weihnachtsferien die Arbeit wieder aufnehmen wollten. Dies sei so nicht richtig, sagt Lars Bayer, Pressesprecher bei Ericsson. «Den Mitarbeitern wurde bereits beim Wechsel gesagt, dass nun ein Evaluationsprozess stattfindet und Kündigungen möglich sind». Warum aber konnte diese Evaluation nicht bereits abgeschlossen werden, bevor der Vertrag unterzeichnet wurde? «Weil wir ziemlich überrascht wurden von der Anfrage Oranges», sagt Bayer. Sie hätten nur eine kurze Zeit gehabt, um sich auf die neue Aufgabe einzustellen und darum wurde beschlossen, dass Anpassungen fortlaufend vorgenommen würden.
Klausel nicht genutzt
Grund für die kurze Reaktionsmöglichkeit Ericssons war, dass Orange ziemlich kurzfristig bemerkte, plötzlich ohne Netzwerkausrüster dazu stehen. Denn der bisherige 5-Jahres-Vertrag mit Alcatel-Lucent beinhaltete eine Klausel, mit der die Partnerschaft um ein halbes Jahr verlängert werden konnte, zu gleichen Konditionen. Als Orange von dieser Klausel Gebrauch machen wollte, sagte Alcatel-Lucent, man wolle mehr als bisher. Die Telekommunikationsanbieterin ging nicht auf das Angebot ein und wandte sich an Ericsson, erklärt Orange-Mediensprecherin Therese Wenger auf Anfrage. Da Orange den Betrieb auch über die Weihnachtstage gesichert sehen wollte, ging Ericsson auf das Geschäft ein und beschloss, die nötigen Anpassungen laufend vorzunehmen. Mittlerweile haben die Schweden herausgefunden, dass sie mindestens 17 der übernommenen Mitarbeiter nicht gebrauchen können, weil sie ein anderes Setup hätten wie Alcatel-Lucent, sagt Bayer. Was mit den restlichen 74 geschieht, werde in den kommenden Wochen und Monaten entschieden
Outsourcing? Seit 4 Jahren
Damit verhält es sich mit dieser Geschichte etwas anders, als es das Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) gestern verkaufen wollte. Laut diesem wurden die 17 Mitarbeiter nämlich durch rumänische Ericsson-Leute ersetzt, weil Orange einen Teil des Geschäfts outsourcen wollte. Doch das ist Quatsch. Denn ein Teil des Orange-Geschäfts ist schon lange in Rumänien, mehr als vier Jahre, schätzt Wenger. Das Network Operations Center (NOK) wurde bereits durch Alcatel-Lucent von dort aus betrieben und dies wird auch mit dem neuen Partner beibehalten. Die rumänischen Arbeiter sind deshalb in der Schweiz, um von den Alcatel-Lucent-Mitarbeitern eingearbeitet zu werden und einen reibungslosen Transfer zu garantieren. Dieser hätte zwar auch in Rumänien direkt zwischen den beiden Netzwerkausrüstern durchgeführt werden können, doch Orange bestand darauf, den Switch in der Schweiz machen. In einigen Wochen werden die Rumänen dann wieder in ihr Heimatland zurückkehren und das NOC von dort betreuen, wie es auch Alcatel-Lucent getan hat. Diese Geschichte ist ein schönes Beispiel dafür, was geschieht, wenn Journalisten nicht richtig zuhören wollen, um eine Story zu verkaufen. Denn «Orange-Ericsson ersetzt Schweizer durch Rumänen» klingt deutlich besser als «Ericsson entlässt 17 Mitarbeiter». Bloss sollte das Marketing an zweiter Stelle stehen, hinter der Wahrheit.