Analyse 20.07.2011, 16:48 Uhr

ERP-Trends 2011/2012

Ein ERP-Anbieter-Mix steigert die Komplexität und senkt die Effizienz, warnen die Marktanalysten von Trovarit. Zwar gibt es ein Patentrezept, aber dessen Umsetzung stösst in der Praxis auf Probleme.
Gefährlicher Mix aus Kern-ERP, externer Software und Eigenentwicklung in der Industrie.
Die Mehrzahl Schweizer Unternehmen hat heute ERP-Lösungen im produktiven Einsatz. Die Palette reicht von reinen Finanzlösungen bis zu durchgängig integrierten ERP-Suiten. In der Industrie liegt der Schwerpunkt auf der kaufmännischen und technischen Auftragsabwicklung, der Materialwirtschaft und der PPS (Produktplanung und -steuerung). Allerdings fällt auf, dass ein bedeutender Teil durch nachträglich eingekaufte Zusatzlösungen abgedeckt wird, die lediglich über eine Schnittstelle mit dem Kern-ERP in Verbindung stehen. Dadurch steigt die Komplexität des Gesamtsystems. Besonders die Personalverwaltung und Lohnbuchhaltung helfen sich mit solchen angedockten Zusätzen weiter (vgl. Trovarit Marktspiegel 2011/2012, Der ERP-Markt im deutschsprachigen Raum). 36 Prozent der Schweizer Unternehmen planen, noch in diesem Jahr auf ein neues ERP zu migireren oder ihre vorhandene Lösung zu erweitern (vgl. Swiss IT, die Schweizer IT-Studie 2011). Die Gefahr der Überkomplexität droht dabei vor allem in den Bereichen Dokumenten-Management, Customer Relationship Management und Qualitätssicherung, konstatieren die Marktanalysten von Trovarit. Denn viele dieser Module werden von spezialisierten Best-of-Breed-Anbietern eingekauft, also nicht vom ERP-Haupt-Vendor. Die Komplexität der Software-Architektur nehme durch diesen Mix erheblich zu, warnt Trovarit. Nächste Seite: Patentrezept gegen Überkomplexität

Patentlösung SOA

Zwar gibt es eine Art Patentrezept gegen den Komplexitätsdschungel: Service Orientierte Architekturen (SOA). Darunter verstehen Software-Spezialisten ein gekapseltes Stück Software, das einen bestimmten Funktionsumfang (Service) besitzt und mit anderen Services über standardisierte, parametrisierbare Schnittstellen zusammenarbeitet. Entwicklerkreise reden SOA-Architekturen schon lange das Wort. Allerdings stellt SOA die Anbieter von ERP-Lösungen vor gewaltige Herausforderungen. Sie müssen den komplexen Funktionsumfang ihrer meist über Jahrzehnte gewachsenen ERP-Produkte in sinnvolle Module zerlegen, die Module standardisieren und Schnittstellen standardkonform neu programmieren. Meist heisst das nichts anderes, als das ERP unter erheblichen Personal- und Kostenaufwänden mehr oder weniger vollständig neu zu entwickeln.

Was machen Oracle und SAP?

Oracle hat diese Strategie mit seinen in Java programmierten Fusion Apps eingeschlagen, SAP hat unter erheblichem Aufwand sein modularisiertes Cloud-ERP Business ByDesign entwickelt. Anbieter von Altsystemen aber bleibt nichts anderes übrig, als die monolithische Struktur ihrer Lösungen schrittweise aufzulösen und den Monolith zunächst in einige wenige Module zu zerlegen, die über eine Integrationsebene (Middleware) miteinander verbunden sind. Neue, gemäss SOA entwickelte Funktionalität lässt sich danach leichter integrieren. Auf Anwenderseite müssen sich jedoch besonders KMU die Frage stellen, ob sie nicht den grossen Schnitt wagen und gleich auf ein modulares, serviceorientiertes Cloud-ERP umsteigen sollten.



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