Alan Hippe über IT-Innovation, die Pandemic Squad und die Life-Sciences-Zukunft

Digitale Innovation «Made in Kaiseraugst»

Quelle:

Lucia Hunziker/Roche

CW: Roche hat im Herbst 2017 in Kaiseraugst sein IT-Innovationszentrum in Betrieb genommen. inwieweit haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?
Hippe: Wir sind zufrieden damit. Wir unterhielten zuvor sieben Standorte für IT zwischen Basel und Kaiseraugst. Die IT-Mitarbeitenden an einem Ort in der Region Basel zusammenzuführen, war ein guter Schritt, auch im Hinblick auf die Innovationsentwicklung. Denn Innovation entsteht auch in der Technologie an Schnittstellen. Daher ist es wichtig, dass die Mitarbeitenden zusammenkommen und gemeinsam Innovation freisetzen können. Es ist ein Prozess, den wir auch gezielt provozieren wollen.
CW: Wie zum Beispiel?
Hippe: Etwa durch Konferenzen zu neuen Themen wie Blockchain, auch in Kooperation mit externen Partnern. Das ist genau das, was wir bewirken wollen: Dass man zusammenkommt und man sich gegenseitig inspiriert, sodass daraus neue Ideen entstehen. Allerdings ist Kaiseraugst nicht unser einziger Tech-Innovation-Hub. Innovation findet überall in der Organisation statt. Wir haben beispielsweise einen sehr grossen Standort im polnischen Warschau mit rund 400 Mitarbeitenden, verstärkt mit vielen Freelancern im Umfeld des Standorts. Ein weiterer Innovationshub ist in Madrid, wo sich rund 400 Fachleute ausschliesslich mit Connectivity beschäftigen. Während die einen programmieren, stellen die anderen sicher, dass unsere firmeninternen Netzwerke perfekt funktionieren. Das Know-how der Spezialisten in Warschau und Madrid fliesst dann in Kaiseraugst zusammen, um letztlich die Leistung der IT zu erzeugen. Nicht zu vergessen unsere anderen weltweiten Standorte wie San Francisco und die Bay Area.
CW: In Polen liegt der Schwerpunkt auf der Applikationsentwicklung. Was zeichnet den Standort aus?
Hippe: Das ist ein fantastischer Ort für Innovation, weil die Kolleginnen und Kollegen dort eng am Coding dran sind. Sie lernen viel darüber, wie Anwendungen aufgesetzt werden müssen oder wie gut verschiedene Programmiersprachen tatsächlich sind.
“Es ist eine neue Kultur bei den IT-Talenten entstanden„
Alan Hippe, Roche
CW: Wie viele Personen beschäftigen sich mit Digitalprojekten bei Roche?
Hippe: Allein für die IT arbeiten 3000 Fachkräfte. Hinzu kommen die Mitarbeitenden in den Fachbereichen, die sich um Digitalprojekte kümmern. Ich zähle diese deshalb dazu, da IT heute nichts mehr ist, worum man einen Kreis ziehen kann. Zusätzlich arbeiten wir in grossem Umfang mit externen Partnern zusammen. Zu diesen zählen praktisch alle grossen IT-Anbieter. Es ist aber nicht nur ein Sourcing-Thema. Die Zusammenarbeit mit Partnern ist inspirierend und erzeugt Innovationen. Hinzu kommt, dass auch eine neue Kultur bei den IT-Talenten entstanden ist.
CW: Wie äussert sich dieser Kulturwandel und wie gehen Sie damit um?
Hippe: Es gibt eine Menge Leute, die nicht mehr in einem festen Angestelltenverhältnis arbeiten wollen. Die leben und arbeiten beispielsweise auf einer Insel oder an einem anderen wunderbaren Standort und verfügen über spezielles Know-how. Diese Spezialisten wollen sich nicht an ein Unternehmen binden, sondern ihre Expertise bei verschiedenen Klienten einbringen. Die arbeiten vielleicht zwei Tage pro Woche für uns und sind an den anderen Tagen für uns unerreichbar, weil sie dann für weitere Kunden arbeiten. Für die Zukunft stellt sich die Frage, wie man diese externen Mitarbeitenden führt, in die Kommunikation eingliedert und ans Unternehmen bindet. Hierfür haben wir noch keine perfekte Lösung, aber das ist etwas, womit wir uns konzeptionell viel tiefer beschäftigen, als wir das jemals zuvor gemacht haben.
CW: Neben Freelancern und IT-Anbietern partnert Roche auch mit Start-ups und verschiedenen Technologiepartnern. Welche Bedeutung haben diese Partner für den Innovationsprozess bei Roche?
Hippe: Viele unserer Innovationen entstehen durch Partnerschaften. Das ist auch das Schöne an unserem Unternehmen: Wir haben keine Barrieren in den Köpfen und trennen nicht zwischen innen und aussen. Viele unserer Pharma-Innovationen und viele unserer Diagnostik-Innovationen kommen von ausserhalb.
CW: Können Sie ein Beispiel für so eine kooperative Innovation nennen?
Hippe: wäre so ein Produkt. Das ist ein Abstrichtest für die Nase, bei dem man nach 15 Minuten das Ergebnis erhält. Diesen Assay haben wir mit unserem Partner Biosense in Südkorea erarbeitet. Gleiches gilt für die Zusammenarbeit im digitalen Feld. Alle grossen Tech-Unternehmen dieser Welt spielen bei uns eine Rolle, genauso wie jede grosse Universität. Wir versuchen immer dort Know-how zu sichern und ins Unternehmen einzubringen, wo uns das nach vorne bringt.
“Unser Rapid-Antigen-Test für die Detektion von Covid-19-Infektionen ist ein gutes Beispiel für kooperative Innovationsentwicklung„
Alan Hippe
CW: Welche Lösung steht beispielhaft für digitale Innovation «Made in Kaiseraugst»?
Hippe: Ein gutes Beispiel hierfür ist unser Roche Science Network. Wir kumulieren dort alle wissenschaftlichen Daten für unsere Forschung und stellen diese den verschiedenen Bereichen zur Verfügung.
CW: Wie unterstützt das Roche Science Network die Medikamentenentwicklung?
Hippe: Wer früher ein Medikament entwickeln wollte, musste ein tiefes Verständnis für die Humanbiologie mitbringen. Heute ist zusätzlich Computational Knowledge wichtig, also ein vertieftes Verständnis von Technologie. Das wird deshalb immer bedeutender, da für die Entwicklung neuer Medikamente und Behandlungen Daten eine immer wichtigere Rolle spielen. Im Bereich der pharmazeutischen Forschung verfügen wir über grosse Datenmengen, die aber nicht immer in der gleichen Struktur vorliegen. Hinzu kommen Varianzen, etwa bei genetischen Daten und verschiedenen Technologien. Das ist Data Science at it’s best! Wir kumulieren die Daten und versuchen, sie gewissermassen zu heilen, sodass sie unter wissenschaftlichen Kriterien analysierbar sind. Das Roche Science Network stellt diese Daten den verschiedenen Forschungseinheiten weltweit zur Verfügung.



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