«Anwender entscheiden über die IT, nicht der CIO»

Verbot des attraktiven Arbeitsplatzes

CW: Teilweise werden die CIOs den Angestellten ihre Wünsche nicht erfüllen können…
Naef: Das stimmt. Ich erinnere mich, dass ich das gleiche Thema bereits 2014 mit anderen CIOs diskutierte. Damals waren die meisten davon überzeugt, dass ihre Unternehmen ihren Mitarbeitern niemals erlauben würden, private Geräte mit dem Firmennetzwerk zu verbinden. Ich frage mich, ob sich diese Ansicht seitdem geändert hat. Denn schon damals war ich davon überzeugt, dass Unternehmen und insbesondere CIOs ihre Politik überdenken müssen, wenn sie als moderner Arbeitgeber wahrgenommen werden wollen, die für Talente der jüngeren Generation attraktiv sind.
CW: Wie lautet Ihr Vorschlag?
Naef: Unternehmen müssen ihre Systeme und Netzwerke für Mitarbeitende öffnen und ihnen erlauben, ihre persönlichen Geräte, Tools und Anwendungen daran anzubinden. Das Paradigma, dass Unternehmen ihren Mitarbeitern alle für die Arbeit benötigten IT-Geräte zur Verfügung stellen, ist veraltet und nicht mehr tragfähig. Die jüngere Generation möchte ihre eigenen Geräte wie Smartphones, Tablets, Laptops usw. mit zur Arbeit bringen – und diese Erwartung wird immer grösser.
CW: Allerdings ist die Unternehmens-IT kein Wunschkonzert…
Naef: Womöglich bald doch… Während wir noch vor einigen Jahren lediglich über «Bring your own Device» (BYOD) sprachen, sind wir jetzt mit «Bring your own Technology» (BYOT) konfrontiert. Da sich das IoT immer weiter ausbreitet, und alle möglichen Alltagsgegenstände mit Sensoren ausgestattet und vernetzt werden, werden wir bald sehen, wie vernetzte Brillen, vernetzte Hörgeräte, intelligente Uhren, vernetzte, smarte Schuhe und Kleidung usw. in unseren Firmenbüros auftauchen. Es ist naiv zu denken, dass CIOs in der Lage sein werden, die Verbindung dieser Dinge zum Firmennetzwerk verhindern zu können.
Ausserdem werden immer mehr Gegenstände, die wir noch vor wenigen Jahren in physischer Form nutzten, dematerialisiert (virtualisiert). Sie «leben» nun in der Cloud und müssen zusammen mit Unternehmenssystemen und -anwendungen genutzt werden, die ebenfalls zunehmend in die Cloud verlagert werden. Vermutlich werden die Firmennetzwerke selbst bald überflüssig oder virtualisiert werden.
CW: Welchen Tipp haben Sie für CIOs, die nicht auch virtualisiert werden möchten?
Naef: CIOs werden akzeptieren müssen, dass ein erheblicher Teil der IT-Hardware und Software von den Anwendern ausgewählt und beschafft wird und nicht mehr von einer zentralen IT-Organisation, die unter der Kontrolle des CIOs steht, verwaltet und kontrolliert werden kann.
Ausserdem müssen CIOs den Zugang zu den IT-Ressourcen des Unternehmens, zu Apps, Daten, Systemen usw. durch von Endbenutzern kontrollierte Technologien für die Zusammenarbeit öffnen, eine Demokratisierung der IT sozusagen, und gleichzeitig die Sicherheit der Unternehmensressourcen gewährleisten.
Zur Serie
Die künftige Rolle des CIO
Im Interview äussert Patrick Naef prägnant seine Meinung über aktuelle und künftige Herausforderungen der IT. Für Computerworld skizziert er die künftige Rolle des CIO. Die Beiträge zu Themen wie Digital Leadership, den Mehrwert von IT, Open Innovation und die Virtualisierung des Geschäfts sind in regelmässigen Abständen auf www.computerworld.ch zu lesen.
Bisherige Artikel:
Patrick Naef: «Anwender entscheiden über die IT, nicht der CIO» (dieser Beitrag)



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