SAP Schweiz 22.05.2014, 18:52 Uhr

Tanz auf dem Vulkan

Auf dem SAP Forum in Basel inszeniert sich die Schweiz sorglos. Dabei zieht SAP-Chef Bill McDermott die Zügel kräftig an. Ein internes Memo verrät die Details der Umbaupläne.
SAP Forum 2014: Rolf Schumann (re.), Head of SAP Hana Business Development, im Gespräch mit Gästen.
Von all dem, was zurzeit im Inneren der SAP rumort, merkte man in Basel gar nichts. Oder fast nichts. Die Stimmung auf dem SAP Forum im Basler Congress Center pendelte eher zwischen ausgelassen und geschäftsmässig professionell. Zudem exponierte sich der neue Schweiz-Chef Bernd Brandl - Nachfolger von Stefan Sieber - zum ersten Mal auf grosser Bühne den Blicken der Öffentlichkeit. Der Managing Director in der Schweiz sei innerhalb der SAP ein sehr hoch angesehener Posten, sagte Brandl danach zu CW. Die Schweiz sei ein sehr schönes Land, man lebe auf sehr hohem Niveau. Hana verkaufe sich sehr gut, auch das Geschäft mit der Cloud laufe in der Schweiz gut an. Superlativ reihte sich an Superlativ. Alles in bester Ordnung also, oder? Ortswechsel von Basel nach Mannheim: Etwa zur gleichen Zeit wurden dort auf der SAP AKtionärshauptversammlung die Schicksalskarten der SAP neu gemischt. Bill McDermott übernimmt als Alleinherrscher das Steuerruder der SAP, sein Ex-Kompagnon Hagemann Snabe wechselt in der Aufsichtsrat. Ob das Gutes oder Schlechtes verheisst, kommt auf die Perspektive an: innen oder aussen. McDermott will viel rigoroser als bisher sein Unternehmen auf die Cloud ausrichten, und scheut dabei auch vor Entlassungen nicht zurück.

Internes SAP-Memo: Volldampf Richtung Cloud

Das strategische Ziel sei, SAP zur "fastest growing cloud company in the world" umzukrempeln, heisst es in eineminternen Memo. SAP-Mitarbeitern sei geraten, vorsorglich und ab sofort möglichst häufig das Wort "Cloud" in den Mund zu nehmen. Denn drei Prozent der weltweiten Belegschaft sollen entlassen und durch einen cloud-affineren Mitarbeitertypus ersetzt werden. Ende 2014, so heisst es im Memo, würden in Folge dann aber mehr Mitarbeitende für SAP schaffen als noch zu Jahresanfang.
Sicher ist in der neuen SAP unter Bill McDermott wohl gar nichts mehr. Ist auch die Schweizer Landesniederlassung betroffen? Legt man Basel als Fieberthermometer an, dann eher nicht, schlimmstenfalls weniger. In Basel präsentierte sich SAP Schweiz, so unser Eindruck, in sehr guter Verfassung, und wartete auf der Bühne und den Breakout-Sessions mit grossen Schweizer Unternehmen auf. Die Swisscom, SBB und die Axa Winterthur gehörten dazu. Auf der Party am Dienstagabend gab es zudem ein veritables Jubiläum zu feiern. Vor nunmehr 30 Jahren gründete der ERP-Weltmarktführer aus Walldorf seine erste Auslandsniederlassung überhaupt: in der Schweiz.

SAPs Vorbild: die Thermoskanne

Rolf Schumann, Head of Hana Business Development bei SAP, gab der schnellen Echtzeit-Appliance Hana einen ganz besonderen Dreh. Das sei ja eigentlich gar keine In-Memory-Datenbank, sondern eine Plattform für Innovationen und neue Geschäftsideen. So will SAP seine Hana ab sofort verstanden wissen. Innovationen seien einfach, aber veränderten das Leben vieler, wie die Thermoskanne, seine Lieblingsinnovation, plauderte Schumann locker weiter. Im Sommer bleibe Kaltes kalt, im Winter Warmes warm. Er habe bis heute nicht herausgefunden, wie die Thermoskanne es schaffe, die Jahreszeiten auseinanderzuhalten, witzelte es von der Bühne. Thermoskannen wird Schumann dringend brauchen, denn er tourt die meiste Zeit des Jahres in SAPs Big-Data-Truck durch Europa. Um Kunden zu zeigen, was man mit Hana alles anstellen kann. Zu den Live-Exponaten im Truck zählen zum Beispiel "Connected Cars", eine neue "Vending Machine" mit intelligenter Wartung (predictive maintenance) und das superhochaufgelöste interaktive Fotoarchiv GigaPixel. Nächste Seite: Spielverderber Larry Ellison

Spielverderber Larry Ellison

Hana lobt man überall auf SAPs Teppichetage in den höchsten Tönen. "Hana, das traue ich mich zu sagen, ist einzigartig auf dem Markt", sagte Schweiz-Chef Brandl zu CW. Weltweit soll es laut offiziellen Angaben mittlerweile 3200 Hana-Kunden geben, und SAP gibt sich selbstbewusst. Den technologischen Vorsprung vor der Konkurrenz schätzt der promovierte Physiker Brandl auf etwa ein Jahr. Wenn es ein Jahr wäre, dann wäre das in der Branche eine sehr lange Zeit. Aber Fakt ist: Auch Microsoft, IBM und Oracle bauen an In-Memory-Datenbanken. Und ob Brandl mit seiner Einschätzung richtig liegt, wird sich spätestens am 10ten Juni herausstellen. Dann will Larry Ellison, Chef des Datenbank-Weltmarktführers Oracle, höchstpersönlich seine neue "Datenbank In-Memory" der Weltöffentlichkeit präsentieren.

Referenzkunde SBB

In-Memory und die Cloud sind aber nur zwei der strategischen Säulen der SAP. Die dritte heisst Mobility. Und auf einer der zahlreichen Breakout-Sessions zeigten die SBB, wie sie mit SAPs mobile Platform unternehmensweit ihre mobilen Geräte verwalten. Zurzeit seien bei den SBB 95 Prozent des Verkaufspersonals und 99 Prozent des Rangierpersonals nicht mit einem mobilen Device ausgestattet. Die Konzernleitung habe deshalb das Projekt "Mitarbeitende verbinden" angestossen, das bis Ende 2015 umgesetzt werden soll, sagte SBBs Referent Melkon Torosyan in Basel.
Das Beförderungsunternehmen konzentriert sich auf die mobilen Plattformen Android und Apple iOS. Aus Gründen der Sicherheit sei es wichtig, dass die PINs eine ausreichende Länge besässen, Local Wipe und Remote Wipe - also die Fernlöschung des Device-Inhaltes - eingerichtet seien und die Geräte zusätzlich verschlüsselt würden, betonte Torosyan. Im Backend der SBB laufen nicht nur SAPs Mobile Platform, sondern auch Microsoft SQL Server, Sharepoint und SAPs Device-Management-Plattform Afaria. (Computerworld war Medienpartner auf dem SAP Forum 2014 in Basel)



Das könnte Sie auch interessieren