Cloud oder On-Premises – die Qual der Wahl

Hybrid Cloud und Multi-Cloud

Cloud oder On-Premises? Immer häufiger lautet die Antwort: «sowohl als auch». Die wenigsten Unternehmen lagern auf einen Schlag ihre komplette IT in die Cloud aus. Stattdessen stellen sie Schritt für Schritt um – und geben so nebenbei auch Systemhäusern die Möglichkeit, ihr Geschäftsmodell langsam zu verändern. Reines On-Premises ist ebenso selten anzutreffen wie reine Cloud-Lösungen.
Die Hybrid Cloud möchte die Vorteile beider Modelle bieten, und im Idealfall lassen sich Workloads und Services geschmeidig von einer Welt in die andere übertragen. Ein Unternehmen kann vertrauliche Daten in einem lokalen Rechenzentrum speichern und gleichzeitig von den robusten Ressourcen einer verwalteten Cloud profitieren. «Bei multinationalen Grosskunden, wie sie BT als Kernzielgruppe bedient, werden noch für viele Jahre hybride Architekturen anzutreffen sein, die On-Premises, Managed Hosting und Cloud verbinden», ist Sven Klindworth überzeugt.
Auch AWS hat inzwischen erkannt, dass die Hybrid Cloud den Anforderungen vieler Unternehmen entspricht, und kürzlich AWS Outpost angekündigt. Werner Vogels, CTO von Amazon, sagte auf dem «AWS Summit» in Berlin Ende Februar, AWS sei sehr cloudlastig, was ein Problem für Unternehmen darstelle, die ihre Daten der Cloud nicht anvertrauen wollen oder dürfen. AWS Outpost ermögliche es, die gleichen Funktionalitäten in lokalen und Cloud-Anwendungen zu verwenden, also die Cloud-Dienste von AWS auch On-Premises zu betreiben. Die Infrastruktur werde dabei vollständig von AWS verwaltet und gewartet. Microsoft hat mit Azure Stack längst ein ähnliches Angebot. «Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt klar, dass IT-In­frastrukturen heute deutlich flexibler sind – und dies auch sein müssen – und sich kaum noch auf Cloud oder On-Pre­mises festlegen lassen. Inzwischen gibt es derart viele anpassbare und integrative Cloud-Lösungen, dass beinahe zwangsläufig hybride Infrastrukturen entstehen», begründet Henrik Hasenkamp von gridscale den Erfolg der Hybrid Cloud.
“Statt Bedenken zu wälzen, sollten Unter­nehmen ihre Sicherheitsanforderungen genau definieren, ein passendes Sicherheitskonzept entwickeln und dieses konsequent umsetzen„
Thorsten Harth, Managing Consultant NTT Data Deutschland
Bei der Provider-Wahl sollten Entscheider darauf achten, dass sich Workloads einfach und unkompliziert von der On-Premises-Umgebung in die Cloud heben lassen und umgekehrt. Die Applikationen sollten in beiden Umgebungen den gleichen Service Level Agreements und identischen Update-Zyklen unterliegen, sodass sie stets auf dem gleichen Innovationsstand sind. Zudem sollte der Provider die Verantwortung für den IT-Support tragen. So können sich CIOs auf rein anwendungsbezogene und strategische Aufgaben konzentrieren. «Es gibt meines Erachtens kein Entweder-oder – die Lösung liegt in der Hybrid Cloud», fasst VMware-Mann Gehring zusammen.
Die Hybrid Cloud wird von vielen Analysten nur als Zwischenstation angesehen auf dem Weg zur Multi-Cloud. Die soll das Problem lösen, dass es keinen für alle Einsatzszenarien optimal geeigneten Cloud-Dienst gibt. Bei der Multi-Cloud nutzen Unternehmen mehrere Anbieter, um Kosten, Sicherheit und Leistung bedarfsgerecht zu optimieren. Ähnlich wie die Automobilindustrie, die ihre Fahrzeugkomponenten von verschiedenen Zulieferern bezieht, werden Cloud-Services je nach Bedarf, gewünschter Leistung und Preis vom jeweils passendsten Anbieter bereitgestellt. Damit erhält der Anwender die für ihn jeweils beste Variante und senkt die Abhängigkeit von einem Cloud-Provider.
Ein weiterer Vorteil der parallelen Nutzung mehrerer Anbieter ist die Steigerung der Verfügbarkeit und der Ausfallsicherheit. Die Verwaltung erfolgt über eine zentrale Managementkonsole, denn um eine Multi-Cloud-Lösung effizient einzusetzen, braucht man eine ganzheitliche Sicht auf die Cloud-Services und die IT-Infrastruktur.

Fazit & Ausblick

Auch die Cloud ist nicht für immer und ewig die Krone der IT-Evolution. Als Nachfolger wird derzeit vor allem das Edge-Computing gehandelt – die dezentrale Datenverarbeitung am Rand des Netzwerks, dort wo die Daten generiert werden. Edge-Computing unterscheidet sich grundlegend von Cloud-Computing. Daten werden nicht aus der zentralen Cloud abgerufen, sondern an dezentralen Knotenpunkten gebündelt zur Verfügung gestellt. Ein autonomes Fahrzeug, das Standort- und Stauinfos von einem nahen Knotenpunkt erhält, muss keine Datenabfrage über ein Rechenzentrum ausführen, das vielleicht Hunderte Kilometer entfernt steht. Und wenn das IoT 2020 geschätzte 50 Milliarden Devices weltweit verbindet, dann fallen enorme Datenmengen an, die die Cloud möglicherweise überfordern. Die Turbine eines Verkehrsflugzeugs etwa generiert laut Cisco jede Stunde rund 20 Terabyte Daten. Venture Capitalist Peter Levine sieht deshalb bereits das Ende der Cloud am Horizont: Ein grosser Teil der Rechenleistung, die heute in der Cloud stattfinde, werde zwangsläufig zum Edge wandern.

Andreas Dumont
Autor(in) Andreas Dumont



Das könnte Sie auch interessieren