21.08.2007, 11:03 Uhr

Pinguine an der Aare

Vor Jahren hat Solothurn eine Linux-Strategie verabschiedet. Die Desktop-Migration stellt das grösste hiesige Projekt dieser Art dar.
Der Kanton Solothurn ist dabei, zum grössten Schweizer Anwender von Linux auf Desktops zu werden. Kurt Bader, Vorsteher des Amtes für Informatik und Organisation, favorisiert die Unabhängigkeit.
Der Kanton Solothurn mit seinem gleichnamigen Hauptort an der Aare hat sich unter Literatur- und Filmfreunden einen Namen gemacht. Doch auch andere Geschichten werden dort geschrieben, etwa diejenige eines pionierhaften Umstiegs auf Linux. Diese Geschichte beginnt mit einem Kantonsrats-beschluss vom Dezember 2001, der die strategische Ausrichtung auf das freie Betriebssystem zum Inhalt hatte. Ab 2002 wurde die Server-Landschaft auf Linux umgestellt. Damit einher ging der Umbau der verwaltungs-spezifischen Anwendungen auf eine plattformunabhängige Infrastruktur. Derzeit steht der ambitionierteste Schritt an. Seit kurzem verfügen 300 PC-Arbeitsplätze über einen Linux-Desktop. Die restlichen 1700 sollen bis Ende 2008 folgen. Damit wird Solothurn zum grössten hiesigen Anwender von Linux auf dem Desktop.
Dabei kommt dem für die Migration verantwortlichen Amt für Informatik und Organisation die Strategie entgegen, die seit längerem verfolgt wird: «Wir setzen bei Anwendungen und Daten auf eine weitgehende Unabhängigkeit von Produkten und Plattformen», erklärt Amtsvorsteher Kurt Bader. So verzichtete der Kanton wo immer möglich auf in Office integrierte Anwendungen und Makros. Diese Beharrlichkeit habe zwar, so Bader, zum Teil für Unmut unter den Benutzern gesorgt, aber den Entscheid für Linux vereinfacht.
Als Gründe für den Abschied von Microsoft nennt Bader die höhere Sicherheit und die Langfristigkeit von Linux. Letztere äussert sich etwa darin, dass der Kanton den Zeitpunkt für Updates selber festlegen kann. Und natürlich spielen die Kosten eine Rolle, wie Bader betont: «Wir haben in den vergangenen Jahren jährlich etwa zwei Millionen Franken eingespart.» Das entspricht gut zehn Prozent des gesamten Informatik-Budgets. Die Gründe dafür liegen nicht alleine im Wegfall der Lizenzkosten, sondern auch in der hohen Standardisierung und dem tiefen Betreuungsaufwand. Auf der Desktop-Seite rechnet Bader mit Einsparungen von mindestens 150 Franken pro Desktop und Jahr gegenüber einem Windows-Arbeitsplatz. Hier schwingt auch der tiefe Schulungsaufwand mit. Da Solothurn derzeit mit Office 97 arbeitet, gestaltet sich der Umstieg auf Open-Office einfacher als von neueren Versionen des Microsoft-Pakets.
Das Open-Source-Engagement des Kantons geht aber noch weiter. «Wir haben selbst entwickelte Verwaltungsanwen-dungen freigegeben, die nun auch von anderen Kantonen genutzt werden», erklärt Bader. So haben beispielsweise die Kantone Bern und Wallis ein Finanzstatistik-Instrument übernommen und eigene Erweiterungen finanziert. Das wiederum kommt Solothurn zugute. Aufgrund solcher pionierhafter Leistungen erstaunt es nicht weiter, dass neben Literatur- und Filmfreunden auch Informatikspezialisten anderer Kantone vermehrt nach Solothurn pilgern.
Andreas Heer



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