14.11.2012, 16:54 Uhr

SAPs 360-Grad-Strategie

SAP will mobile Apps, In-Memory HANA, Cloud und Analytics zu einer 360-Grad-Strategie verdichten. Wie soll das funktionieren? CW hat sich auf der SAP Sapphire in Madrid umgehört.
SAP Co-CEO Jim Hagemann Snabe auf der Sapphire 2012 in Madrid: 360-Grad-Erfolgsstrategie.
Auf der Sapphire in Madrid präsentierte SAP seine 360-Grad-Erfolgsstrategie - für seine Kunden, und für sich. Dazu gehören laut Co-CEO Jim Hagemann Snabe die essentiellen Kernkomponenten On-premise, Analytics, Cloud (Business ByDesign), In-Memory HANA und Mobility. Das hört sich zunächst nach den altbekannten strategischen Säulen an, die SAP seit etwa zweieinhalb Jahren propagiert, als die Doppelspitze Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe die Führung des Weltkonzerns übernahmen. Was steckt dahinter? Steckt etwas dahinter? Spricht man auf der Sapphire mit SAP-Offiziellen, hört man häufig: SAP sei noch immer, zusammen mit anderen, in einer Entrepreneur-Rolle. "Unsere grösste Herausforderung besteht zurzeit darin, für Awareness zu sorgen", betonte SAPs Cloud-Chef Markus Stahl gegenüber CW. SAP müsse seinen Kunden erklären, dass die Echtzeit-Appliance HANA, das Cloud-Portfolio und Mobility (Sybase unwired) keine isolierten Strategien seien, sondern ineinandergreifen, ergänzt Stahl. Genau dort aber liegt der Hase im Pfeffer. Zwar ist die Integration einzelner der von Snabe genannten Kernkomponenten erkennbar. Aber eine einheitliche Strategie - ist SAP, nach der On-premise-Ära, die zu Ende geht, noch auf der Suche nach sich selbst?

Snabe: 80 Prozent KMU-Kunden

Schnittstelle HANA: Ursprünglich als analytische Big-Data-Appliance - also für die schnelle Analyse riesiger Datenbestände - auf dem Markt positioniert, hat sich der Marktfokus der Echtzeit-Appliance merklich verschoben. Das KMU-ERP Business One läuft auf HANA, und damit hat SAP den Mittelstand als HANA-Kunden ins Visier genommen. SAPs Stefan Krauss nennt unter anderem Backorder-Prozesse, die mit HANA nicht nur nachts im Batch-Betrieb, sondern mehrmals am Tag laufen, die Bestandsbedarfsplanung und eine feinstrukturierte, dadurch sehr rechenintensive Ergebnisrechnung als mögliche KMU-Geschäftsszenarien. Dadurch, ist Krauss überzeugt, werde HANA auch für Mittelstandskunden eine interessante Option. Die Vermarktungsstrategie macht Sinn, denn 80 Prozent der SAP-Kundschaft, diese Wegmarke nannte Hagemann Snabe in seiner Keynote, stammen aus dem Mittelstand. Unter HANA sei es schneller, Aggregate (Ergebnisse von Queries) erneut auszurechnen, als sie ein einziges Mal in der Datenbank (auf Festplatte) nachzulesen, sagte SAPs Rainer Zinow im Gespräch mit CW. Lohnt sich HANA für den Mittelstand? Bei betriebswirtschaftlichen Anwendungen sei seine Antwort ein klares Ja, so Zinow. HANA bringt klare Vorteile gegenüber einer Aufteilung des Datenbestandes in "hot data" und "cold data", wie sie die Data-Warehouse-Konkurrenz - etwa Teradata - unter Kostengesichtspunkten propagiert. Alles in den Arbeitsspeicher zu packen sei doch viel zu teuer, wird etwa Teradata-CTO Stephen Brobst nicht müde zu betonen. Nun, unter bestimmten Voraussetzungen, für bestimmte Business Cases scheint es sich eben doch zu lohnen. Nächste Seite: Mobile HANA-Apps & mobile Cloud

Mobile Apps auf HANA

Schnittstelle Mobility: Auf einem vierstündigen Workshop zeigte SAP, wie die Schnittstelle zwischen HANA und mobilen analytischen Applikationen (Snabes Kernkomponente: Mobility) funktioniert. Als App-Entwicklungsumgebung dient das SAP BusinessObjects Design Studie, mit direktem Zugriff auf HANA und Business Warehouse (auf HANA). Das Design Studio basiert auf dem Java-Framework Eclipse und optimiert SAP-Business-Apps für das jeweilige Endgerät: Desktop, oder iPad. Später sollen Android-Devices und, falls von Kunden gewünscht, Windows Phone hinzukommen. SAPs Cloud-ERP Business ByDesign nutzt Microsoft Silverlight als Frontend-Technologie, die Business Suite das SAP-eigene Web DynaPro (Abap) und Page Builder. Als Abfragesprache fürs Datenmodeling auf HANA hat sich SAP für das weit verbreitete SQL und den Statistikdialekt R entschieden.
Schnittstelle Cloud: MIt der Akquise des HR-Software-Anbieters SuccessFactors hat sich SAP punkto Cloud erheblich verstärkt. Viele Kunden von SuccessFactors, wie Siemens und Nestlé, waren sowieso schon SAP-Kunden. Georg Goller, Vice President und Central-Europe-Chef von SuccessFactors, sieht in der Symbiose mit SAP weitere Vorteile. "Wir wachsen mit SAP noch stärker als vorher und profitieren von der Infrastruktur", so Goller im Gespräch mit CW. Die meisten unserer Kunden benutzen Software nicht 24x7, sondern gelegentlich. Cloud-Lösungen lohnen sich als Commodity, differenzieren also ein Unternehmen nicht im Wettbewerb, und müssten deshalb einfach zu bedienen und preiswert sein, folgert Goller daraus. SAP könne sich daher von der Agilität und Benutzerfeundlichkeit der SuccessFactors-Lösungen noch eine Scheibe abschneiden.

Cloud-Umsätze "lächerlich niedrig"

Schnittstelle Partner/Kunden: Die Umsätze mit SAPs eigenem Cloud-Portfolio seien zurzeit noch "lächerlich niedrig", gab SAPs Rainer Zinow im Gespräch mit CW offen zu. Zum Cloud-Lösungsportfolio gehören Business ByDesign als Cloud-Plattform sowie Applikationen wie Sales on Demand oder das neu lancierte Financials on Demand, das ab sofort auch in der Schweiz zu haben ist. Zinow sieht die bislang noch schwachen Umsätze jedoch in der Natur des Cloud-Beschaffungsmodells begründet. Das alte, proprietäre Lizenzmodell generiere im ersten Jahr hohe Umsätze,  und danach fliessen die Wartungsprozente. Die Cloud sei dagegen ein MIetmodell, das kleinere, aber kontinuierliche Umsätze generiere. Dabei komme es darauf an, Cloud-Kunden langfristig an sich zu binden, trotz der flexibleren Vertragslaufzeiten zwischen einem und mehreren Jahren, sagt Zinow. Dann sei die Vorteilhaftigkeit der Cloud dem alten Modell überlegen. Aber nicht nur die IT, sondern auch SAP selbst befinde sich zurzeit in einem Transformationsprozess. In unserer Cloud-Vertriebsstrategie werden wir stärker auf einen indirekten Vertrieb setzen, weniger auf Partner, sagte Zinow zu CW.



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