BMCs Paul Cant 28.09.2020, 06:00 Uhr

«ITIL geht heute nur noch mit DevOps»

Der Markt für das IT-Management in der Schweiz ist gesättigt. Für BMC geht ITIL im Jahr 2020 nur noch in Verbindung mit DevOps, sagt der Vice President für EMEA Paul Cant.
Paul Cant sieht BMC Software in der Schweiz gut aufgestellt
(Quelle: BMC Software)
Lange Jahre waren die Administratoren und IT-Manager die Hauptkunden von BMC Software. Die Verantwortlichen wollten das Optimum aus den Applikationen, Mainframes und Servern herausholen. Und diese Leistung adäquat verrechnen können. Mit den IT-Management-Lösungen von BMC klappte es. Der Anbieter war und ist Marktführer in dem Segment. Mit der Digitalisierung proklamiert BMC nun das «Autonomous Digital Enterprise», sagt Paul Cant, Vice President für den EMEA-Raum im Interview.
Computerworld: Welche Bedeutung hat der Schweizer Markt für BMC Software?
Paul Cant: Der Schweizer Markt ist für BMC Software sehr wichtig, da wir eine 23-jährige Geschichte der Bereitstellung von erstklassigen Lösungen für unsere Kunden in dieser Region haben. Unter der Leitung von Andreas Bauer betreuen wir auf Enterprise-Ebene über 200 Kunden, wobei auch die Anwenderunternehmen in Österreich und Polen dazu zählen.
Wir sind in allen Branchen sehr gut vertreten, einschliesslich Finanzen und Versicherungen, Telekommunikation, öffentlicher Sektor, Detailhandel sowie Gesundheitswesen und Pharma. Wir haben weiterhin Investitionspläne für die Region und für unser Ökosystem. Dafür werden wir unsere Partnerschaften ausbauen und mit sowohl globalen Outsourcing-Anbietern sowie lokalen Systemintegratoren wie ITConcepts eng zusammenarbeiten. Wir wachsen zweistellig in diesem Markt.
CW: Mit welchen Fragestellungen kommen die Kunden auf Sie und Ihre Partner zu?
Cant: Wir sprechen täglich mit unseren Kunden, um ihnen bei der Lösung komplexer Probleme zu helfen, die vom Mainframe bis in die Cloud reichen. Hier verfügen wir über 40 Jahre Erfahrung. Dieses Know-how können wir einbringen, um den Unternehmen dabei zu helfen, mit Agilität, Kundenorientierung und nutzenstiftenden Erkenntnissen erfolgreich zu sein. So sind wir bestrebt, einerseits die Investitionen unserer Kunden zu schützen und andererseits Türen bei neuen Kunden aus allen Branchen zu öffnen.
CW: Welche Alleinstellungsmerkmale von BMC Software sehen Sie?
Cant: Wir bieten Kunden die Wahl zwischen einem Hosting unserer Lösungen auf AWS und Azure sowie Support für Multi/Hybrid-Cloud-Szenarien. Unsere Cloud-Lösungen wie Helix ITSM und Digital Workplace, unser Operations Management Control-M und unsere Mainframe-Lösungen werden von den Analysten seit Jahren als marktführend eingestuft. Ausserdem steht BMC Software als Firma für finanzielle Stabilität, die seit Jahrzehnten massiv in Innovation und Entwicklung investiert. Mehr als 550 Patente dokumentieren den Erfolg dieser Investitionen.
Zur Person
Paul Cant
ist seit 2016 Vice President EMEA bei BMC Software. Er stiess 2008 durch die Übernahme von BladeLogic zu BMC. Damals verantwortete er die Geschäfte im südlichen EMEA-Raum, sprich Frankreich, Italien, die iberische Halbinsel, den Nahen Osten und Afrika. Insgesamt ist Cant 28 Jahre in verschiedenen leitenden Management- und Vertriebspositionen bei unter anderem Ascential Software, BladeLogic, Energis und Parametric Technology tätig.

Schweizer Kunden setzen auf BMC

CW: Können Sie bitte aus Ihrer Sicht bemerkenswerte Kundenprojekte des vergangenen Jahres kurz skizzieren?
Cant: Gerne. Lassen Sie mich beginnen mit einem Behördenkunden. Die IT-Verantwortlichen der Verwaltung verfolgten das Ziel, weniger Support-Tickets auslösen zu wollen und den Anteil der beim ersten Anruf erledigten Anfragen zu erhöhen. Der Kunde entschied sich für BMC Helix Digital Workplace. Die mobile Self-Service-App erlaubt es den Nutzern, IT- sowie auch Nicht-IT-Leistungen eigenständig und kontextorientiert zu beziehen. Damit konnten Tickets in der Hälfte der Zeit erstellt und das Anrufvolumens um 30 Prozent reduziert werden. Neu werden ausserdem 29 Prozent mehr Anfragen beim ersten Anruf erledigt.
Ein zweites Beispiel ist die Implementierung von BMC Helix Digital Workplace bei einer Schweizer Versicherung. Sie nutzt die Lösung, um IT-Service-Anfragen und Genehmigungsprozesse zu automatisieren und zu beschleunigen. Dafür hat der Kunde seinen Mitarbeitern eine App bereitgestellt. Mittlerweile kommen 60 Prozent der Anfragen über die App. Die Anzahl der Support-Anrufe ist um 20 Prozent gesunken, Genehmigungen werden sogar 70 Prozent schneller erteilt. Den Service-Desk-Mitarbeitern bleibt so mehr Zeit, sich um wirklich kniffelige Probleme zu kümmern.
CW: Gibt es einen Kunden mit der Automatisierungslösung Control-M in der Schweiz?
Cant: Selbstverständlich, wir haben in der Schweiz sogar einige der grössten Kunden im Bereich Automatisierung. Ein Detailhändler nutzt Control-M für die Automatisierung der SAP-Auftragsverarbeitung. Die Lösung verarbeitet täglich rund 150'000 Jobs von mehr als 100 SAP-Instanzen in Entwicklungs-, Test- und Produktionsumgebungen. Dabei führt Control-M auch kritische SAP-Aufträge aus und stellt sicher, dass sie termingerecht abgeschlossen werden, damit die Regale der Filialen gefüllt bleiben, die Kassen funktionieren und letztendlich die Kunden zufrieden sind. Darüber hinaus hat der Kunde Control-M Self Service implementiert, um den kontrollierten, rollenbasierten Zugriff auf die Systeme von Drittparteien zu ermöglichen.
CW: Cloud Computing ist die neue Normalität. Was hat BMC Software zu bieten?
Cant: Eine gute Cloud-Strategie bedeutet, alle Dienste und zugehörigen Ressourcen zu identifizieren und zu verstehen. Anschliessend muss für jeden Dienst ein Migrationsansatz definiert und ein Business Case gerechnet werden. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die Vorteile der Cloud-Migration, allfällige Abhängigkeiten und Kosten transparent werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die «Day 2 Operations» – sprich der Betrieb und die Wartung – in der Cloud sich wahrscheinlich stark von der aktuellen Praxis unterscheiden.
Wir beobachten jetzt, dass viele Organisationen von der Cloud-Migration zurückgetreten oder sich auf dieser Reise nicht so schnell wie ursprünglich geplant fortbewegen. Die Gründe sind, dass die Kosten höher sind als erwartet, die Komplexität unterschätzt wurde und die Leistungsversprechen nicht gehalten werden.
Hier kann BMC helfen. Als etablierter Partner im IT-Service- and Operations-Management können wir mit einer Palette an Lösungen und Services dazu beitragen, die Planung, Migration und Automatisierung der Cloud-Transformation unserer Kunden zu beschleunigen und zu optimieren. Beispielsweise erlaubt es die Helix-Plattform, Multi-Cloud-Umgebungen zu betreiben, zu steuern und zu sichern. Mit Control-M helfen wir, Daten in und zwischen Cloud-Plattformen zu orchestrieren, um Workloads unterbruchfrei zu verwalten.

Der Mainframe bleibt gesetzt

CW: Welche Bedeutung hat das Mainframe-Business für BMC?
Cant: Wir betrachten den Mainframe als eine wichtige Unternehmensinfrastruktur für viele Industrien. Denn praktisch keine andere Plattform kann die robuste Verarbeitungsleistung, Stabilität, Sicherheit und agile Skalierbarkeit bieten. Deshalb unterstützen wir die Modernisierungsbemühungen unserer Kunden durch BMC Automated Mainframe Intelligence. Die Lösung nutzt künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen, Musteranalysen und Predictive Analytics, um den Mainframe weitestgehend automatisch zu verwalten, zu patchen, zu optimieren und zu sichern.
CW: Beim IT-Service-Management gilt der Schweizer Markt als gesättigt. Gibt es in Ihrem Kerngeschäft noch Wachstumsopportunitäten?
Cant: Stimmt, ITIL ist in der Schweiz sehr ausgereift. Allerdings können wir im Jahr 2020 nicht über ITIL sprechen, ohne über DevOps zu sprechen. Denn: Wie können wir die von DevOps geforderte und gelieferte Geschwindigkeit darauf abstimmen, dass die damit bereitgestellten Dienste auch sicher und stabil sind?
Dafür müssen das Service Management und DevOps miteinander verbunden werden. Insbesondere die ITSM-Systeme müssen deutlich agiler werden. Aus unserer Sicht können künstliche Intelligenz und kognitive Methoden in unserer Helix-Suite dazu beitragen, dem Service Management sowohl mehr Geschwindigkeit als auch Stabilität zu verleihen, die von DevOps gefordert wird.
Soweit zum ersten Wachstumspotenzial bei ITSM. Zweitens registrieren wir bei den Kunden die Bestrebungen, das traditionelle IT-Management mit anderen Funktionen im Unternehmen zu integrieren. BMC konzentriert sich auf eine enge Integration mit führenden Anbietern für Infrastruktur, HR, Finanzen und andere Geschäftsfunktionen. Dafür erlaubt die Helix-Business-Workflow-Plattform einerseits eine einfache und tiefe Integration mit Drittlösungen, andererseits aber auch das Abbilden von Geschäftsprozessen auf der Plattform selbst.
CW: Welche Pläne hat BMC Software für die nahe Zukunft?
Cant: Unsere Pläne drehen sich um die Enterprise-2025-Vision und die Unterstützung unserer Kunden auf ihrem Weg zum «Autonomous Digital Enterprise». Dabei konzentrieren wir uns auf Lösungen, die eine bemerkenswerte Kundenerfahrung, Automatisierung überall, DevOps, datengetriebene Geschäfte und adaptive Cybersicherheit unterstützen. Weiter wollen wir neue Partnerschaften lancieren, um die Bedürfnisse unserer Kunden durch die Integration der verschiedenen Lösungen zu befriedigen und ihnen so den Übergang in die Cloud und das SaaS-Modell zu erleichtern.
Zur Firma
BMC Software
wurde 1980 von Scout Boulett, John Moores und Dan Cloer in Houston, Texas, gegründet. Das Unternehmen war von 1988 bis 2013 an den New-Yorker Börsen kotiert. Im September 2013 wurde BMC von privaten Investoren übernommen. Die Historie ist gekennzeichnet von diversen Akquisitionen, darunter Remedy (2002), BladeLogic (2008) und zuletzt Compuware (2020). Für 2019 wies BMC einen Umsatz von zwei Milliarden US-Dollar und rund 6000 Angestellte aus.



Das könnte Sie auch interessieren