SAP 11.01.2013, 16:40 Uhr

Tempo-Turbo HANA beschleunigt ERPs

Die neue HANA-Suite soll ERPs bis zum Faktor 1000x beschleunigen. Wann lohnt sich für Schweizer Firmen ein Investment, und was steckt wirklich hinter SAPs Langfrist-Strategie?
SAP-Co-Gründer Hasso Plattner: Ein kleiner Schritt für die IT, aber ein grosser für die Business-Menschheit.
Ausgelassene Partylaune bei SAP. Zeitgleich in New York, Palo Alto und Frankfurt feierte der ERP-Konzern eine technnologische Sensation. Die SAP Enterprise Suite, weltweit bei etwa 40.000 Kunden im Einsatz, läuft ab sofort nicht nur auf Disk, sondern auch auf der rasend schnellen Echtzeit-Appliance HANA. ERP-Geschäftsprozesse sollen sich damit um den Faktor 10 bis 1000 beschleunigen lassen. SAP-Co-CEO Jim Hagemann Snabe, auf der Frankfurter Pressekonferenz vor Ort, lobte HANA gar als die "beste und schnellste Datenbank der Welt". Der entscheidende Vorteil für Kunden: schnellere, auf Fakten gegründete und damit bessere Entscheidungen in Finance, Sales oder Logistik. Und natürlich hofft SAP, dass sich viele ihrer Stammkunden von diesen Performance-Vorteilen zum Einsatz überreden lassen.

Vorsicht: versteckte Kosten

Die "Enterprise Suite powered by HANA" werde nicht als neues Release, sondern als Enhancement Package ohne Mehrkosten ausgeliefert, sagte Hagemann Snabe auf der Pressekonferenz in Frankfurt. Ein starkes Statement, das der Co-CEO  jedoch auf Nachfrage präzisieren musste: Zwar nicht für die Business Suite selbst, aber für die Nutzung der HANA-Datenbank fallen sehr wohl zusätzliche Kosten an. Die Rede war von einem 15 Prozent Surplus pro Enterprise-Applikation, die auf der HANA-In-Memory-Datenbank läuft. 30 bis 50 Kunden stehen laut Hagemann Snabe bereits ungeduldig in der Warteschlange. Bis Jahresende hat sich SAP eine Zielmarke von 600 HANA-Suite-Kunden gesetzt. "Die HANA-Suite sei ein kleiner Schritt für die IT, aber ein grosser für die Business-Menschheit", meinte der aus Palo Alto live dazugeschalteter Hasso Plattner überschwänglich. Ziemlich starker Tobak, aber SAP ist zurecht in Partystimmung. Aus zwei Gründen: (i) Die Enterprise-Suite ist nach dem KMU-ERP Business One das erste, grosse transaktionale System, das dank HANA komplett im Arbeitsspeicher läuft, und (ii) sind Performance-Steigerungen generell und immer gut. Soweit alles d'accord. Aber was genau wird denn nun schneller? Sicher nicht die Brot-und-Butter-Transaktionen, die hunderttausende von Office-Arbeitern tagtäglich auf ihren SAP-Systemen durchführen. Denn HANA spielt ihre Stärken immer dann aus, wenn es um komplexe Analysen und Millionen von Datensätzen geht. Im Geschäftsbereich Analytics und Controlling mögen sich Performance-Steigerungen um den Faktor 1000x, 10.000x oder gar 100.000x erzielen lassen, mit denen SAP seit dem Marktstart von HANA vor fast zwei Jahren gerne um sich schmeisst. Aber im ERP-Tagesgeschäft, für das die Enterprise Suite ja eigentlich gedacht ist? Nächste Seite: Für wen lohnt sich SAPs HANA-Suite?

Pilotkunde Bayer: 10x schneller

Kurt de Ruwe, CIO bei Bayer MaterialScience, gehört zu den ersten Pilotkunden, die SAPs Enterprise Suite auf HANA ausprobiert haben. De Ruwe, als Referenzkunde in Frankfurt vor Ort, pokert wesentlich niedriger. "Unsere oberste Priorität hatten Performance-Steigerungen", berichtet er. Die Ergebnisse: Mit der HANA-Suite liefen bei Bayer Analysen um den Faktor 10x schneller ab, gleichzeitig sanken die Kosten um etwa 20 Prozent. Das klingt weit weniger spektakulär. Trotzdem gab sich de Ruwe von der HANA-Enterprise-Suite überzeugt und will im zweiten Quartal mit CRM und Supply Chain Management auf HANA nachzügeln. Kunden bringt SAPs Echtzeit-Appliance HANA unter bestimmten Voraussetzungen Vorteile. Ein Investment gilt es aber genau durchzukalkulieren, und genau das machen Unternehmen in der Schweiz und anderswo. Etwa 1000 HANA-Kunden weltweit fast zwei Jahre nach dem Verkaufsstart, breiter Markterfolg sieht anders aus. HANA punktet vor allem bei global tätigen Retailern, in der Telekommunikation und der Finanzindustrie. Überall dort also, wo die Analyse von riesigen Datenbeständen in Echtzeit relevante Wettbewerbsvorteile verspricht.

SAPs Langfrist-Strategie

Für SAP selbst aber ist HANA ein hochstrategisches, extrem wichtiges Produkt. Denn der Löwenanteil aller SAP-Systeme weltweit läuft auf Oracle-Datenbanken, dann folgen Microsofts SQL Server und IBMs DB2. Diese Abhängigkeit ist Walldorf schon seit langer Zeit ein Dorn im Fleische. Mit HANA und der aufgekauften Datenbank Sybase ASE wittert SAP nun die Chance, sich aus der Zwangsehe mit Oracle, Microsoft und anderen zu verabschieden. Diese Chance gilt es, unbedingt zu nutzen. HANA und die neu lancierte "Enterprise Suite powered by HANA" wirken dabei langfristig als Migrationsbeschleuniger.



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