Com-Ex 26.09.2018, 16:01 Uhr

Milliarden für Schweizer Rechenzentren

Heute betreiben Schweizer Firmen rund 1300 Rechenzentren. In diese Anlagen fliessen alljährlich Milliarden-Investitionen, berichteten Experten an der Messe «Com-Ex» in Bern.
Christian Grasser vom Verband asut begrüsste rund 150 Teilnehmer am «Com-Ex»-Kongress
(Quelle: computerworld.ch)
Die Schweiz gilt als einer der wichtigsten Rechenzentrumsstandorte in Europa. Rund 1300 Datacenter werden hierzulande betrieben, davon 80 Prozent von Grosskonzernen. In die IT-Infrastrukturen fliessen jedes Jahr wieder Investitionen in Milliardenhöhe. Die Gelder werden mittlerweile auch für den effizienten Betrieb – sprich Energie, Kühlung und Notfallversorgung – ausgegeben. Das waren Aussagen der Experten an einem Kongress parallel zur Messe «Com-Ex» in Bern.
Die Investitionen in Informatik in der Schweiz steigen im laufenden Jahr um 4,1 Prozent, sagte etwa Philipp Ziegler, Geschäftsführer von MSM Research. Die Firmen nehmen satte 700 Millionen Franken mehr für Informations- und Kommunikationstechnologie in die Hand als 2017. Den Gesamtumsatz bezifferte er mit 18,097 Milliarden Franken, wobei KMU einen Anteil von 65 Prozent haben und das Tempo bei den Mehrinvestitionen vorgeben. Der Marktforscher beobachtet den Wandel weg von Individuallösungen und hin zu standardisierten Anwendungen.
Philipp Ziegler von MSM Research registriert steigende Investitionen der Firmen in Informatik
Quelle: computerworld.ch
Mit dem von Ziegler als «Paradigmenwechsel» bezeichneten Standardisierungstrend einher gehe der zunehmende Einsatz von Cloud-Lösungen. Während es früher Gang und Gäbe war, seine Informatik selbst zu betreiben, setzten unterdessen nur noch rund 30 Prozent auf den reinen Eigenbetrieb. Bei allen anderen Unternehmen gäbe es hybride Infrastrukturen, sagte der Experte. Dennoch: Für 2018 kalkuliert Ziegler damit, dass 24 Prozent aller IT-Investitionen – rund in 4,3 Milliarden Franken – in Rechenzentren fliessen werden.

Swisscom und Migros

Die Swisscom ist einer der Investoren in effiziente Rechenzentrumstechnologie. Die nach den Worten von Marius Schlegel neuste Anlage ist das Rechenzentrum in Bern-Wankdorf (das allerdings schon 2014 eröffnet wurde, Anmerkung der Redaktion). Swisscom hatte damals rund 60 Millionen Franken für den Neubau ausgegeben. Wie der Manager Corporate Responsibility wusste, konnten durch Integration alter Rechenzentren in die neue Anlage Energie-Einsparungen von rund 5,0 Millionen Kilowattstunden realisiert werden. Weiter brachte die Server-Virtualisierung allein im vergangenen Jahr nochmal 7,5 Millionen Kilowattstunden weniger. Zum Vergleich: In einem Einfamilienhaus mit drei Personen werden pro Jahr durchschnittlich 0,005 Millionen Kilowattstunden verbraucht.

Migros konsolidiert Rechenzentren

Der Migros Genossenschaftsbund zählte bis vor einigen Jahren sechs Rechenzentren in der Schweiz. Der Genossenschaftsbund selbst betrieb zwei Anlagen im Grossraum Zürich, die Genossenschaft Migros Zürich zwei weitere und die Genossenschaft Migros Aare im Raum Bern ebenfalls zwei. Wie Oliver Zingg, Floormanager Datacenter Zürich vom Migros-Genossenschaftsbund sagte, entschloss sich die Gruppe zur Konsolidierung der Rechenzentrumsinfrastruktur. Ein Grund war, dass die Migros den Mietvertrag für die Anlagen gekündigt hatte.
Oliver Zingg hat die Rechenzentren des Migros-Genossenschaftsbundes konsolidiert
Quelle: computerworld.ch
Zingg und seine Kollegen kamen mit einer vergleichsweise schlanken Investition von fünf Millionen Franken aus. Da zwei Rechenzentren abgeschaltet werden konnten, liess sich die Summe innerhalb von dreieinhalb Jahren amortisieren. Neu betreibt die Gruppe ein Datacenter in Zürich (380 Quadratmeter, 108 Racks) und Bern (688 Quadratmeter, 211 Racks). Von der Swisscom sind in Zürich im Co-Location-Betrieb weitere 116 Quadratmeter (31 Racks) und 110 Quadratmeter (32 Racks) in Bern angemietet.

Kleine und grosse Rechenzentren

Der Konferenzveranstalter Christian Grasser, zugleich Geschäftsführer des Telekommunikationsverbandes asut, sah die Schweiz als Datacenter-Standort im internationalen Vergleich sehr gut positioniert. «Durch die zunehmende Digitalisierung und neue Technologien wie den 5G-Mobilfunk wird die Bedeutung von Rechenzentren noch viel mehr zunehmen», sagte er. Die 5G-Technologie verspreche Latenzzeiten von kleiner einer Millisekunde – allerdings nur dann, wenn das Rechenzentrum weniger als 30 Kilometer entfernt ist. Wie Grasser sagte, würden in der Schweiz bald kleinere Rechenzentren entstehen, damit die Konsumenten die neue Qualität der Mobilfunktechnologie auch nutzen können.
Parallel ist der Ausbau vorhandener Datacenter zu beobachten: Unter anderem e-shelter und green kündigten zuletzt massive Erweiterungen ihrer Anlagen an – auch um die Nachfrage nach Hyperscaler-Dienstleistungen zu stillen. Beide Firmen investieren hohe zweistellige Millionenbeträge im Schweizer Rechenzentrumsmarkt.



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