Digitalisierung des Schweizer Konsums

PTT und die Kartenzahlung

Das elektronische Bezahlen war vor 30 Jahren weder bei der Migros noch bei Coop möglich. Vielmehr liefen 1989 zwei Pilote für Kartenzahlungen: in Biel und in St. Moritz. Hinter beiden verbarg sich die PTT mit ihren «Modellgemeinden». Die Bieler «Pos­tomat Plus»-Chipkarte liess sich für den Bargeldbezug und den Einkauf an 84 Terminals in Apotheken, dem Detailhandel, den SBB-Schaltern und an Tankstellen verwenden. Die Kunden machten regen Gebrauch von der Chipkarte: Bis zu 100 Transaktionen täglich zählte die PTT. Zum Vergleich: Heute werden täglich schweizweit über 2'100'000 Kartentransaktionen verarbeitet, hat die Schweizerische Nationalbank errechnet.
Die Schweizerische Bankgesellschaft (SBG) wollte sich früh einen Anteil am Kartenmarkt sichern. Die Grossbank stieg in das Projekt «St. Moritz Card» ein. Die Chipkarte war für das Bezahlen genauso ausgelegt wie für Spezialfunk­tionen: In Hotels sollte sie für Gäste die Zimmertüren öffnen, an Bergbahnen und Skiliften die Drehkreuze.
Trotz Millioneninvestitionen der Bank blieb das Projekt auf der Strecke. Von Beginn weg verzögerten technische Probleme mit den Kartenlesegeräten die Umsetzung. Deshalb liess sich die Nachfrage bei Gewerbe und Konsumenten nie richtig testen. Vorderhand hatte die PTT aber auch das Ziel ausgegeben, dass die Bieler «Postomat Plus»-Karte die Konkurrenz durch die «St. Moritz Card» der SBG «schadlos» überstehen sollte, so Computerworld. «Wenn das Bieler System einmal läuft – die Bull-Chipkarte wie vorgesehen an jeder öffentlichen Telefonstation mit Bargeld aufgeladen werden kann –, wird Biel über das modernste Zahlungssystem der Welt verfügen», hatte die PTT gehofft.

«Konservative» Swissair

Die Swissair rühmte sich ebenfalls mit einer Vorreiterrolle: Die Gesellschaft hatte ihre Europaflotte 1989 komplett mit «Taschentelefonen» ausgestattet – als erste Airline der Welt. Mit der Installation der Natel-C-Geräte reagierte Swiss­air auf die zunehmenden Verspätungen im Flugverkehr, schrieb Computerworld. Die Telefone standen Passagieren bei mehrstündigen Aufenthalten im Flieger kostenlos für Kurzgespräche zur Verfügung. Allerdings konnten sie nur auf den Schweizer Flughäfen und ausschliesslich am Boden benutzt werden, da die Gesellschaft befürchtete, während des Fluges könnte die Bordelektronik gestört werden.
Für Italo Polli, bei Swissair verantwortlich für die Bordunterhaltung, war es mit dem Einbau von Telefonen, Faxgeräten und Stromanschlüssen für Laptops dann auch gut mit dem Spass für die Fluggäste. Die «fliegende Bank» verstehe sich weder als Kino noch als Radiostation, Bibliothek oder gar Restaurant – obwohl Filme, Musik, Zeitungen und Speisen natürlich zum Angebot an Bord gehörten. Schliesslich ginge es Swissair lediglich darum, «ein Maximum der Passagierwünsche abzudecken», sagte Polli.



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