18.12.2007, 08:34 Uhr

Software-Käufer auf Schnäppchenjagd

Software wird 2008 endlich billiger - prognostiziert die Marktforscherin Gartner Group und stützt sich dabei auf sieben Trends.
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William Snyder, Forschungsdirektor der Gartner Group, ist überzeugt: Software wird günstiger.
Heinrich Vaske ist Chefredaktor unserer deutschen Schwesterzeitschrift Computerwoche.
Die Kassen der Softwarehersteller werden kommendes Jahr nicht mehr so laut klingeln wie in der Vergangenheit. Gemäss Marktforscherin Gartner Group geht die Zeit der hohen Gewinnmargen im Softwaremarkt zu Ende. Die Analysten -empfehlen den Anbietern, «realistischere Margen» zu planen, da die Kunden künftig genauer auf die Kosten achten. Die Anwender haben erkannt, dass sie durch geschicktes und hartes Verhandeln beim Hardwarekauf und beim Dienstleistungs-Bezug die Preise drücken können. Nun werden sie dieselbe Taktik auch beim Softwarekauf anwenden. Entsprechen wird, erklärt William Snyder, Forschungsdirektor bei Gartner, künftig härter über Softwarelizenzen verhandelt. Diese generelle Tendenz zum Feilschen wirkt sich auf die Vertriebs- und Wirtschaftsmodelle im Softwaremarkt aus. Deshalb prognostiziert Gartner folgende sieben Entwicklungen:

1. Geschäftsprozess-Outsourcing

Der weltweite Markt für Business Process Outsourcing (BPO) wird laut Snyder das am schnellsten wachsende IT-Servicesegment bleiben. Das hat deutliche Auswirkungen auf die Softwarebranche: Viele grosse BPO-Anbieter nutzen die gängigen kommerziellen Businessanwendungen nur teilweise oder sogar überhaupt nicht und nehmen damit der Softwarebranche einen Teil ihrer Marktchancen.

2. Software as a Service (SaaS)

Gartner prophezeit, dass 2011 rund ein Viertel aller neu angeschafften Business-Software im SaaS-Modell ausgeliefert wird. Das verändert das Anbieter-Kunden-Verhältnis und beeinflusst die Gewinnmargen: Viele der «Lock-in-Kosten», die sich beim lokalen Softwarebetrieb ergeben, entfallen beim On-Demand-Modell. Beispielsweise sinkt der Aufwand für die Anpassung. Implementierung und Upgrading sind komplett dem Anbieter überlassen und mit der monatlichen Gebühr abgegolten.

3. SOA und Billigprogrammierer

Service-orientierte Architekturen (SOA) und modulare Anwendungen, die auf dem SOA-Prinzip basieren, wirken sich in Kombination mit der Verfügbarkeit billiger Arbeitskräfte, etwa in China und Indien, aus: Alternative Quellen für neue Business-Software-Komponenten öffnen sich. Beispielweise müssen sich Organisationen nicht für komplexe Finanzanwendungen an einen Offshore-Provider wenden, sie können kleine Add-on-Module zu günstigen Preisen kaufen.^

4. Wartung aus dritter Hand

Bislang waren Wartungsservices ein Quasimonopol für Softwareanbieter. Sie hatten die alleinigen Rechte am Sourcecode für die kritischen Komponenten des Systems. Inzwischen etabliert sich aber ein von Drittanbietern aufgezogener Markt für alternative Maintenance-Services. Diese Drittanbieter können zwar weder neue Funktionalität offerieren, noch haben sie den generellen Zugang zum Quellcode. Aber sie können billig eingeführte Softwareversionen pflegen und Updates vornehmen.

5. Open-Source-Software (OSS)

Die Open-Source-Bewegung hat gravierenden Einfluss auf die Käufer-Lieferanten-Beziehungen im Softwaremarkt. Die Anbieter werden in die Lage versetzt, bessere Software zu günstigeren Preisen zu verkaufen. Anbieter mit hohem Open-Source-Anteil im Angebot werden nur noch geringe Gewinnmargen mit Software erzielen und daher ihren Geschäftsfokus auf begleitende Services verschieben. OSS-Lösungen konkurrieren in allen Marktsegmenten direkt mit Closed-Source-Angeboten, meint Snyder: «Obwohl Industriegiganten wie Microsoft und IBM durch den OSS-Trend sicher nicht zerstört werden, steigt der Druck auf ihre Margenstrukturen kontinuierlich.»

6. Chinas Softwareindustrie reift

Viele grosse Softwareanbieter schaffen es nicht, in China Fuss zu fassen, weil dort nicht die im Westen üblichen hohen Preise für Businessanwendungen gezahlt werden. Stattdessen vertrauen die Kunden auf kleinere, billigere Lösungen lokaler Anbieter. Firmen wie Kingdee International und Ufida gewinnen stetig Marktanteile in chinesischen Unternehmen. Westliche Firmen, die in China Geschäfte machen wollen, installieren bevorzugt ebenfalls die lokal angebotene Software. Gartner glaubt, dass diese Anbieter künftig ein gutes Stück vom Software-Weltmarkt erobern können.

7. «Tiger»-Staaten scheren aus

Die vermutlich stärksten Auswirkungen auf die Softwarekosten und -märkte wird das grosse Interesse der aufstrebenden, bevölkerungsstarken Länder wie Brasilien, Russland, Indien und China an IT-Lösungen sein. Weil Firmen in diesen Ländern viele PC-Arbeiter haben, wird die Zähmung der Softwarekosten überlebenswichtig. Überdies stehen diese Länder nicht unter dem Zwang, Legacy-Umgebungen mit hohen Folgeinvestitionen am Leben zu erhalten.
Heinrich Vaske



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