Spionage-Prozess 22.11.2010, 13:47 Uhr

Wie viel muss SAP zahlen?

40 Millionen oder eine Milliarde? Geschworene in Oakland beraten über die Höhe der Schadenssumme.
40 Millionen oder eine Milliarde, darüber berät zurzeit das Gericht in Oakland.
Im Industriespionage-Prozess Oracle gegen SAP hat Oracle am Freitag, den 19. November, seinen letzten Zeugen aufgerufen. Einer der Hauptzeugen, der ehemalige SAP-Chef Léo Apotheker, ist seit Wochen untergetaucht. Das Gericht in Oakland verzichtet daher notgedrungen auf seine Vernehmung, aus einem simplen, formaljuristischen Grund: Der Kläger Oracle war nicht in der Lage, Apotheker eine rechtlich zwingend erforderliche Zeugenvorladung zuzustellen. Eine Milliarde Dollar Schadensersatz Zurzeit nehmen, so die digitale Tageszeitung "All Things Digital", die Geschworenen ihre Beratungen auf. Dabei geht es vor allem darum, die Höhe der Schadensersatzzahlung festzulegen, die SAP auf das Konto von Oracle überweisen muss. Oracle verlangt eine Milliarde US-Dollar, SAP vertritt die Ansicht, mehrere zehn Millionen Dollar seien völlig ausreichend. Eine Schlüsselrolle spielt der jetzige HP-Chef Léo Apotheker, der vor einigen Monate bei SAP rausgeflogen und auf dem Chefsessel von HP gelandet war. Indizien legen nahe, dass Apotheker, der zur fraglichen Zeit SAP-Chef war, von den Spionageaktivitäten gewusst hat. Unter den Indizien befindet sich auch ein Video. "Die Video-Aussage und anderes beweist, dass Apotheker die Copyright-Verletzung bekannt war", sagte der von Oracle engagierte Staranwalt David Boies. Oracle verzichtete allerdings darauf, die Aufzeichnung im Gerichtsverfahren zu zeigen und als Beweismittel einzusetzen. Fest steht, von SAP bereits zugestanden, dass Mitarbeiter der damalige US-amerikanischen SAP-Tochter TomorrowNow Software und Kundendaten von Oracles Servern gestohlen haben. Durch günstigere Wartungspreise sollten dann die Kunden dem Rivalen abspenstig gemacht werden. In einigen Fällen mit Erfolg: Oracle habe 358 Kunden, etwa zwei bis drei Prozent (seiner Kundschaft), verloren, meldete die New York Times (Artikel: Licensing Fees the Main Topic of Oracle Testimony). HP: Hetzjagd auf Apotheker Die meisten dieser Wechselkunden hätten Oracle sowieso den Rücken gekehrt, argumentiert dagegen SAP. "In unserem Geschäft ist das geistige Eigentum Milliarden wert", konterte Oracles Co-President Safra Catz am letzten Verhandlungstag vor dem Bundesbezirksgericht in Oakland. Auffallend bedeckt hält sich HP, der jetzige Brötchengeber des Hauptzeugen. HP gibt in den nächsten Tagen ihre Geschäftszahlen bekannt und ist offensichtlich bemüht, ihren CEO aus der Schusslinie zu halten. Oracle habe zwei Jahre lang Zeit gehabt, mit Apotheker zu sprechen und veranstalte jetzt eine Hetzjagd auf ihn, so HP in einem offiziellen Statement. Keine leichte Aufgabe für die Geschworenen des Gerichts in Oakland, eine für alle Beteiligten faire Schadensersatzsumme festzulegen.



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