10.10.2007, 11:14 Uhr
Bremst Swisscom den Wettbewerb aus?
Wer von Swisscom zu einem anderen Anbieter wechseln und dabei seine Durchwahlnummern mitnehmen will, wird kräftig zur Kasse gebeten: Swisscom hat die Gebühren für den DDI-Block-Umzug versiebenfacht. Die anderen Anbieter werfen ihr daher Wettbewerbsbehinderung vor.
Die Experten streiten: Handelt es sich um cleveres Kalkül oder um echte Notwendigkeit? Nachdem die Swisscom, wie von der eidgenössischen Kommunikationskommission (Comcom) vor Jahresfrist verhängt, ihre Preise für die Portierung von Einzelnummern im Festnetz gesenkt hat, verlangt sie seit 1. Juli deutlich mehr Geld für Portierung von Durchwahlbereichen, also den sogenannten «DDI-Nummernblöcken» (Direct Dial in).
In Zahlen: Die Portierung einer Einzelnummer kostet heute mit 17,37 Franken nur noch gut halb so viel wie vor gut einem Jahr (31 Franken). Dafür verlangt Swisscom für die DDI-Portierung jetzt 420 statt bisher 60 Franken: Ein Aufschlag um happige 600 Prozent.
Was das Ganze noch komplexer macht: Teils verrechnen die Alternativanbieter selbst nochmals Kosten für die Portierung, teils übernehmen sie diese zumindest teilweise. Im Klartext: Will ein Unternehmen zu einem Swisscom-Konkurrenten wechseln und - was sehr wahrscheinlich ist - seine Telefonnummer mit Durchwahlbereich behalten, muss es zwischen 190 und 950 Franken berappen.
Swisscom bislang Wohltäter?
Doch versucht Swisscom wirklich, die finanziellen Einbussen bei den Einzelnummern wettzumachen? Swisscom-Mediensprecher Sepp Huber dementiert: «Die Erhöhung ist einzig darauf zurückzuführen, dass bei den DDI-Portierungen - anders als bei Einzelnummern - kein automatisierter Prozess zur Anwendung kommt. Diesen höheren manuellen Aufwand machen wir nun geltend.»
Comcom-Kommissionssekretär Peter Bär hegt seine Zweifel: «Nach Swisscoms Logik würde das ja heissen, dass sie DDI-Portierungen bislang unter ihren Kosten angeboten hat.» Allerdings sei es schwierig, die Lage tatsächlich zu beurteilen, da in dieser Sache noch keine Kostenanlayse durchgeführt wurde.
Wettbewerb behindert?
Unter dem Gebührenanstieg leiden vor allem die alternativen IP-Telefonieanbieter. «Speziell für kleinere Firmen wie uns wirkt sich die Gebührenerhöhung sehr wettbewerbsbehindernd aus», klagt Stefan Meier, Geschäftsführer der Zürcher Internettelefonie-Anbieterin E-Fon.
Luzius von Salis, Pressesprecher der ebenfalls im VoIP-Geschäft engagierten Telekom-Dienstleisterin Colt, schlägt in die gleiche Kerbe: «Natürlich stellen die höheren Kosten eine Barriere für einen Anbieter-Wechsel dar. Gerade für KMU sind Einsparungen enorm wichtig. Da ist jede Preis-erhöhung kontraproduktiv.» Meier bezeichnet die Behinderung des Wettbewerbs gar als Ziel von Swisscoms Preis-erhöhung.
Erhöhung nicht nachvollziehbar
Für die Alternativanbieter ist die Gebührenerhöhung unbegründbar: «Die Preiserhöhung ist sehr schwer nachvollziehbar, da sie unter sogenannt regulierten Bedingungen nach dem LRIC-Kostenmodell (Long Run Incremental Cost) entstanden ist. Wir vermuten, dass viele neue, versteckte Kosten in das Modell gepackt wurden und daraus dieser völlig überhöhte Preis resultiert», sagt Luzius von Salis. Die Vorwürfe kommen nicht von ungefähr. Schliesslich hat die Comcom ihren Preissenkungsbefehl bei den Einzelnummern damit begründet, dass Swisscom zu hohe Lohnkosten sowie Kosten, die sie gemäss gesetzlicher Vorgaben selbst hätte tragen müssen, geltend gemacht hat.
Verfahren laufen bereits
Laut Swisscom hat bislang nur ein Anbieter die Gebührenerhöhung reklamiert. Er habe nach einem erläuterndem Gespräch die Preise aber akzeptiert. Bei den Alternativanbietern klingt es anders: «Wir nahmen mit Swisscom Kontakt auf, doch es war kein Interesse für ein konstruktives Gespräch vorhanden», kritisiert Meier von E-Fon.
Die Comcom ihrerseits kann nicht von sich aus eingreifen, wie Peter Bär erklärt: «Anders als im benachbarten Ausland darf der Regulator hierzulande leider nicht selbst aktiv werden. Erst wenn sich die Anbieter untereinander nicht einig werden, können sie Beschwerde einreichen und eine Überprüfung erwirken.»
Genau diesen Schritt beabsichtigt jetzt Colt. Von Salis: «Wir akzeptieren das Pricemanual in diesem Punkt nicht und haben ein Verfahren eingeleitet.» Auch bei Sunrise sind, erklärt Pressesprecher Konrad Stokar, die besagten Tarife bereits Bestandteil eines laufenden LRIC-Verfahrens.
Claudia Bardola