Vernetztes Fahren 18.11.2022, 06:36 Uhr

Auto als rollendes Rechenzentrum

Noch vor zehn Jahren bestand die Software eines Autos aus rund zehn Millionen Codezeilen. Inzwischen sind es 100 Millionen. Das Fahrzeug von heute ist ein kleines Rechenzentrum.
(Quelle: Shutterstock / Gorodenkoff)
Noch ist es ein seltener Anblick – aber wir werden uns bald daran gewöhnt haben: Der Fahrer eines Autos kümmert sich nicht um den Verkehr, sondern liest während der Fahrt seine Mails oder sieht sich ein Youtube-Video an.
Was bis vor Kurzem noch nach Zukunft klang, ist inzwischen Realität: Die aktuelle S-Klasse von Mercedes-Benz fährt auf freigegebenen Strecken und in bestimmten Verkehrssituationen selbstständig. Der Fahrer darf die Hände vom Steuer nehmen und sich anderen Dingen widmen.
Moderne Autos von heute sind rollende kleine Rechenzentren: Unzählige Sensoren registrieren zum Beispiel Regentropfen auf der Windschutzscheibe, erkennen Verkehrszeichen am Strassenrand, bremsen das Fahrzeug bei Hindernissen rechtzeitig ab oder rufen bei schweren Unfällen mit der Funktion «eCall» selbstständig den Rettungsdienst.
So funktioniert die selbstfahrende S-Klasse von Mercedes-Benz
Zahlreiche Sensoren sorgen dafür, dass sich die Oberklasse-Limousine sicher autonom fortbewegt.
Mercedes-Benz
Mercedes-Benz erfüllte Anfang dieses Jahres als weltweit erster Auto­bauer die gesetzlichen Anforderungen der UN-Regelung R157 für autonomes Fahren. Auf rund 13.000 Autobahnkilometern in Deutschland fährt die Oberklasse-Limousine mit der Funktion Drive Pilot bei hohem Verkehrsaufkommen oder in Stausituationen selbstständig.
Wenn man das System aktiviert, dann regelt es bis 60 km/h die Geschwindigkeit und den Abstand zu anderen Fahrzeugen. Neben den ohnehin bereits zahlreichen serienmässig verbauten Systemen basiert Drive Pilot auf weiteren Sensoren wie einem Lidar, einem Laserscanner zur Abstandsmessung. Hinzu kommen unter anderen eine Heckkamera und Mikrofone, um zum Beispiel Blaulicht und andere Sondersignale von Einsatzfahrzeugen zu erkennen.
Hochpräzises GPS
Wo sich das S-Klasse-Auto befindet, ermittelt ein hochgenaues GPS-System, das auf dem Dach montiert ist. Der von der Satellitennavigation ermittelte Standort wird in eine dreidimensionale Strassenkarte übertragen, die eine Genauigkeit im Zentimeterbereich aufweist. Die Kartendaten werden über ein Rechenzentrum ständig aktualisiert und liefern detaillierte Informationen über Strecken­eigenschaften, Verkehrszeichen sowie besondere Ereignisse wie Baustellen oder Unfälle.
Und die erwähnten Limousinen von Mercedes fahren nun auch schon ganz von allein. Mercedes-Benz erfüllt als weltweit erster Autohersteller die gesetzlichen Anforderungen für autonomes Fahren. Das System Drive Pilot ist ein sogenanntes Level-3-System, das ein hochautomatisiertes Fahren ermöglicht. Wenn man das System aktiviert, dann regelt es bis 60 km/h auf geeigneten Autobahnabschnitten und bei hohem Verkehrsaufkommen die Geschwindigkeit und den Abstand zu anderen Fahrzeugen. Dabei reagiert das Auto auch auf unerwartete Ereignisse, etwa durch Ausweichmanöver. Der Fahrer kann nebenbei machen, was er will – er muss allerdings zum Beispiel bei Baustellen innerhalb von Sekunden wieder die Kontrolle übernehmen können.
Möglich macht das Ganze moderne Computertechnik – viel Rechenleistung auf kleinem Raum. Doch ganz neu ist IT im Auto nicht. Bereits Ende der 1970er-Jahre brachte der Automobilzulieferer Bosch ein serientaug­liches Antiblockiersystem auf den Markt. Es verfügte über ein für damalige Verhältnisse hochmodernes Steuergerät mit Halbleitertechnik, das in Sekundenbruchteilen den Bremsdruck anpasste.



Das könnte Sie auch interessieren